Eppinger „Wer für die Freiheit steht, muss jetzt auch Position beziehen“

Köln · Am 1. Mai (Beginn 20 Uhr) kommen Santiano mit ihrem neuen Album „Wenn die Kälte kommt“ in die Kölner Lanxess-Arena nach Deutz. Wir haben vorab mit Sänger Björn Both über die aktuelle Lage zwischen Krieg und Pandemie, über die neuen Songs und über die Beziehung der norddeutschen Band zum Rheinland gesprochen. 

Am 1, Mai kommen Santiano zum Konzert in die Kölner Arena. Dort präsentieren die Musiker ihr neues Album.

Foto: Klick/Carsten Klick

Wie erleben Sie als Musiker die Situation jetzt mit dem Krieg in der Ukraine? 

Björn Both: Wir erleben ihn wohl, wie alle anderen auch. Nämlich als Bürger einer freiheitlichen Demokratie und teilen die Besorgnis und sicherlich auch die Empörung. Wir sind eine Band, die für die Freiheit steht. Das weiß jeder, der sich mit uns auseinandersetzt. Wir setzen uns daher natürlich auch mit dem Krieg gegen die Ukraine auseinander. Wir werden die Situation bei unserer Tour nicht ignorieren, auch wenn wir aus einem Konzert keine Friedensdemo machen wollen. Aber wer für die Freiheit steht, muss jetzt auch Position beziehen. 

Die Pandemie dauert jetzt zwei Jahre an. Welche Folgen hat das für Ihre Band? 

Both: Ich ziehe den Hut, vor den Menschen, die die ganzen Termine und die ständigen Verschiebungen organisieren mussten. Eigentlich hatten wir für das Frühjahr 2020 den Start einer großen Tour mit vielen Konzerten geplant. Dann kam der Lockdown und wir mussten alles absagen und verschieben. Wenn man so viele Karten vorab an die Fans verkauft hat, steht man in einer großen Bringschuld. Das war schon eine große Bürde für uns. Jetzt sind wir froh, dass wir endlich wieder auf die Bühne und zu unseren Fans können. 

Wie haben Sie die zwei Jahre Zwangspause genutzt? 

Both: Wir haben in der Zeit unser neues Album „Wenn die Kälte kommt“ geschrieben und produziert. Auch wenn es sich auf den ersten Blick um die Beschreibung einer Expedition ins Eis handelt, so spiegeln sich darin auch die Befindlichkeiten in Krisenzeiten wie in dieser Pandemie. Gearbeitet haben wir viel in unseren Studios zu Hause. Ausgetauscht haben wir uns dann digital oder durch viele Telefonate. Bei den Aufnahmen haben wir darauf geachtet, dass es zu möglichst wenigen Kontakten kommt. Zum Glück kennen wir uns im gesamten Team sehr gut und ziehen, auch ohne dass wir uns dauernd sehen, an einem Strang und bekommen so ein gutes und homogenes Ergebnis zustande. Das, was jetzt überall so neu ist, ist in der Musikwelt schon lange Gang und Gäbe. Da arbeiten ständig Menschen, die an verschiedenen Orten leben, problemlos miteinander an gemeinsamen Projekten. 

Haben Sie in den zwei Jahren auch digitale Kanäle genutzt oder sind im Autokino auf der Bühne gestanden? 

Both: Wir haben über das Internet Kontakt zu den Fans gehalten, aber unsere Musik digital zum Beispiel im Homevideo zu präsentieren, funktioniert für uns nicht. Wir können unsere Bilder nicht erzählen, wenn wir zu Hause in der Küche hocken und im Hintergrund das Gewürzregal zu sehen ist. Das passt nicht zu den Welten, die wir normalerweise aufmachen. Das gilt auch für das Autokino, deshalb haben wir auch darauf verzichtet. 

Was hat es mit dem Albumtitel „Wenn die Kälte kommt“ auf sich? 

Both: Es geht ins Eis, in die Arktis. Und wir beschreiben anhand einer Expedition vor weit über 100 Jahren all die Strapazen, die damals eine solche Reise mit sich brachten. Wer genau hinhört, erkennt auch immer Spiegelungen, zu dem, was wir alle die vergangenen zwei Jahren erlebt haben. „Wer Kann Segeln Ohne Wind“ als Beispiel. Und wir haben erlebt, wie sich der Ton verändert hat, wie Befindlichkeiten und Egoismen in einer vermeintlichen Freiheit über Verantwortung gestellt wird. Wer sich vor diesem Hintergrund den Titelsong „Wenn Die Kälte Kommt“ anhört, erkennt schnell, dass es da um mehr geht, als bei 40 Grad minus im Schnee zu stehen. 

Wie bereiten Sie sich jetzt nach zwei Jahren Zwangspause auf die große Tour vor? Haben Sie Lampenfieber? 

Both: Lampenfieber ist schon immer mein permanenter Begleiter im Vorfeld von Konzerten. Schwieriger ist, sich in zwei Jahren für den Tourbetrieb fit zu halten bzw. es wieder zu werden. Instrumente kann man regelmäßig spielen und so in Form bleiben oder sich sogar noch verbessern. Als Sänger ist das deutlich schwieriger. Man kann eine Situation nicht simulieren, bei der man dreieinhalb Wochen lang jeden Abend zweieinhalb Stunden in einer großen Halle auf der Bühne steht und über die Schmerzgrenze geht. Die Routine, die man sonst hatte, ist weg und man weiß nicht, wo man gerade leistungsmäßig steht. Wie das jetzt bei der anstehenden Tour laufen wird, da sind wir alle sehr gespannt und hoffen bei den ersten Konzerten auch ein wenig auf die Toleranz unserer Fans. Aber wir sind da auch nicht alleine, das geht aktuell vielen Musikerkollegen so. 

Was erwartet die Fans beim Konzert am 1. Mai in der Kölner Arena? 

Both: Es wird wieder ein besonderes Bühnenbild geben, wie man das von uns gewohnt ist. Das spiegelt unser arktisches Thema wider und wir werden unsere Fans mit ins Eis nehmen.Visuell und akustisch wird alles aufgefahren, was möglich ist. Mehr möchte ich im Moment aber noch nicht verraten. 

Welche Beziehung haben Sie zu den Kölner Fans? 

Both: Die rheinischen Fans sind sehr feierfreudig und verfügen über ein Naturell, das wir Nordlichter so nicht immer bieten können. Die Leute sind sofort in Partystimmung, da ist ein schöner Abend für uns und unser Publikum jetzt schon sicher.