Düsseldorf Legenden des Karnevals bei Flüstersitzung

Düsseldorf · Die Veranstalter der Flüstersitzung im Apollo Varieté setzen auf leise Töne und Büttenreden. Das kam bei den Zuschauern gut an.

„Ne Kölsche Schutzmann“ alias Jupp Menth überzeugte die Zuschauer bei der Flüstersitzung.

Foto: Döring, Olaf (od)

Von derben Schenkelklopfern, dessen Niveau nicht nur knapp unterhalb der Gürtellinie lag, über hintergründige Scherze, feinsinnige Anekdoten, politischem Kabarett bis hin zu emotional bewegenden Geständnissen reichten die Wort-Darbietungen bei der Flüstersitzung des Allgemeinen Vereins der Karnevalsfreunde (AVDK) Düsseldorf und der Düsseldorfer Bürgerwehr.

Das alles wurde im Apollo musikalisch untermalt vom Orchester Michael Kuhl und den Rabaue mit ihrer „Eilemann-Trio Nostalgieshow“.

Bei der Zusammenstellung des Programms hatte AVDK-Präsident Stefan Kleinehr, der auch zusammen mit dem Stadtkommandanten der Bürgerwehr, Peter Schäfer, als Moderator durch den Abend führte, ins Schwarze getroffen. Reihenweise jubelnde Applausorgien, Standing Ovations und wenn es angebracht war auch aufmerksame, bedächtige Stille mit anschließendem warmen, anerkennenden Beifall zeichneten das Publikum aus. Neben Guido Cantz, Bernd Stelter, Martin Schopps, JP Weber, Volker Weininger und „Ne kölsche Schutzmann“ Jupp Mendt hatten sich die Zuschauer Bestnoten verdient.

Cantz feiert sein 35-Jähriges
auf Karnevalsbühnen

Aber die 476 Karnevalsfans waren ja wegen der Wortbeiträge, wegen des „Salto Rückwärts“ zur Karnevalssitzung ins Apollo gepilgert. Angekündigt war „eine Sitzung ohne Partylautstärke aber mit umso mehr Inhalt“. Dafür wurde das Beste, was der rheinische Karneval zu bieten hat, auf die Apollo-Bühne gestellt. Alle Auftrittskünstler haben sich Legendenstatus erarbeitet. Wobei die erste halbe Stunde der Kindergarde der Bürgerwehr mit seinen Garde- und Showtänzen vorbehalten war. „Wir wollen Qualität bieten. Da ist es mir egal, wo die Künstler herkommen“, erklärte Kleinehr. Um diese Besetzung präsentieren zu können, musste der AVDK und die Bürgerwehr tief in die Tasche greifen. „Zugegeben der Abend war nicht ganz billig“, bestätigt Kleinehr. „Aber wir waren zum ersten Mal ausverkauft und werden wohl mit einer schwarzen Null abschließen. Der Abend hat sich auf jeden Fall gelohnt.“ Nicht nur für das Publikum, auch für die Künstler selbst.

Cantz war charmant, eloquent, politisch und auf der Höhe der Zeit. Stelter gab Einblicke in seine familiäre Entwicklung in den letzten Jahrzehnten, feiert er doch in diesem Jahr sein 35-Jähriges auf Karnevalsbühnen. Schoops beschäftigte sich mit dem Bildungszustand an Schulen, Quereinsteiger in den Lehrerberuf und den Sorgen junger Leute. „Für die meisten ist es heute doch ein Abenteuer, wenn sie sich bei 12 Prozent Akkuleistung des Smartphones mehr als zwei Meter von einer Steckdose entfernen“, offenbarte Schoops. Er muss es wissen, ist er im Hauptberuf Lehrer. Dem traditionellen Karneval, bei dem den Regierenden und Verantwortlichen für die Entwicklung der Nation ungestraft die Leviten gelesen werden dürfen, kamen „Dä kölsche Schutzmann“ und JP Weber am nächsten. Sie scheuten sich nicht, gegen die oberen Zehntausend auszuteilen. „Wie will man einem in den Hintern treten, wenn der keinen Arsch in der Hose hat“, kritisierte Mendt mit Blick auf Kardinal Woelki und seiner Rolle im Missbrauchsskandal. Einen berührenden, weil menschlichen Auftritt zeigte Weber. Ihm merkte man an, welche Bedeutung „Fasteleer“ für ihn hat und wie er die über die Kommerzialisierung des Kölner Karnevals bedauert. Und er hat einige Zukunftssorgen. „Alles warnt vor der Gefahr von rechts. Bisse links is alles in Ordnung. Aber dreimal links is auch rechts“, bemerkte Weber treffend. „Ich plane schon die Flüstersitzung 2024 und alle, die diesmal dabei waren haben für das kommende Jahr zugesagt“, verrät Kleinehr.