Geschichte NS-Symbolik auf Haut und Stein

Köln · In der Zeit der Terrorherrschaft der Nationalsozialisten waren Symbole wie das Hakenkreuz oder die Runen der SS eine Demonstration der eigenen Macht und der Einschüchterung gegenüber dem Volk. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verschwanden die meisten dieser Symbole aus dem öffentlichen Raum.

Der Fotokünstler Jakob Ganslmeier vor einer Wand, auf der über der Tür noch die Überreste von NS-Symbolen zu erkennen sind.

Foto: step/Eppinger

Doch nicht alle Zeichen der NS-Diktatur sind komplett verschwunden. Manchmal sind es nur noch die „Schatten“ der alten Herrschaftssymbole, die an den Wänden im Stadtraum noch zu erkennen sind. Zum Teil gibt es aber auch noch komplette Nazi-Skulpturen aus dieser Zeit oder ein stilisiertes Hakenkreuz in einem Fensterkreuz. Obwohl diese Überreste hinreichend bekannt sein dürften, lässt man sie unkommentiert in der Öffentlichkeit zurück.

Mitglieder der rechten Szene tragen Gesinnung auf der Haut

Auf die alten und neuen Nazisymbole setzen auch Mitglieder der heutigen rechten Szene, wenn sie sich zum Beispiel mit Tätowierungen zu ihrer Gesinnung bekennen und damit ihre Macht nach außen demonstrieren wollen. Gibt es Aussteiger aus dieser Szene, gehört es zu deren Prozess, mit dem sie sich von ihrer alten Welt entfernen, dass sie auch die rechten Tattoos entfernen oder übertätowieren lassen.

„Wird so eine solche Tätowierung entfernt, hinterlässt das oft Narben, zeigt aber einen Heilungsprozess an. Lässt man die historischen NS-Symbole unkommentiert in der Öffentlichkeit bestehen, sind das offene Wunden im Stadtraum“, sagt der Fotokünstler Jakob Ganslmeier. Mit seinen Aufnahmen hat er ehemalige Neonazis in ihrem Prozess des Ausstiegs porträtiert und zeigt, wie ihre rechten Tattoos nach und nach verschwinden. Gleichzeitig war der Künstler im öffentlichen Raum unterwegs, um historische NS-Symbole zu dokumentieren.

Beides zeigt er jetzt ab morgen und bis zum 8. Januar im Kölner NS-Dok in der Ausstellung „Haut, Stein“, die schon in mehreren deutschen und europäischen Städten zu sehen war. Dort wurde die Schau teils auch im Freien gezeigt. Die Außenwände zeigen Schwarz-Weiß-Aufnahmen im Hochformat die noch vorhandenen oder verfremdeten NS-Symbole im Detail. Eine zweite Fotografie im Querformat dokumentiert dann den Kontext im öffentlichen Raum.

Auf den schwarzen Innenflächen sind die Farbfotografien von Aussteigern aus der rechten Szene zu betrachten, die ihre Tätowierungen beziehungsweise deren Entfernungsprozess präsentieren. Zu sehen sind stilisierte Hakenkreuze und weitere Symbole wie die schwarze Sonne. Auch Wehrmachtssoldaten wurden als „Idole“ der Rechten auf die Haut gebracht.

„Um den Kontakt zu den Aussteigern aufzunehmen, habe ich mit der Initiative Exit Deutschland in Berlin zusammengearbeitet, die den Prozess des Ausstiegs begleiten. Dieser ist schwierig und gefährlich, sodass manche Personen ihr Gesicht nicht zeigen wollen. Ich habe mich gefragt, wie man es schafft, wirklich aus dieser heterogenen Szene auszusteigen und welche Prozesse dafür nötig sind. Die Tätowierung spielt dabei eine wichtige Rolle. Sie zeigt in der rechten Szene, dass man wirklich dabei ist. Steigt man aus, will man diese schnell wieder loswerden“, berichtet der Fotograf.

Es seien Porträts auf Augenhöhe, die den Menschen als Menschen im Prozess des Ausstiegs ganz ohne eine Vorverurteilung zeigen. Ganslmeier hat auch Interviews mit den Porträtierten geführt, die via QR-Code als Podcast abrufbar sind.

Bei den Aufnahmen der historischen Symbole, die trotz der Denazifizierung in Städten und Gemeinden noch zu erkennen sind, vermeidet der Fotograf die konkrete Benennung der Orte, auch um keine neuen „Wallfahrtsziele“ für die Anhänger der rechten Szene zu schaffen.    

 

Service: Ausstellung „Haut, Stein“, 7. Oktober bis 8. Januar, NS-Dok im EL-DE-Haus am Appellhofplatz; Öffnungszeiten: Di-Fr 10-18 Uhr, Sa-So 11-18 Uhr; Eintritt: 4,50, ermäßigt 2 Euro. Führungen mit dem Künstler Jakob Ganslmeier: 29. Oktober, 15 Uhr, und 8. Januar, 16 Uhr.