Liebe hält nur bis zur TÜV-Prüfung
Mit 23 Jahren freute sich Reinhard Neumann sehr auf sein erstes Auto. Der Opel Kadett stellte aber schnell die Geduld auf eine harte Probe.
Burscheid. Wenn Reinhard Neumann an sein erstes Auto denkt, geht ein Strahlen über sein Gesicht. Über fast alles konnte er hinwegsehen. Schließlich brannte er darauf, endlich Auto zu fahren. Mit 23 Jahren bekam Reinhard Neumann den Führerschein. Ein Jahr später erwartete ihn schon eine aufregende Zeit. Denn: Sein damals ganzer Stolz, ein Opel Kadett, hielt einige Überraschungen parat.
Ein Jahr lang hatte der damals 23-Jährige die Kaufsumme von 500 D-Mark gespart. Auf dem Automarkt lagen die Preise deutlich höher, darum war er froh, dass er über eine Kollegin seiner Lebensgefährtin einen gebrauchten Opel Kadett kaufen konnte. Cremeweiß, eine ansehnliche Karosserie, zwar nur noch ein Jahr bis zur nächsten TÜV-Untersuchung, aber was machte das schon? Also gehörte es ab 1979 zur Familie.
BV-Serie:
Der Kadett war noch gar nicht so alt, Baujahr 1973. Es gab drei Vorwärts- und einen Rückwärtsgang. Sogar automatische Kupplung war Serie. Die Scheinwerfer gaben genug Licht auf die Straße, wenn es dunkel wurde, und die beiden Türen ließen sich einfach auf- und zuschließen. Im Schrägheck hatten zwar nicht sehr viele Koffer Platz, aber das machte nichts.
Bei komischen Geräuschen unter der Motorhaube oder wenn sich das Fahren anders anfühlte, nutzte es Reinhard Neumann nichts, sich die Kabel und Motorteile anzusehen. Er hatte in diesen Dingen erst einmal keine Ahnung. Hauptsache war, die 40 PS setzten das Auto irgendwie in Bewegung. Schließlich musste Neumann für die britische Rheinarmee in Düsseldorf Aufträge erledigen. Als er seine Ausbildung als Elektromechaniker machte, waren ihm die technischen Dinge schon viel geläufiger.
Die erste Vergnügungsfahrt wagten Reinhard und Angelika Neumann im Winter 1980. Zur Burg Hausen in der Eifel sollte es gehen. Die Eifel ist hier und da mit Hügeln durchsetzt, der Kadett hatte einige Mühe, die Steigungen zu schaffen. Vielleicht lag es ja an der unorthodoxen Schaltmethode des Fahrers. Eine Anhöhe im dritten Gang hochzuziehen, das mag auch heute nicht jedes Auto. Plötzlich wurde der Motor still — abgewürgt und nicht sehr startfreudig. „Als das Kupplungsspiel und der Gashebel sich besser vertrugen, musste ich nicht mehr den hüpfenden Clown spielen und die anderen Verkehrsteilnehmer haben nicht mehr so schadenfreudig gegrinst“, erinnert sich Neumann. Trotzdem war die Geschwindigkeit eher bescheiden. „Ich wäre gerne ausgestiegen und hätte unserem Kadett mit eigenem Schieben zu einem richtigen Rekord verholfen.“
Nach der Eifel-Tour hat sich das Paar lange nicht getraut, mit dem Wagen auf große Reise zu gehen. Auf die Fahrt nach Bayern wollten die Neumanns aber dann doch nicht verzichten. 200 Meter kamen sie vorwärts. „Es ging Ruck und Bums. Wir rutschten und bekamen einen furchtbaren Schreck. Wir hatten einen Platten.“ Und gleich die Bewährungsprobe für den jungen Autofahrer. Mit „Ach und Krach“ hat Reinhard Neumann die Reifen gewechselt. Das Reserverad war zu allem Überdruss tief unter dem Gepäck versteckt ...
Nach einem Jahr endete die doch innige Beziehung der Neumanns zum Opel Kadett. Den fälligen TÜV überlebte der Wagen schon nicht mehr. Dafür erinnert das Fotoalbum noch an die wilden Fahrten.