War Loch in Baustellenwand schuld an Archiv-Einsturz?
Köln. Das Kölner Stadtarchiv könnte nach neuenErkenntnissen wegen einer kaputten sogenannten Schlitzwand in der U-Bahn-Baustelle eingestürzt sein. Wie das Nachrichtenmagazin „Focus“unter Berufung auf Justizkreise berichtet, vermutet dieStaatsanwaltschaft den wahren Einsturzgrund etwa zwei bis drei Meterunter der Bausohle am Kölner Waidmarkt.
Nach Bohrungen undBodenproben meinten hinzugezogene Tiefbau-Gutachter, klare Indizienfür eine löchrige Schlitzwand - so heißen Sicherungswände im Tiefbau- gefunden zu haben. Vieles spreche demnach dafür, dass dieSturzfluten durch dieses Leck in die Baustelle strömten, das Erdreichunter dem Archiv wegspülten und das Gebäude in den Abgrund rissen.
Bei dem Unglück am 3. März waren zwei Menschen ums Leben gekommen. Zahlreiche wertvolle historische Dokumente wurden zerstört oder beschädigt.Die Ermittlungen zur Einsturzursache sind noch nicht abgeschlossenund werden sich noch länger hinziehen. Es gilt als sicher, dass derEinsturz durch Arbeiten zum Ausbau der U-Bahn ausgelöst wurde.
85Prozent der Archivbestände sind inzwischen geborgen, aber praktischjedes Stück muss restauriert werden.Die vermutete Schadstelle in etwa 40 Metern Tiefe konnte bishernoch nicht direkt begutachtet werden. Das Risiko sei zu groß,berichtet der „Focus“. Zudem hätten gegensätzliche Interessen derstädtischen Kölner Verkehrsbetriebe, der Staatsanwaltschaft und derArbeitsgemeinschaft der Baufirmen die Ursachenforschung behindert. Esherrsche „eine Atmosphäre von Misstrauen und Geheimniskrämerei“, habeein Ermittler berichtet.
Der Prüf-Ingenieur des Objekts Waidmarkt, Rolf Sennewald,schilderte laut „Focus“ bei der Staatsanwaltschaft eklatante Fehlerwährend der Bauphase. Wasserprobleme in der Baugrube seien ihm niemitgeteilt worden. Auch alarmierende Berichte über „Fehlstellen derSchlitzwände“ Wochen vor dem Unglück hätten ihn nie erreicht. Sonst„wäre ein sofortiger Baustopp veranlasst“ worden.
Der Einsturz wird am 17. November erstmals vor Gericht verhandelt.In einem Zivilverfahren vor dem Landgericht Köln klagen Leihgebergegen die Stadt Köln. Der Leiterin des Stadtarchivs, Bettina Schmidt-Czaia, wird vorgeworfen, schon vor dem Einsturz von Rissen im Gebäudegewusst zu haben. Damit habe sie eine „gewisse Kenntnis derGefahrenlage“ gehabt. Dennoch sei die Stadt untätig geblieben undhabe damit ihre Sorgfaltspflicht verletzt.