Paketbote Sascha Kunz auf Tour in der Burscheider Innenstadt
Mit dem Paketboten Sascha Kunz auf Tour durch die Burscheider Innenstadt.
Burscheid. Die Kundin wohnt in der obersten Etage. „Das ist meistens so“, sagt Sascha Kunz lachend und packt sich das Paket. „Man kann langsam hochgehen, aber das ist anstrengender. Besser ist es, schnell zu gehen, den Schwung mitzunehmen und dabei auch das Geländer zu nutzen.“ Spricht’s — und ist auf und davon.
Noch neun Tage, dann wird Kunz 38. Seit 2006 ist der gebürtige Kölner für den DHL-Paketdienst unterwegs. Inzwischen hat er seinen festen Bezirk 508 in der Innenstadt, einen von insgesamt vier in Burscheid. Sein Revier. Hier kennt er jeden. Und die meisten Autos auch. „Die merke ich mir. Dann habe ich schon eine Vorahnung, wer zu Hause ist und wer nicht.“
Kunz’ Pensum für Donnerstag auf der 60-Kilometer-Tour: 259 Sendungen, die am frühen Morgen nahe dem Busbahnhof in Leverkusen-Wiesdorf in den Sprinter gepackt wurden und seit 9.30 Uhr zugestellt werden. Der Handscanner weist alle Kundenkontakte exakt nach. Kunz bedient ihn mit einer Geschwindigkeit, die jeden SMS-süchtigen Tennie blass werden lassen würde. Ein Smartphone kommt ihm schon allein deshalb nicht ins Haus.
Das Grundtempo des 37-Jährigen ist der Laufschritt. Die Wangen sind schon am Vormittag gerötet, die Arbeitskleidung durchgeschwitzt. Doch der Höflichkeit tut das keinen Abbruch. In alle Richtungen wird gegrüßt — und das nicht nur, weil diesmal ein Journalist dabei ist. Immer freundlich sein, das ist das Grundprinzip von Sascha Kunz. „Wenn man mit den Leuten zurechtkommt, ist alles immer einfacher.“
Das Parken in der Innenstadt zum Beispiel. Kunz kennt die Stellen, wo er halten kann, wo das Ordnungsamt ein Auge zudrückt und wo nicht. An jedem Haltepunkt legt er sich die Pakete für den nächsten Stopp zurecht. Die Geschäfte sollen bis zum Mittag beliefert sein. „Man hat für die Tour ein Zeitschema und das versucht man einzuhalten“, sagt er. Wie er fährt, hat er selbst ausgetüftelt.
11.25 Uhr, Foto Factory. „Gut aus dem Graben rausgekommen?“, scherzt Wolfgang Garlip. Den Unfall eines DHL-Transporters am Montag, bei dem der Fahrer (ein Subunternehmer) unter Drogen- und Alkoholeinfluss stand, bekommt Kunz heute mehrfach aufs Brot geschmiert. Aber um schlagfertige Antworten ist er nie verlegen.
Jetzt die Sackkarre vollpacken und rüber zur Buchhandlung. Ute Hentschel nimmt auch für alle Nachbarn die Pakete an — mit einer Ausnahme: Bücher aus dem Internethandel, da braucht Kunz gar nicht mehr zu fragen. So was merkt er sich wie vieles andere auch.
Draußen kurbelt Peter Mihm im Vorbeifahren die Scheibe runter. „Was für mich dabei?“ „Heute nicht.“ Service auf Zuruf. So wächst über die Jahre Vertrauen. Nicht nur einmal haben Kunden dem Paketboten schon ihr Herz ausgeschüttet. Dann ist der Kerl von einem Mann nur noch gerührt.
Kunz ist 1,86 Meter groß und wiegt satte 115 Kilo. „Zu viel Süßigkeiten“, sagt er und zuckt mit den Schultern. In Ruhe essen ist tagsüber nicht drin. Zum Ausgleich für den Berufsstress trainiert er im Fitnessstudio. Das schützt den Rücken beim Heben und Schleppen.
12.30 Uhr, Atempause im Café Arnz. „Mein Zalando-Sunnyboy“, begrüßt ihn Inhaberin Heike Tsirogiannis lachend, ehe sie ihm den Kaffee bringt, nur zum Mitnehmen natürlich. Vor zwei Jahren hat er hier die Käsetorte mit der Aufschrift „Willst du mich heiraten?“ bestellt. Sie hat offenbar Eindruck gemacht: Inzwischen ist er wieder glücklich verheiratet und stolzer Vater.
Beim Kaffeetrinken ein kurzer Blick auf den Handscanner: 137 Pakete sind zugestellt, 122 müssen noch. Die Schlagzahl ist hoch in der Weihnachtszeit. Aber dafür gibt es auch mehr Personal. Im Sommer, wenn die Kollegen im Urlaub sind, werden die Touren deshalb größer. Früher zu Hause ist man dann auch nicht.
Aber Kunz klagt nicht. „Ich mag die Arbeit und mir macht das Spaß“, sagt er. Nur abends, da will er nicht mehr hinter dem Steuer sitzen. Von Wiesdorf nach Dormagen nimmt er immer die Bahn.