Querdenker sind in Leverkusen gefragt

Die Kulturstadt-Lev stellt das Konzert- und Theaterprogramm für die kommende Spielzeit 2018/19 vor.

Foto: Jochmann

Leverkusen. Unter dem Spielzeitthema „Querdenker“ steht das Theater-, Konzert- und Kabarettprogramm der Kulturstadt-Lev für die Spielzeit 2018/2019 mit über achtzig Gastspielen international renommierter Künstler und Ensembles aus den Sparten Musik- und Tanztheater, Schauspiel, Konzert, Kabarett und Kleinkunst, Kinder- und Jugendtheater.

Dinge einmal „anders zu denken“, einen Perspektivwechsel herbeizuführen, ist oft der Beginn von Veränderungen.„Querdenken“ gilt schon längst nicht mehr als vermeintlich störende Eigenschaft von Außenseitern und Abweichlern, sondern ist Teil und Technik eines kreativen Prozesses — im Leben wie in der Kunst. Unter dem Motto „Querdenker“ spürt die neue Spielzeit dem kreativen Potenzial widerständiger oder scheinbar unzeitgemäßer Ideen nach — und stößt auf eine Vielzahl erstaunlicher Entdeckungen:

Die Musiktheater-Reihe startet mit zwei unterhaltsamen Musicals über Persönlichkeiten, die durchaus als „Querdenker“ ihrer Zeit betrachtet werden können: Das Musical „Chaplin“ von Christopher Curtis kommt in der deutschsprachigen Erstaufführung vom Theater Osnabrück nach Leverkusen (11.10.) und „Buddy — The Buddy Holly Story“ wirft ein Schlaglicht auf einen der ersten großen Helden des Rock ’n’ Roll (20.11.). Die Musiktheater-Reihe endet mit einem Gastspiel von „Pariser Leben“ (23.5.), eine Referenz an das Offenbach-Jahr 2019 und den 200. Geburtstag des gebürtigen Kölners Jacques Offenbach.

In der Sparte Tanztheater/Ballett sind spannende Compagnien aus den USA und Asien, aus England und Dänemark eingeladen. Außerhalb der Tanz-Reihe eröffnet die Saison mit der Kooperation mit der internationalen Tanzmesse NRW und der Vorstellung „13 Tongues“ von Cloud Gate 2 aus Taiwan (30.08.). Die Tanz-Reihe des städtischen Programms beginnt dann mit einer Deutschland-Premiere: Gandini Juggling & Alexander Whitley erweisen sich mit „Spring“ (26.9.) als wahre „Querdenker“ in ihrem Dialog von Jonglage und zeitgenössischem Tanz. Nach dem Gastspiel der amerikanischen Compagnie Ailey II (15.1.) ist die Aditi Mangaldas Dance Company aus Indien zu Gast, die faszinierend klassischen indischen Kathak-Tanz mit zeitgenössischem Tanz verbindet (21.3.). Das Ballett Dortmund präsentiert sich wieder im Forum Leverkusen mit einem neuen dreiteiligen Programm (10.4.) und das Danish Dance Theatre aus Kopenhagen kommt wenige Wochen nach der Uraufführung der neusten Produktion von Tim Rushton, „Carrying a Dream“, nach Leverkusen (7.5.). Dies ist die voraussichtlich letzte Arbeit Rushtons mit der Compagnie, deren Leitung er im Frühjahr 2018 an den Schweden Pontus Lidberg übergab.

Im Schauspiel spüren Produktionen mal komisch, mal dramatisch, mal nachdenklich dem Thema „Querdenker“ nach: Marc-Uwe Klings Kult-Texte „Die Känguru-Chroniken“ tun dies zwischen grobem Klamauk und subtilem Wortwitz (13.9.), Figurenspieler Neville Tranter (Ikone des Figurentheaters und sicherlich ein „Querdenker“ par excellence) lotet dies mit seinem neuen Stück „Babylon“ im Studio (4.12.) aus, wo auch das Schauspiel „Indien — Eine Schnitzeljagd durch die deutsche Provinz“ von Josef Hader, einem der bekanntesten Schauspieler, Kabarettisten Österreichs, und Alfred Dorfer das Thema beleuchtet (19.2.). Prominente Schauspieler wie Leslie Malton und Felix von Manteuffel („Wer hat Angst vor Virginia Woolf“, 28.11.), Martin Lindow und Claudia Wenzel („Wunschkinder“, 12.12.) sowie Musical-Star Angelika Milster („Doris Day — Day by Day“, 18.2.) werden in der Spielzeit 2018/19 in Leverkusen zu Gast sein.

