Altstadt-Wache: Polizisten klagen über Dauerstress

Weil sie nachts die längste Theke sichern müssen, haben Beamte manchmal nur vier Stunden Pause zwischen zwei Diensten.

Düsseldorf. Die Altstadt ist wieder sicherer. Da sind sich die Beteiligten bei Stadt und Polizei einig. 2008 sah das nicht so aus: In einem Brief an den Polizeipräsidenten schilderte ein Dienstgruppenleiter aus der Altstadtwache Gewaltexzesse gegen Polizisten, Banden, die sich zusammenrotteten. Es sah aus, als würde man die Kontrolle über die längste Theke verlieren. Das ist vorbei. Aber den Preis dafür zahlen offenbar junge Beamte der Polizeiinspektion Mitte. Zwischen zwei Diensten haben sie manchmal nur wenige Stunden Pause.

Die politische Aufmerksamkeit war groß, nachdem der Brief seinerzeit an die Öffentlichkeit geraten war. Die Stadtspitze lud zum Runden Tisch für die Sicherheit ins Rathaus, das Land sagte der Düsseldorfer Polizei regelmäßige Unterstützung durch die Hundertschaft der Bereitschaftspolizei zu. „Das ist jetzt verwässert“, sagt Ingbert Köhler, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Düsseldorf und selbst Dienstgruppenleiter in der Altstadt. Denn die Bereitschaftspolizei ist durch Fußballeinsätze in NRW ohnehin überlastet.

„Für die Altstadt haben wir kaum noch Hundertschaftsunterstützung“, sagt Köhler. Nur, wenn die Fortuna spielt. Und weil die Personaldecke so dünn ist, wurde auch der Einsatztrupp Prios, der oft in der Altstadt aushalf, reduziert. Die Inspektion Mitte ist fast auf sich gestellt, um die rund 80 Einsätze in einer Wochenendnacht zu bewältigen. Allein etwa 50 in der Altstadt.

Um die dafür nötigen Streifen zu stellen, müssen etwa Zivilkräfte in Uniform losgeschickt werden. Zudem ist die Besetzung für andere Bereiche der Inspektion Mitte dünn: Ein Streifenwagen steht für Oberkassel zur Verfügung, einer für Oberbilk, einer für die Stadtmitte. „Der Rest kämpft in der Altstadt“, erklärt Köhler. Und dort werde zudem Personal „verschwenkt“: Vier bis sechs Kollegen, die eigentlich Spätdienst machen, werden in den Nachtdienst gezogen. Und das birgt Probleme.

Denn die Beamten gehen bis 6 Uhr morgens auf Streife. Meist haben sie kaum Zeit, Berichte und Anzeigen zu schreiben. Das geschieht dann im Anschluss — zum Teil bis 8 oder sogar 9 Uhr. Aber: Am nächsten Tag rutschen die Polizisten in den normalen Spätdienst, der um 13 Uhr beginnt. Ihnen bleiben zur Regeneration zum Teil nur vier bis fünf Stunden — je nach Heimweg sogar weniger. Bedeutet das denn nicht, dass zum Teil völlig übermüdete Beamte auf Streife gehen? „Ja, das ist so“, gibt der Gewerkschafter zu. Ohnehin haben die Beamten in seiner Inspektion nur jedes vierte Wochenende frei. Köhler: „Das ist nicht sozialfreundlich.“

Zudem wird durch das „Verschwenken“ die Spätschicht personell geschwächt. Und die Beamten häufen Überstunden an. Zwischen 100 und 150 Überstunden schiebt jeder Beamte in Köhlers Dienstgruppe durchschnittlich vor sich her.

Zu der Personalnot kommt noch, dass die Altstadtpolizisten nachts viele Aufgaben allein übernähmen, für die am Tag die Stadt zuständig sei. Der Ordnungsdienst macht um 1.30 Uhr Feierabend — bei jedem Fall von Ruhestörung rückt danach die Polizei an. Und wenn alkoholisierte Jugendliche aufgegriffen werden, muss eine Streife sich um sie kümmern — und das städtische Kinderhilfezentrum nimmt sie je nach Zustand zum Teil nicht auf.

Wie die WZ berichtete, ist ein diskutierter 24-Stunden-Notdienst beim Jugendamt für solche Fälle noch immer nicht eingerichtet. Und Ordnungsdezernent Stephan Keller erteilt auch einer längeren Dienstzeit des Ordnungsdienstes eine Absage: „Es wäre unverhältnismäßig.“ Die Zahl der Ordnungswidrigkeiten sei in der Nacht gering.

Auch ein Personal-Plus vom Land für die Zusatzbelastungen der Altstadt ist kaum denkbar: Die GdP hat kürzlich vielmehr gewarnt, dass der Landeshauptstadt bis 2020 sogar 123 Polizisten verloren gehen, weil Pensionierungen nicht in vollem Umfang ausgeglichen werden.