Orthese Diese Orthese hilft im Alltag

Köln · Viele Menschen in Deutschland leiden unter Lähmungen der oberen Gliedmaßen, etwa durch Unfälle oder neurologische Erkrankungen. Für Betroffene bedeutet das: Einschränkungen im Alltag oder sogar langfristige Folgeschäden, die durch den Nichtgebrauch des Arms verursacht werden.

Ein Projektteam der Technischen Hochschule Köln entwickelt eine individuell anpassbare Armorthese, mit deren Hilfe gelähmte Gliedmaßen im Alltag wieder genutzt werden können.

Foto: Benjamin Geiger/TH Köln

Ein Projektteam der Technischen Hochschule (TH) Köln entwickelt im Vorhaben „PlexoMotion“ jetzt eine aktiv ansteuerbare Armorthese. Diese soll die Rehabilitation erleichtern, Selbstständigkeit erhöhen und Folgeschäden reduzieren.

Ein gelähmter Arm bedeutet für Betroffene eine immense Belastung. Neben funktionalen Einschränkungen im Alltag führt die fehlende Armaktivität zu irreversiblem Muskelabbau und zu einer Einsteifung der Gelenke. Aus der einseitigen Körperbeanspruchung resultieren Haltungsschäden und oftmals Überbelastungen des nicht betroffenen Arms. Folgeschäden müssen durch regelmäßige hochfrequentierte Therapieanwendungen oder hochdosierte Medikamenteneinnahmen behandelt werden.

Aktive Ansteuerung und automatisierte Therapie

„Für diese Probleme gibt es bisher keine praktikablen technischen Lösungen. Um eine grundlegende Armfunktion wiederzuerlangen, bleibt meist nur die Amputation und die Rekonstruktion durch eine moderne Prothese“, sagt Projektleiter Prof. Dr. Jörg Luderich vom Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik der TH Köln.

Ziel des Projektes „PlexoMotion“ ist es daher, eine durch Module individuell anpassbare Armorthese – das ist ein äußerlich am Körper angebrachtes orthopädisches Hilfsmittel – zur Unterstützung von gelähmten Gliedmaßen zu konzipieren. Zudem ist vorgesehen, dass sie einen automatisierten Therapieprozess in den Alltag von Patienten integriert.

Das Orthesensystem soll mit Hilfe von Sensoren Körpersignale ermitteln, analysieren und dadurch Bewegungsabsichten ableiten. Durch motorische Unterstützung können diese dann in aktive Bewegungen aller Armsegmente – also Ellbogen, Unterarm, Langfinger und Daumen – umgesetzt werden. Darüber hinaus sollen Bewegungen und Kraft des Nutzers ausgewertet und nach individuellem Bedarf unterstützt werden können. „Wir wollen ein selbstlernendes, adaptives System entwickeln, das Körpersignale analysiert, auswertet, neue Muster erkennt und dadurch die Orthesensteuerung stetig optimiert“, erklärt Luderich.

Die Anforderungen an dieses System werden unter enger Einbindung betroffener Personengruppen erarbeitet. So wurde das Projekt von einem Absolventen der TH Köln initiiert, der unfallbedingt selbst von einer vollständigen Armlähmung betroffen ist und nun zusammen mit Luderich in der Projektleitung arbeitet. „Diese besondere Konstellation im Vorhaben bietet direkte Schnittstellen zu führenden medizinischen Einrichtungen und betroffenen Patienten, die unsere Arbeit unterstützen. Das ermöglicht schnelle Feedback-Schleifen zwischen Forschung und Entwicklung“, sagt Luderich.

Größere Unabhängigkeit
und mehr Lebensqualität

Der erste Prototyp für das Projekt entstand im Rahmen von KickStart@TH Köln. Das Prototypenförderprogramm des Projekts StartUpLab@TH Köln unterstützt innovative Ideen von Studierenden und Mitarbeitern der Hochschule. Unter Einbindung von studienintegrierten Projektarbeiten, die im Bachelor- und Masterstudiengang Maschinenbau an der TH Köln und der Deutschen Sporthochschule Köln durchgeführt wurden, konnten darüber hinaus bereits wichtige Forschungs- und Entwicklungsergebnisse zu PlexoMotion erarbeitet werden.

Nun wird das transferorientierte Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung bis Ende März 2025 mit 680.000 Euro gefördert. Im Rahmen dieser Förderung soll, aufbauend auf den bisher gewonnenen Erkenntnissen, die Weiterentwicklung des Systems mit Fokus auf Interaktion und Adaptierbarkeit erfolgen. „Ziel des Vorhabens ist eine Ausgründung, um die Forschungsergebnisse für Betroffene zugänglich zu machen und gelähmten Personen eine größere Unabhängigkeit und Besserung der Lebensqualität zu ermöglichen“, sagt Luderich.