Boykott Dortmund und Duisburg dürfen Schulen nicht schließen

Dortmund/Düsseldorf · Dortmund und Duisburg dürfen die Schulen nicht schließen. Das Land sagt Nein. Vereinzelt boykottieren aber offenbar andernorts erste Schulen eine weitere Rückkehr in den Präsenzunterricht.

Keine Tests, keine Impfungen: Schulen wollen Öffnung boykottieren, dürfen aber nicht.

Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Die Ruhrgebietsstädte Dortmund und Duisburg dürfen die Schulen trotz landesweit steigender Corona-Infektionszahlen nicht schließen. Das Land Nordrhein-Westfalen stoppte am Dienstag entsprechende Pläne der Kommunen. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte, bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 71,2 Neuinfektionen unter 100 000 Einwohner binnen einer Woche in Dortmund kämen Schulschließungen nicht infrage. Er kritisierte, dass der Stadt offenbar keine anderen Maßnahmen einfielen.

Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) hatte die angestrebte Schließung aller Schulen nicht zuletzt mit dem vorläufigen Impfstopp des Astrazeneca-Vakzins begründet. „Wir sind der festen Überzeugung, dass es in diesem Moment überhaupt keinen Sinn macht, die Schulen zu öffnen“ sagte der OB nach einer Sitzung des Verwaltungsvorstandes. Das Öffnungskonzept der Schulen sei geknüpft an Impfungen und Tests. Mit dem vorläufigen Impfstopp von Astrazeneca fehle die Geschäftsgrundlage für den Gesamtplan. Man habe Lehrer damit impfen wollen.

Der Duisburger Oberbürgermeister Sören Link zeigt sich enttäuscht über die Haltung der Landesregierung. „In Anbetracht der weiter steigenden Inzidenz wäre es absolut sinnvoll, die Schulen zum Schutz der Schülerinnen und Schüler sowie ihrer Familien, aber auch der Lehrkräfte wieder zu schließen und auf Distanzunterricht umzustellen“, meinte er. Ihm sei „vollkommen unverständlich, dass das Land diesen Plänen einen Riegel vorschiebt“. Die Entwicklung der Zahlen zeige, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichend seien. Der Krisenstab der Stadt werde daher am Mittwoch über weitere Maßnahmen beraten. Im Raum stünden dabei etwa Überlegungen zu einer weiteren Ausweitung der Maskenpflicht, einer erneuten Verschärfung der Kontaktbeschränkungen sowie eine noch stärkere Kontrolle der Regelungen vor Ort.

Unterstützung bekamen die beiden Ruhrgebietsstädte auch vom Bochumer Oberbürgermeister Thomas Eiskirch. Er sehe die Haltung der Landesregierung mit Sorge, sagte der Lokalpolitiker. „Nachgewiesene Infektionen an 29 Bochumer Schulen sind mehr als ein Alarmzeichen.“ Das NRW-Schulministerium betonte dagegen auf Anfrage, die Landes-Entscheidung sei „im Interesse des Gesundheitsschutzes und zugleich im Interesse der Bildungsgerechtigkeit sehr verantwortungsvoll“.

Landesweit steigt die Inzidenz seit einigen Tagen wieder an, laut Robert Koch-Institut lag sie am Dienstag in NRW bei 82,9. Das Schulministerium hatte vorgegeben, dass alle Schüler bis zum 26. März vor den Osterferien zumindest tageweise wieder in die Klassenräume zurückkehren - im Wechselmodus und in geteilter Klassenstärke. Den Anfang hatten Grundschüler und Abschlussklassen Mitte Februar gemacht. Am Montag folgten neu auch Jahrgänge der Klassen fünf bis zehn.

Erste Schulen boykottieren aber nach einem Medienbericht bereits die Vorgabe aus Düsseldorf. Die „Rheinische Post“ berichtete über ein Berufskolleg, das in Wipperfürth (Oberbergischer Kreis) und in Wermelskirchen (Rheinisch-Bergischer Kreis) für die Jahrgangsstufen fünf bis zehn beim Online-Modus bleibt.

Aus dem Schulministerium hieß es, die Bezirksregierung Köln verschaffe sich derzeit einen Überblick, welche Schulen möglicherweise weitere Öffnungsschritte verweigerten. Grundsätzlich könnten unter bestimmten Voraussetzungen im Einzelfall Schutzmaßnahmen möglich sein, die über die Regelungen der Landesverordnung hinausgingen. Allerdings: „In keinem Fall steht eine solche abweichende Regelung im Belieben einer einzelnen Schule.“

Der Geschäftsführer des Städtetages NRW, Helmut Dedy, forderte: „Die Entscheidung, ob wegen hoher Infektionszahlen Schulen geschlossen werden müssen, müssen die Städte vor Ort treffen können.“ Das Infektionsgeschehen sei in NRW zu unterschiedlich, „um alles über einen Kamm zu scheren“. Für den Kreis Düren - dieser hatte beantragt, bis Ostern Öffnungsschritte aussetzen zu dürfen - sagte ein Sprecher, es sei nicht auszuschließen, dass Eltern ihre Kinder gar nicht in den Präsenzunterricht schickten.

Kritik an den Öffnungen war auch von den Gewerkschaften GEW und VBE, aus der Elternschaft und der Opposition gekommen - und galt auch den Selbsttests. An alle weiterführenden Schulen in NRW sollte von diesem Dienstag an für jeden Schüler nur ein Test ausgegeben werden - bis zu den Osterferien insgesamt 1,8 Millionen Stück. Nach Angaben des Schulministeriums vom Dienstag wurden bereits 300 000 Selbsttests an über 600 Schuladressen verschickt.

Die Regelungen für den Präsenzunterricht seien „unter großer Umsicht“ getroffen worden und würden nun durch die Selbsttests unterstützt. Jungen und Mädchen sollen diese zu Unterrichtsbeginn unter Aufsicht des Schulpersonals durchführen. Die Landeselternkonferenz (LEK) forderte Nachbesserungen am Testkonzept. Auch der Verband Lehrer NRW monierte, die Öffnung der Schulen sei schon riskant, nun sollten sie noch nebenbei zu Corona-Teststationen werden.

(dpa)