Porträt Emiljana Mihol: Eine Handwerkerin mit Nadel und Faden
Düsseldorf · In ihrem Atelier flickt Emiljana Mihol nicht nur Hosen oder näht Knöpfe an: Sie schneidert auch Kollektionen, eigene und für Designer.
Die Ladentür geht auf und ein Mann kommt herein. Er will eine Hose zur Reparatur abgeben. Emiljana Mihola sagt nur: „Tut mir leid, heute gibt es nur Termine nach Vereinbarung.“ Die Inhaberin des Änderungsateliers Emiljana besteht auf den Ruhetag am Mittwoch. Obwohl es gefühlt an jeder Ecke eine Änderungsschneiderei gibt, ist sie sich sicher, dass ihre Stammkunden Verständnis haben und wiederkommen.
Das Änderungsatelier Emiljana befindet sich auf der Roßstraße 43. Von außen kann man den Laden hinter einer Backsteinfassade schnell übersehen, ein Hingucker sind aber die Stücke ihrer eigenen Kollektion im Schaufenster. Hinter der Ladentheke hängt die Kleidung der Kunden, die zum Teil schon bearbeitet ist. An der Wand warten vielfarbige Garnrollen auf ihren Einsatz. Das Änderungsatelier Emiljana ist eins von mehreren im Viertel. „Vier bis sechs andere gibt es“, sagt Emiljana Mihola. Angst vor der Konkurrenz hat die Inhaberin nicht. „Der Bedarf ist da. Ich habe viele Stammkunden“, sagt die 38-Jährige. Männer kämen öfter als Frauen. „Anzüge waren früher viel weiter geschnitten. Ich passe sie der Mode an und tailliere sie, denn die Stoffe sind meist noch gut“, sagt Emiljana Mihola.
Auch ganz einfache Änderungen gehören zu den Aufträgen
Aber auch einfache Reparaturen gehören zum Handwerk: Das Futter eines Sakkos ist gerissen. Sie setzt zwei Keile ein, so dass die Risse nicht mehr zu sehen sind. Die Preise für eine Änderung sind günstiger, als ein neues Kleidungsstück zu kaufen: Eine Hose kann man für zehn Euro kürzen lassen, ein Kleid ab zwölf Euro. Ein Sakko enger zu machen, kostet je nach Aufwand für die Schneiderin ab 18 Euro aufwärts.
„Frauen bringen Erinnerungsstücke oder gute Sachen und lassen sie umnähen“, sagt Mihola. Zum Beispiel ein schwarzes Designerteil, das „mehr als 1000 Euro gekostet hat“ und nun enger gemacht werden soll. Die gelernte Schneiderin aus Albanien findet, dass die Änderungen eine andere Art von Arbeit sind: „Dabei muss man Ideen entwickeln“, sagt sie. Wenn jemand zum Beispiel ein Loch im Ärmel habe, könne man das mit Abnähern lösen, die auf beide Ärmel genäht werden. Auch Knöpfe näht Emiljana Mihola an: „Ich konnte zunächst gar nicht glauben, dass jemand das nicht selbst kann.“
In ihrer Heimat hatte Mihola acht Jahre lang ein eigenes Atelier. „Da habe ich nur Anfertigungen gemacht, denn in Albanien kann jede Frau selbst die Kleidung reparieren“, sagt Emiljana Mihola. In Düsseldorf ist ihr zweites Standbein das schneidern von Entwürfen – ihren eigenen und den von Designern. Sie näht für das Label Galvan London und arbeitet seit sieben Jahren für die Kölner Designerin Gabriele Koch. „Ich schneidere zwei Kollektionen pro Jahr und fertige alle Nachbestellungen an“, sagt Mihola. Sie habe auch das Angebot, festangestellt als Schneiderin zu arbeiten.
„Ich liebe aber meinen Job, so wie er ist“, sagt Emiljana Mihola. Ihr Anspruch sei, dass sie jeden Menschen kennt, der in ihren Laden kommt. „Ich mag die persönliche Beratung und freue mich, dass meine Kunden sich über die gute Arbeit freuen“, sagt Mihola. Außergewöhnlich war der Auftrag, ein Kleid für einen Transvestiten zu nähen. „Nicht nur die Männerfigur und die breiten Schultern waren eine Herausforderung, auch seine Größe von mehr als zwei Metern“, erzählt sie und holt ein paar Dankesbriefe aus einer Dose, darunter einige von Brautpaaren. Neben Brautkleidern entwirft und verkauft sie ihre eigene Kollektion im Änderungsatelier.
Emiljana Mihola hat schon früh angefangen, eigene Entwürfe zu nähen. „Meine Mutter war Strickerin, ein guter Beruf im kommunistischen Albanien“, erzählt sie. Sobald die Mutter bei der Arbeit war, habe sie sich an die Nähmaschine gesetzt. Ihr erstes Werk, ein schwarzes Oberteil, das mit Pailletten bestickt ist, hängt eingerahmt hinter der Ladentheke. Bei ihren eigenen Entwürfen lässt sie sich von den Stoffen inspirieren und legt dann los. „Ich bin fasziniert von dem Geräusch, wenn Stoff geschnitten wird“, sagt Emiljana Mihola und kündigt an, mit ihrer neuen Kollektion mehr Farbe in die Stadt zu bringen: Der Frühling wird pink, gelb, königsblau und rot.