Bücherei: So viele Neukunden wie nie
Seit diesem Jahr müssen 18- bis 21-Jährige keine Jahresgebühr mehr zahlen. Auch dies ist ein Grund für den Run auf die Bibliotheken.
10 000 Neukunden zählten die Düsseldorfer Stadtbüchereien bis Mitte November (die WZ berichtete). Für den Büchereichef Norbert Kamp eine sehr erfreuliche und auch rekordverdächtige Zahl: „Bis zum Jahresende rechnen wir mit 11 500 Neukunden.“ Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr stellten die Büchereien insgesamt 10 800 neue Ausweise aus.
Mehr als 40 Prozent der neuen Bibliothekskarten wurden an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ausgegeben. Besonders auffällig ist für Kamp jedoch der Zuwachs an Neuanmeldungen junger Menschen zwischen 18 und 21 Jahren. 700 waren es bisher in diesem Jahr, das sind immerhin 40 Prozent mehr im Vergleich zu 2016. Eine naheliegende Erklärung gibt es dafür: Seit dem 1. Januar zahlen 18 bis 21-Jährige (wie auch Kinder und Jugendliche) keine Jahresgebühr mehr. Das ist einzigartig in Deutschland, so Kamp. „Die 20 Euro haben wohl viele in der Altersklasse abgeschreckt, die geben sie lieber für einen Kinobesuch aus“, vermutet Familienvater Kamp. Die Anregung, in dieser Altersklasse auf die Jahresgebühr zu verzichten, sei übrigens vom Jugendrat gekommen, der dies auch für andere kulturelle Einrichtungen vorgeschlagen hatte.
Doch was tun die jungen Leute in der Bücherei, insbesondere in der Zentralbücherei am Bertha-von-Suttner-Platz hinter dem Bahnhof? Nutzen sie hauptsächlich die digitalen Dienste oder die virtuelle Welt der jüngst eröffneten „LibraryLab“ mit Spielen und 3-D-Drucker? Das sei nicht der Fall, weiß Kamp. Bei Befragungen stellt sich immer mehr heraus, dass die jungen Leute in die Bücherei kommen, um alleine oder in Gruppen zu lernen. „Diese Entwicklung unterstreicht, dass die Stadtbüchereien in ihrer Funktion als Bildungsinstitut und Medienvermittler immer stärker nachgefragt werden“, sagt der Büchereichef.
Er geht auch selbst auf seine jungen Kunden zu und fragt sie nach ihren Wünschen an sein Institut. „Letzte Woche haben mir zwei 17-jährige Schülerinnen der Dieter-Forte-Gesamtschule in Eller erzählt, dass sie zu Hause gar nicht die Möglichkeit und die Ruhe haben, zu lernen.“
Doch die Zentralbücherei war einmal als reine Ausleihbücherei konzipiert. Die Räumlichkeiten werden den heutigen Bedürfnissen der Nutzer trotz mehrfacher Umstrukturierungen nicht mehr gerecht. Die Verweildauer der Besucher in der Bücherei und ihre Zahl wachse von Jahr zu Jahr. Mehr als 705 000 waren es im vergangenen Jahr. Deshalb sei es so wichtig gewesen, dass der Stadtrat im Mai den Umzug der Zentralbücherei beschlossen habe. Wie berichtet, wird das Gebäude Konrad-Adenauer-Platz 1 vom Versorgungswerk der Zahnärzte für die Bücherei umgebaut und an die Stadt vermietet.
Im Büro von Norbert Kamp hängen natürlich die Architektenpläne für die rund 12 600 Bücherei-Quadratmeter auf zwei Etagen, dann zentral vor dem Hauptbahnhof. Der Büchereichef ist sicher, dass die Umbauarbeiten für das neue Kulturzentrum im Januar 2018 beginnen. „Die Schlüsselübergabe ist für den 15. Dezember 2020 geplant. Wir würden uns natürlich freuen, wenn es schneller geht“, sagt Kamp.
Von der neuen Bücherei und ihren dann 600 Arbeitsplätzen, Gruppen- und Veranstaltungsräumen und einer separaten Jugendbibliothek hat er auch den beiden Schülerinnen aus Eller erzählt. „Die waren ganz traurig, dass sie dort erst in drei Jahren hingehen können“, erzählt er.
So sehr viele Düsseldorfer die Angebote der Bücherei schätzen, eines wird nach wie vor kritisiert. Das sind die Öffnungszeiten, insbesondere an den Samstagen, wenn die Zentralbücherei nur von 11 bis 14 Uhr geöffnet hat und in den Stadtteilen die Türen schon um 13 Uhr schließen.
Das Problem hat Norbert Kamp im Blick, betont jedoch: „Wir bekommen aber nicht mehr Personal.“ Deshalb werde die neue Zentralbücherei als eine „open library“ konzipiert. Das bedeutet, dass man mit Sicherheitspersonal den Zugang samstags auch länger sicherstellen werde. Das gebe es in den skandinavischen Ländern schon länger. Eine Sonntagsöffnung lasse das Arbeitszeitgesetz nicht zu. Ausnahme sind wissenschaftliche Bibliotheken.
Zurzeit verfolgt der Düsseldorfer Büchereichef ein Experiment in Berlin, das eine Bücherei, wenn das Fachpersonal frei hat, mit Wachpersonal bestückt. Da die Ausleihe und Rückgabe der Medien in der Landeshauptstadt bereits automatisch laufe, müsse das möglich sein. Für Kamp ist es wichtig, vor allem den Familien samstags und sonntags Zugang zur Bücherei zu ermöglichen. Theater seien auch am Wochenende geöffnet, deshalb sei es nicht gut, dass die hochgradig mit Steuergeldern subventionierten Bibliotheken nicht zugänglich seien. Kamp erklärt: „Wir arbeiten da intensiv an kreativen Lösungen.“