Alles unter einem Dach: Neue Taktik gegen Intensivtäter
Düsseldorf soll ein „Haus des Jugendrechts“ bekommen — mit Polizei, Jugendamt und Staatsanwalt unter einem Dach.
Düsseldorf. Nach dem brutalen Überfall zweier Jugendlicher auf einen Mann in der Berliner U-Bahn an Ostern kocht die Diskussion über den Umgang mit jugendlichen Intensivtätern wieder hoch. Auch in Düsseldorf, wo nach WZ-Informationen demnächst ein „Haus des Jugendrechts“ entstehen soll. In Stuttgart und auch in Köln gibt es das bereits: Dort sitzen Polizei, Jugendamt und Staatsanwaltschaft unter einem Dach, um Fälle von Intensivtätern noch schneller bearbeiten zu können und effizientere Sozialisierungsstrategien für straffällig gewordene Jugendliche zu erarbeiten.
Aktuell sieht die Praxis in Düsseldorf so aus, dass Staatsanwaltschaft, Polizei und Jugendgerichtshilfe sich einmal im Monat zu Fallkonferenzen treffen. Dort beraten die Behörden über Straf- oder Präventivmaßnahmen. „Es wird über etwa 25 Intensivtatverdächtige gesprochen“, sagt Staatsanwältin Julia Frömgen. „Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs.“ Die Methode der Fallkonferenz funktioniert für Frömgen „ganz gut“. Doch ein „Haus des Jugendrechts“ würde sie begrüßen — mit einer Einschränkung: „Wenn die Jugendgerichtshilfe mit den Strafverfolgern unter einem Dach säße, könnte dies das Vertrauen der Jugendlichen in die Helfer untergraben.“
Dass die Düsseldorfer Behörden bereits jetzt erfolgreich arbeiten, macht Frank Schier, Jugendbeauftragter der Düsseldorfer Polizei, an Zahlen fest: 2010 gab es 170 jugendliche Intensivtäter, 2009 waren es noch 183. Für Schier geht das Modell des Justizministeriums NRW nicht weit genug: „In einem solchen Haus des Jugendrechts nur Intensivtäter zu betreuen, halte ich für falsch. Es sollte das gesamte Thema Jugendkriminalität abdecken.“ So könne bei Heranwachsenden, die erstmals straffällig werden, gleich dafür Sorge getragen werden, dass sie sich nicht zu Intensivtätern entwickeln. „Man sollte nicht an den Symptomen herumdoktern, sondern ihre Entstehung bekämpfen.“
Doch es gibt auch Stimmen gegen die Jugendrechts-Pläne der NRW-Justiz: Jugendrichter Edwin Pütz, auch Leiter der Jugendarrestanstalt Gerresheim, sagt: „Wir haben ein funktionierendes Netzwerk. Man sollte die Mittel lieber in andere Projekte stecken.“ Im Zeitalter von Telefon und Mail sollten ein paar Kilometer zwischen den Behörden keine Rolle spielen. Und Jugendamtsleiter Johannes Horn hat schon beim Justizminister vorgesprochen: „Wir brauchen nichts Neues. Wir haben mit unserem Netzwerk längst ein visuelles Haus des Jugendrechts.“