Ratsdebatte um Namenszusatz: Ermüdendes politisches Ritual
Namenszusatz: Diskussionen tun undramatischen Themen gut
Hängt vom offiziellen Namenszusatz „Musikstadt“ Wohl und Wehe der Zukunft Burscheids ab? Natürlich nicht. Es gibt ein paar gute Gründe für die Bezeichnung und auch welche dagegen. Und in der Tat kennt die Stadt drängendere Probleme als die Namensfrage. Und doch hinterlässt die Ratsentscheidung vom Dienstag einen faden Nachgeschmack.
Nicht, weil der plausibel begründete Bürgerantrag keine Mehrheit fand. Sondern weil dieses Thema, das viel mit Identifikation, Lebensgefühl und letztlich persönlichem Empfinden zu tun hat, im Rat unnötigerweise zum Mittel parteipolitischer Grenzziehung geriet — mit einer zum Teil fadenscheinigen Diskussion. Insofern war es unverständlich, dass andere Fraktionen nicht dem guten Beispiel der SPD gefolgt sind, ihren Mitgliedern die Entscheidung freizustellen.
Diese Freistellung kennt man aus dem Bundestag bei grundsätzlichen Fragen des persönlichen Gewissens. Die Debatten werden dann häufig als Höhepunkte demokratischer Kultur bezeichnet. Sie täten aber auch gerade Diskussionen gut, die eben nicht weltbewegenden Charakter haben, sondern schlicht undramatische Fragen des Alltags behandeln.
Leider wurde man im Rat am Dienstag aber wieder Zeuge eines altbekannten Rituals: Die Fraktionsvorsitzenden verkünden die Entscheidung ihrer Partei, auf die die Mitglieder zuvor intern eingeschworen worden sind.
Die wirkliche Motivlage wurde dabei nur zum Teil ersichtlich. Stattdessen konnte man mitunter abenteuerlichen argumentativen Winkelzügen folgen, um mit der ablehnenden Haltung nicht die Musikvereine und ihre Unterstützer zu vergrätzen — bis hin zum an den Haaren herbeigezogenen Kostenargument, das auf ein bisschen „Stille Post“-Spielen mit irgendwelchen Ministeriums-Sachbearbeitern beruhte und angesichts der Rechtslage wie der Sponsorenzusagen das schwächste aller Gegenargumente war.
Politische Diskussionen — über Lapalien wie über staatstragende Grundsatzentscheidungen — gewinnen dann an Glaubwürdigkeit, wenn sie mit offenem Visier geführt werden.
Wer danach fragt, warum eine noch weitgehend inhaltsfreie Piratenpartei derzeit einen in seinen Ritualen verfangenen Politikbetrieb aufmischen kann, konnte am Dienstag in Burscheid eine kleine Antwort darauf erhalten.