„Man muss sich auch mal was trauen“

Brings gehen mit ihrem neuen Album „Liebe gewinnt“ an den Start und stimmen dabei auch ruhige, nachdenkliche Themen an.

Foto: Eppinger

Das Cover zeigt einen vermummten Sänger, der einen Blumenstrauß wirft. Was hat es damit auf sich?

Peter Brings: Das Cover ist nach der Vorlage eines Straßenkünstlers, eines Sprayers, entstanden. Es bringt den Titel „Liebe gewinnt“ genau auf den Punkt. Und Blumen tun ja nicht weh.

Stephan Brings: Es geht auch darum, dass immer mehr Menschen gegen- statt miteinander durchs Leben gehen. Und viele führen ein Leben aus zweiter Hand, weil sie die Welt nur noch durch den Fernseher, den Computer oder das Handy sehen. Da wird nichts mehr nachgefragt und das gerade in einer Zeit, in der online jede Menge Lügen verbreitet werden. Wenn wir den Titelsong beim Konzert anmoderieren, schreien alle Hurra, und wenige Momente später schauen uns die Leute wieder durch ihr Handy an. Das stimmt einen nachdenklich.

Was bedeutet Liebe im Titelsong?

Peter Brings: Es geht darum mit den Mitmenschen so umzugehen, wie man es auch mich selbst macht — also um die Liebe zu den Menschen. Ein Song kann nicht die Welt verändern, aber wenn man es schafft, dass die Menschen einen Moment nachdenken, hat man schon sehr viel erreicht. Wir haben uns bewusst für ein leises Stück entschieden und werden dieses auch an Karneval spielen. Bislang hatten wir viele positive Reaktionen bei den Konzerten. Die Leute singen mit. Das zeigt, dass man ihre Seele erreicht hat. Am Elften im Elften war ich auf dem Heumarkt zunächst nervös, aber man muss sich auch mal etwas trauen.

Kann man Lieder für den Karneval planen?

Stephan Brings: Nein, absolut nicht. Es ist nicht möglich, gezielt Lieder zu schreiben, die dann im Karneval erfolgreich sind. Unser Song „Kölsche Jung“ hat inhaltlich gar nichts mit Karneval zu tun und hat trotzdem funktioniert. Man muss das einfach testen. Und unsere wichtigste Möglichkeit, Lieder bekannt zu machen, ist der Karneval.

Wie geht man als Musiker mit schwierigen Zeiten in der Gesellschaft um, wenn zum Beispiel Bürgermeister die sich für Flüchtlinge einsetzen, mit dem Messer angegriffen werden.

Peter Brings: Es ist krass, wenn man im Internet für Flüchtlinge postet und dann heftige rechte Reaktionen hervorruft. Das haben die Kollegen von anderen Bands wie Kasalla auch schon erlebt. Ins Gesicht sagt einem das niemand, aber anonym im Internet fallen alle Tabus und Tabubrüche werden plötzlich gesellschaftsfähig. Früher hat man gedacht, das sind Dinge, die nie wiederkommen und jetzt sind sie wieder da. Toll finde ich, dass es beim Angriff auf den Bürgermeister die türkische Familie im Imbiss war, die eingegriffen und Schlimmeres verhindert hat. Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Leute, die mit ihrer Hetze so etwas zu verantworten haben. Faschismus und Rassismus ist präsenter denn je und das nicht nur im Osten, sondern auch bei uns. Damit müssen wir umgehen.

Was kann ein Musiker tun?

Stephan Brings: Man muss zu dem stehen, was man denkt und man muss den Mund aufmachen.

Peter Brings: Gut war es, dass wir gemeinsam mit dem Festkomitee es geschafft haben, den Auftritt von Herrn Höcke beim AfD-Parteitag im Maritim zu verhindern. Das war ein kleiner, aber wichtiger Schritt, weil sich die gesellschaftliche Mitte sich gegen Faschismus geregt hat. Der Song „Die Färv der Freiheit“ ist auch ein Dank an die Offiziellen wie Christoph Kuckelkorn.

Peter Brings

In den Songs geht es auch um die Familie als Keimzelle von allem.

Peter Brings: Man kann immer nur bei sich selbst anfangen. Wir haben alle Familien und sind auch als Band eine Familie. Wir haben inzwischen erwachsene Söhne, die man geschäftsfähig bekommen muss, so dass sie ihr Leben irgendwann selbst finanzieren können. Man muss sie stark genug fürs Leben machen. Wichtig ist es, bereit zu sein, zu diskutieren, auch wenn das manchmal sehr anstrengend ist. Der größte Fehler ist es, die eigenen Kinder alleine zu lassen.

Darum geht es auch „Wenn et dunkel weed“?

Peter Brings: Den Song habe ich für meinen mittleren Sohn Louis geschrieben. Mit ihm habe ich Schwierigkeiten gehabt. Aber ich wusste „Du bis ein guter Junge und das geht vorbei“. Dann habe ich ihm den Song vorgespielt und er war von der Liebeserklärung ans eigene Kind wirklich beeindruckt. Heute ist alles wieder gut.

Wie waren Sie in seinem Alter?

Peter Brings: Mit 19 war das bei mir schon schlimm und mein Vater hat mich aufgefordert, etwas Vernünftiges zu machen. So bin ich für ein halbes Jahr in einen Kibbuz nach Israel und habe Kühe gemolken. Es war eine gute Zeit und die hatte noch einen positiven Nebeneffekt. Da ich mit internationalen Jugendlichen zusammen war, musste ich Englisch sprechen. Da habe ich mehr gelernt als in der Schule.

Ein Song mit Dennis aus Hürth bringt auch Techno-Klänge.

Stephan Brings: Dennis ist ein Kumpel von uns und zu der Kunstfigur passt Techno am besten. Den Song werden wir inklusive der Trump-Zitate auch live als richtige Inszenierung spielen. Dafür haben wir eine große LED-Wand auf der Bühne. Am besten gefällt mit der Spruch „Belgium is a nice City“.