Und auch im Kinder- und Jugendtheaterprogramm findet das Thema ein breites Spielfeld. So wird im Theaterstück „Hallo Halolo“ für die allerjüngsten Zuschauer (ab zwei) mit Musik von Erik Satie und kleinen verrückten Texten das „Querdenken“ erkundet (7.11.), und wenn sich in Roland Schimmelpfennigs erstem Kinderstück, „Die Biene im Kopf“, ein Junge seine Realität zum Computerspiel macht, damit er sie aushält, dann ist das ein sehr nachdenklich stimmender Aspekt des „Querdenkens“ (31.10.). Daneben kommen mit Otfried Preußlers „Die kleine Hexe“ (2./3.12.), „Krabat“ (22./23.1.) und Erich Kästners „Emil und die Detektive“(12./13.5.) auch „Klassiker“ der Kinder- und Jugendliteratur auf die Forum-Bühne.

Im Zentrum der Sparte Sinfoniekonzerte stehen auch in dieser Spielzeit die erfolgreichen und überregional beachteten „Klassik-Sonntag!“-Formate mit der von Dirk Joeres geleiteten Westdeutschen Sinfonia Leverkusen. Zu den Werken, die auf dem Programm stehen, gehören Beethovens Sinfonie Nr. 7 A-Dur, die den CD/DVD-Zyklus „Beethoven Today“ der WSL fortsetzt — und anlässlich derer niemand Geringeres als Carl Maria von Weber den Komponisten (der ein geradezu paradigmatischer Querdenker war) „reif fürs Irrenhaus“ erklärt haben soll. Als Solisten treten Matt Haimovitz (10.2.) in Dvoráks Cellokonzert h-moll, der Geiger Andrej Bielow (25.11.) in Prokofjews Violinkonzert Nr. 1 und der junge Pianist Alberto Ferro (30.9.) in Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur auf.

Die Kammerkonzerte laden zu einer Vielzahl Musikerlebnisse im Ambiente des Spiegelsaals von Schloss Morsbroich. Ein anregender Querdenker der zeitgenössischen Musik ist Moritz Eggert, der zusammen mit dem Klarinettisten Thorsten Johanns zu erleben ist; außerdem begehr man den 75. Geburtstag des in Leverkusen geborenen und aufgewachsenen Komponisten York Höller im Januar 2019 mit einem kleinen Zyklus, bei dem unter anderem das Zephyr-Bläserquintett und Paulo Alvares (17.1.) mitwirken und einige frühe Etüden uraufgeführt werden. Das Alliage Quintett präsentiert „Songs & Dances“ von Purcell über Weill bis Bernstein (20.9.), während das international gefeierte Schumann-Quartett unter dem Titel „Chiaroscuro“ einen besonderen Streichquartettabend zusammengestellt hat (9.5.). Außerdem ist das Ensemble l’arte del mondo (11.4.) wieder mit einem Kammer- und einem Kinderkonzert zu Gast. In der Reihe Grenzgänger begrüßt man mit dem finnischen „Akkordeon-Punk“ Kimmo Pohjonen einen der spannendsten Künstler Skandinaviens (29.11.). Dem Parade-Querdenker Erik Satie widmen die Pianistin Tamar Halperin und Guy Sternberg (Electronics) ein außergewöhnliches Programm (22.2.), und auch Meret Becker, eine Fachfrau fürs Verquere, öffnet mit ihrer Begleitband „Tiny Teeth“ (12.4.) Horizonte.

In Kabarett & Kleinkunst ist das Querdenken gewissermaßen „Programm“ — wofür in dieser Spielzeit Künstler wie Gerhard Polt und die Wellbrüder aus’m Biermoos (22.11.) oder Konstantin Wecker (14.12.) so unvergleichliche Belege liefern werden. Wenn die soeben mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnete Simone Solga da „Das gibt Ärger!“ mutmaßt (8.3.), dann ist das auch egal — gibt es doch, wie Wilfried Schmickler mit kampfeslustiger Klarheit festhält, „Kein Zurück!“ (12.10.). step

Weitere Infos gibt es online unter:

kulturstadtlev.de