Stadt kauft Schulbücher in Bayern
Für das nächste Schuljahr hat ein Betrieb aus Veitsbronn den Zuschlag für Burscheid und Kürten erhalten — Ergebnis des Vergaberechts.
Burscheid. Veitsbronn liegt in Bayern, in der Nähe von Fürth. Dort gibt es einen Schulbuchvertrieb. Und von dort bekommen die vier städtischen Schulen in Burscheid und die sechs Schulen in Kürten im nächsten Schuljahr ihre Schulbücher. Das hat der Losentscheid im diesjährigen Vergabeverfahren ergeben. Das Auftragsvolumen für beide Kommunen liegt bei rund 100 000 Euro. Darüber hätten sich auch Buchhandlungen in der Region gefreut.
Ute Hentschel ist eine von ihnen — und die einzige in Burscheid. Sie ärgert sich. „Kleine Buchhandlungen brauchen diese Umsätze, um Löcher an anderer Stelle zu stopfen.“ Und sie kann nicht verstehen, dass das Geld nicht in der Region bleibt, wo es doch die Buchhandlungen vor Ort sind, die immer für Verstaltungen parat stehen, Leseförderung betreiben und Service bieten.
Und wegen der Buchpreisbindung kann niemand von außerhalb ein günstigeres Angebot machen. Burscheid und Kürten zahlen in Richtung Veitsbronn dieselbe Summe, die sie auch bei Ute Hentschel oder einer ihrer Kollegen in der Region gezahlt hätten.
Die Buchhändlerin macht folgende Rechnung auf: Sie kauft die Bücher mit 22,5 bis 25 Prozent Rabatt ein und muss wegen des Auftragsvolumens 15 Prozent davon an Burscheid und Kürten weitergeben. Am Ende bleiben rund 8000 Euro Gewinn für sie übrig.
Dafür ist sie mehrere Wochen beschäftigt, bewegt rund vier Tonnen Bücher und bietet nach eigener Aussage dabei noch einen Service an, den andere Händler sich sparen: „Die Bücher kommen verlagsweise, man muss sie sortieren. Ich übernehme das für die Schulen, die das sonst selbst machen müssen.“
Seit Gründung der Buchhandlung vor elf Jahren hat sich Ute Hentschel jedes Jahr für die Schulbuchlieferung beworben, egal ob gerade Burscheid oder Kürten mit der Ausschreibung an der Reihe war. Fünfmal hat sie den Zuschlag erhalten, zuletzt von 2012 bis 2014. Im vergangenen Jahr war die Buchhandlung Gottschalk in Schlebusch ausgelost worden. Damit hatte Hentschel keine Probleme, mit einem Schulbuchvertrieb aus Bayern schon. „Und dann wird in der Stadt von der Förderung des stationären Einzelhandels geredet.“
Amtsleiter Dirk Runge kennt die Diskussion und die Verärgerung — vor allem aus dem Baubereich. Auch dort reagieren Politik und Handwerk oft mit Unverständnis, wenn ein Auftrag nicht in der Stadt oder wenigstens in der Region bleibt. Aber gibt dort noch oft ein günstigeres Angebot den Ausschlag, ist das auf dem Buchsektor ausgeschlossen. Das Vergabeverfahren, als Vorbeugung gegen Korruption gedacht, sei in diesem Punkt „unsinnig, aber wir können es nicht ändern“.
Auch die Stadt wolle die Aufträge lieber hier halten. „Aber dass wir uns an die rechtlichen Vorgaben halten, wird hoffentlich jeder von uns erwarten.“ In Burscheid konkretisiert eine interne Dienstanweisung noch den gesetzlichen Rahmen: Im Rahmen einer freihändigen Vergabe müssen mindestens drei Vergleichsangebote eingeholt werden. Weil sie in Sachen Schulbuchbestellung naturgemäß alle gleich hoch ausfallen müssen, entscheidet am Ende das Los. „Und auch dabei wird bei unserer dafür zuständigen Submissionsstelle natürlich wirklich gelost“, beugt Runge allen Fantasien von einem bei gleichen Angeboten dann eben immer „gewünschten“ Losentscheid vor.
Im konkreten Fall des Schuljahres 2016/2017 habe nicht nur Ute Hentschel im Vorfeld schon ihr Interesse bekundet, sondern eben auch jener Schulbuchvertrieb in Bayern und ein weiterer in Leipzig. „Und wenn jemand Interesse bekundet, muss ich ihn auch in das Verfahren aufnehmen.“ Weil damit schon die geforderte Zahl von drei Angeboten erreicht gewesen sei, sei keine weitere Buchhandlung gefragt worden. Es sei auch schon vorgekommen, dass es Buchhandlungen auf Nachfrage abgelehnt hätten, ein Angebot abzugeben.
Vielleicht weil der Aufwand zu groß erscheint oder der Platz nicht ausreicht. Für Ute Hentschel gilt beides nicht: „Ich hätte es gerne gemacht.“ Für 2017 wird sie sich wieder bewerben.