Kultur „Das gute Betriebsklima ist für uns alle am Haus eine zentrale Größe“

Köln · 1983 wurde das Theater im Bauturm von einer Gruppe Schauspieler, Regisseure und Dramaturgen im Gebäude der Architektengruppe „Bauturm“ als gemeinnütziger Verein gegründet. Es entwickelte sich schnell zum kreativen Haus für ambitionierte Gegenwartsdramatik.

Das Theater im Bauturm liegt an der belebten Aachener Straße.

Foto: step/Eppinger

Erster Leiter des Theaters wurde im Jahr 1986 Axel Siefer. Im selben Jahr gewährte die Stadt dem Haus erstmals einen Betriebskostenzuschuss. 1987 gründete sich der Verein der Freunde und Förderer für das Theater im Bauturm, der derzeit etwa 210 Mitglieder hat. Als Theaterleiter folgten Thomas Wenzel (1991 bis 1995) und Gerhardt Haag (1995 bis 2016). Seit 2016 wird das Haus von Theaterleiter Laurenz Leky, Geschäftsführer Bernd Schlenkrich und Dramaturg René Michaelsen geführt. Am morgigen Donnerstag, 28. September, wird an der Aachener Straße ab 17.30 Uhr groß das Jubiläum gefeiert. Im Gespräch blicken Laurenz Leky und René Michaelsen auf die vergangenen 40 Jahre zurück und geben einen Einblick in die Jubiläumsspielzeit.

Wie hat sich das Theater im Bauturm in den vergangenen vier Jahrzehnten verändert?

René Michaelsen: Man sollte zunächst hervorheben, was sich bei uns nicht verändert hat. Bei der Vorbereitung des Jubiläums haben wir die Gründerakte des Theaters entdeckt. Das, was in dieser Satzung steht, hätten wir heute nicht anders formuliert. Es geht dort auch darum, dass der kleine Raum des Theaters uns nicht beschränken soll, auch große Stücke in Abstraktion auf die Bühne zu bringen.

Laurenz Leky: Und es geht um die Bedeutung der Gemeinschaft in unserem Theater, die schon immer eine sehr große Rolle gespielt hat. Dass Arbeitszeit auch gemeinsam verbrachte Lebenszeit ist, war stets ein wichtiger Bestandteil der Bauturmidee. Das hat sich auch in den vergangenen acht Jahren, in denen wir die Leitung übernommen haben, nicht verändert. Das gute Betriebsklima ist für uns alle am Haus eine ganz zentrale Größe. Ich war davor Assistent von Gerhardt Haag und wurde in dieser Zeit schon vom starken Geist des Theaters im Bauturm geprägt. Das Theater ist für viele Menschen wie ein Wohnzimmer und ein Ort der Identifikation. Das gilt für Leute, die dort einmal gespielt und gearbeitet haben, genauso wie für die Förderer oder für die Gründer. Zum Haus gehört ein großes Umfeld.

Wie haben Sie das Haus in den vergangenen acht Jahren geprägt?

Michaelsen: Natürlich haben wir unsere Ideen eingebracht und auch umgesetzt. Dazu gehört es, im Theater Kölner Geschichten und Mythen zu erzählen. Das gilt für Trude Herr genauso wie für den Affen Petermann im Kölner Zoo. Es geht uns dabei aber nicht um Kölschtümmelei, sondern wir verbinden den lokalen Gedanken und den Alltag in Köln mit globalen Fragen wie der Verschmutzung der Weltmeere. Das ist etwas, das unser Theater aus macht. Dazu kommen Literaturadaptionen wie bei „Moby Dick“ oder „Don Quijote“, die hier schon immer eine große Bedeutung hatten. So gibt es viele Dinge, die wir weiterführen, denen wir aber natürlich auch unseren Stempel aufdrücken.

Leky: Wir sehen auch, dass sich unser Publikum verjüngt hat. Das bedeutet aber nicht, dass uns die Älteren nicht wichtig sind. Da versuchen wir immer, den Spagat mit einer möglichst großen Bandbreite im Programm zu schaffen.

