Hilfe für Frauen 3500 Frauen kommen jährlich in Düsseldorf zur Frauenberatungsstelle

Düsseldorf · Etta Hallenga und Eva Inderfurth arbeiten seit vielen Jahren in der Frauenberatungsstelle. Pro Jahr suchen 3500 Frauen dort Beratung.

Etta Hallenga (li.) und Eva Inderfurth arbeiten seit Jahren in der Frauenberatungsstelle.

Foto: Carolin Scholz

Der pinkfarbene Schal um Eva Inderfurths Hals ist nicht vorgeschrieben. Genauso wenig wie die hellrosa Strickjacke ihrer Kollegin Etta Hallenga. Trotzdem passt beides zur Umgebung. Die Räume der Frauenberatungsstelle sind einladend eingerichtet. Alles hell, warm, weiblich. Doch was in den Zimmern auf den bequemen Sesseln hinter verschlossener Tür besprochen wird, ist meist nicht angenehm. Wenn Frauen hier einen Termin vereinbaren, heißt das für sie oft: Krise.

Seit 37 Jahren gibt es die Frauenberatungsstelle in Düsseldorf. Seit vier Jahren sitzt sie an der Talstraße – der Eingang liegt ein bisschen versteckt im Hinterhof. Bis auf zwei Räume dürfen nur Frauen die Einrichtung betreten. Denn viele suchen hier auch Schutz. Eva Inderfurth arbeitet seit sieben Jahren hier, Etta Hallenga schon seit 27. Außer ihnen noch 14 weitere Mitarbeiterinnen aus verschiedenen Bereichen. Frauen ab 16 Jahren finden hier Hilfe und Beratung in Lebenskrisen, aber auch bei anderen Fragen rund ums Frausein. Im Schnitt kommen etwa 3500 Frauen jedes Jahr in die Beratungsstelle.

Meistens geht es in den Beratungen um Gewalt

Die meisten Themen, mit denen die Beraterinnen zu tun haben, drehen sich um Gewalt. Sexualisierte Gewalt, Übergriffe und Belästigung, häusliche Gewalt, in der Partnerschaft oder Familie, Stalking, Zwangsprostitution, Mobbing, Gewalt im Internet. Doch auch wenn es um Trennung oder Probleme in der Partnerschaft geht oder um das Coming-out bei lesbischen Frauen, sind diese in der Beratungsstelle gut aufgehoben. Die Frauen wenden sich entweder selbst an die Einrichtung, manchmal auch deren Freundinnen oder Kolleginnen. Über die telefonische Beratung, die an fünf Tagen pro Woche für je vier Stunden besetzt ist, kann ein erster Kontakt entstehen – zudem gibt es immer wieder Veranstaltungen in den Räumen, die eine Kontaktaufnahme erleichtern.

„Wir haben ein gutes, enges Netzwerk hier in Düsseldorf“, sagt Eva Inderfurth. Man arbeite mit Polizei, Ärztinnen, anderen Beratungsstellen und dem Gericht zusammen. „Für eine Einrichtung wäre das alles zu viel Arbeit“, sagt Etta Hallenga. Wichtig sei dieser Schulterschluss zum Beispiel beim Thema häusliche Gewalt. Wird die Polizei in eine Wohnung gerufen, vermittelt sie die Gewaltopfer – ob Frau oder Mann – an die Interventionsstelle für häusliche Gewalt der Frauenberatungsstelle. Dort werde dann überlegt, wie es für die Betroffenen weiter gehen kann.

Die Betroffenen – vor allem wenn es um sexualisierte Gewalt geht – hätten sich in den vergangenen Jahren verändert, stellen die beiden Fachfrauen fest. Zum einen werden heute auch mehr sexuelle Belästigungen zum Thema, nicht erst eine Nötigung oder Vergewaltigung. „Früher waren die Frauen, denen so etwas passiert ist, oft verunsichert, haben sich gefragt: Was habe ich falsch gemacht?“, sagt Etta Hallenga, „heute überwiegen oft eher Wut und Entsetzen darüber, dass jemand ihnen so etwas angetan hat.“ Die Betroffenen werden selbstbewusster – langsam. Dazu habe sicher auch die Debatte um „#metoo“ beigetragen, bei der mehr und mehr Frauen sexuelle Übergriffe öffentlich gemacht haben. „So eine öffentliche Debatte ist für diese Themen oft wichtig. Frauen sehen dabei, dass sie nicht alleine stehen, dass es für sie auch eine Lobby und Unterstützung gibt“, sagt Eva Inderfurth.

Beide Beraterinnen strahlen vom ersten Moment an Offenheit aus, wirken freundlich und warmherzig. Und doch merkt man bei aller Weiblichkeit mit rosa Strick und pinkem Schal sowohl Etta Hallenga als auch Eva Inderfurth eine gewisse Stärke an – sie strahlen etwas aus, das sagt: Wenn hinter mir jemand Schutz braucht, kommt an mir niemand vorbei.

Wichtig ist beiden bei all den schlimmen Geschichten, denen sie immer wieder begegnen, auch auf ihre eigene Psychohygiene zu achten. Dazu gibt es im Team regelmäßige Supervision – die ist Pflicht – doch beide haben auch andere Wege, sich abzugrenzen und die Schicksale der Frauen nicht zu nah an sich heranzulassen. „Ein gutes Team ist ganz wichtig. Dass man sich untereinander auch mal aussprechen kann“, sagt Eva Inderfurth. „Und auch das persönliche Freundes- und Familienumfeld“, fügt Etta Hallenga hinzu. „Manchmal“, sagt sie, „werde ich richtig wütend über das, was ich höre.“ Dann helfe ihr auch die politische Arbeit, die die Frauenberatungsstelle leistet. Zu sehen, wo man etwas an der Lage der Frauen verbessern kann. Dafür sorgen, dass bestimmte Dinge nicht mehr passieren. An der Aktion „Luisa“, bei der Frauen in Kneipen und Bars das Personal nach einer fiktiven Luisa fragen können, wenn sie sich bedrängt fühlen, war die Einrichtung beteiligt. Auch für viele Gesetzänderungen in den vergangenen Jahren – der Reform des Sexualstrafrechts oder dem Gewaltschutzgesetz – haben sie mitgekämpft.