Michaelsen: Und wir nehmen selbst als Theaterleitung rege teil und sind nahbar für unser Publikum. Das Theater im Bauturm ist auch ein Ort für Diskussionen. Deshalb zeigen wir Präsenz bei den Vorstellungen und spielen auch noch regelmäßig bei unseren Stücken mit. Es ist wichtig, gesehen zu werden und von unserem Publikum ein direktes Feedback zu bekommen. Darauf legen wir großen Wert. Und wenn wir selbst auf der Bühne stehen, lernen wir nicht nur das Publikum, sondern auch die Kollegen besser kennen und können unser Projekt der kontinuierlichen Enthierarchisierung am Theater vorantreiben.

Was ist in der Jubiläumsspielzeit geplant?

Leky: Am Donnerstag gibt es das große Jubiläumsfest, das von Susanne Pätzold und dem Vorsitzenden unseres Fördervereins, Prof. Hans-Georg Bögner, moderiert wird. Wir von der Theaterleitung übernehmen die Rolle der Hausband. Zu Wort kommen in den Gesprächsrunden Menschen aus den unterschiedlichsten Epochen der Bauturm-Geschichte, um Erfahrungen, Erinnerungen und Visionen auszutauschen. Eingeladen hat diese unsere Regisseurin Susanne Schmelcher.

Michaelsen: Am 7. Oktober werden wir den Schauspieler Markus John, der zum Ensemble des Schauspielhauses Hamburg gehört, mit dem Bauturm Kunstpreis auszeichnen. Sein legendenumrankter Soloabend „Foxi, Jussuf, Edeltraud“ läuft seit 2016 bei uns und ist das Lieblingsstück vieler Zuschauer und Kollegen geworden. John hat unsere Arbeit geprägt und ist ein toller Schauspieler. Als Auszeichnung bekommt er ein von einem Kölner Künstler geschaffenes Kunstwerk, das Milan Sládek gestiftet hat. Laudatorin ist Cordula Stratmann. Für die Musik sorgen Gerd Köster und Frank Hocker.

Wie gut ist der Austausch mit den Gründern des Theaters?

Michaelsen: Wir stehen mit den Gründerinnen und Gründern in einem steten Austausch. Viele gehören zu den Mitgliedern unseres Fördervereins, mit dem wir regelmäßig Veranstaltungen machen. Die Gründer waren damals altersmäßig sehr gemischt, es gab Studenten genauso wie Bühnenprofis. Zur Gruppe gehörte auch die Millowitsch-Tochter Katharina Eisenlohr. Dabei war unser Haus eigentlich der Gegenentwurf zum Millowitsch-Theater. Trotzdem ist Willy Millowitsch 1983 bei uns aufgetaucht und hat festgestellt, dass uns der Bühnenvorhang fehlt. Wir bekamen von ihm einen roten Samtvorhang geschenkt, allerdings gab es nichts, an dem man diesen hätte aufhängen können. So wurde der Vorhang bei der ersten Premiere im Haus zu einer Requisite auf der Bühne.

Welche Premieren erwarten die Zuschauer in dieser Spielzeit?

Leky: Am 16. September haben wir bereits die Premiere „Von Käfern und Menschen“ gefeiert, ein Stück, das Clemens Mädge für uns geschrieben hat. Es flankiert unser Jubiläum als Reflexion über Erinnerung, Vergänglichkeit und die Spuren, die wir hinterlassen. Am 2. November folgt die Premiere von „Warschau - New York - Tel Aviv“ als Revue jüdischer Musik mit der Opernsängerin Dalia Schaechter und dem jungen israelischen Pianisten Boaz Krauzer. Am 6. April gibt es die Premiere von „Hexe - Heldin - Herrenwitz“ mit Susanne Pätzold und Nicole Kersten, die einen Abend lang die unterschiedlichsten Frauen der Kölner Stadtgeschichte zu Wort kommen lassen. Es geht um historische und fiktive Kölner Heldinnen. Dazu kommt im Mai die Literaturadaption zu „Wuthering Heights“ und bereits am 19. Januar das Tanzstück „The Feral Womxn“ von und mit Jemima Rose Dean.