Düsseldorf Bürgerdinner in Düsseldorf: Gibt es wahre Liebe auch jenseits der Monogamie?

Beim Bürgerdinner wurde über Beziehungen, Monogamie, Integration und die Möglichkeit, mehrere Partner zu lieben, diskutiert.

Foto: Sergej Lepke

Längst gibt es in unserer Gesellschaft Beziehungsformen, die sich jenseits der konservativen Ehe abspielen. Nicht jeder glaubt heute noch an eine lebenslange, glückliche und monogame Liebesbeziehung. Die Migration von Menschen aus Ländern, die eine völlig andere Sicht auf Beziehungen und die Ehe haben, eröffnet die Frage, was Toleranz bedeutet und wie wir uns Integration eigentlich vorstellen. Gleichzeitig leben unter uns Menschen, die sich von gesellschaftlichen Normen befreien und der Monogamie gänzlich entziehen wollen.

Unter dem Motto „Beziehungsweise - Ehe und Partnerschaft“ lud das Bürgerdinner, das als Koproduktion zwischen Westdeutscher Zeitung und dem Schauspielhaus zum letzten Mal in diesem Jahr stattfand, zum Diskussionsabend ein. Thiemo Hackel vom Jungen Schauspiel, Christof Seeger-Zurmühlen von der Bürgerbühne und Marion Troja von der WZ moderierten den Abend im Zakk, bei dem etwa 100 Teilnehmer über Beziehungen jenseits der Norm diskutierten. Dazu gab es Wein und ein 3-Gänge-Menü von DNS Catering. Für Unterhaltung sorgte außerdem KimchiBrot Connection mit einer Performance, die sich mit Beziehungsvorstellungen der modernen Zeit auseinandersetzte.

Bürgerdinner zum Thema Ehe und Partnerschaft
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Obwohl die lebenslange, monogame Ehe Jahrhunderte lang als Ideal angesehen wurde, werden heute mehr Ehen geschieden als je zuvor. Paartherapeutin Stefanie Leers sagt, Kommunikation und Zärtlichkeit würden bei vielen Paaren mit der Zeit vernachlässigt. „Nach einigen Jahren Beziehung haben Paare oft den emotionalen Kontakt zueinander verloren“, sagt Leers. Kommt es dann zu einer Trennung, kann ein Neuanfang schwer sein.

„Nach einer langen Beziehung wieder jemanden zu treffen, ist heute nicht mehr so leicht wie vor 20 Jahren“, sagt eine Teilnehmerin des Dinners. Hat man einen Partner, dann sollte man vor allem ehrlich zueinander sein. Frisst man alles nur in sich hinein, so kann einen irgendwann schon die ausgequetschte Zahnpastatube auf die Palme bringen, so Leers.

Es gibt Männer, denen eine Frau nicht genügt. Dies berichtet Bardia Rousta. Der aus dem Iran stammende Schauspieler und Regisseur erklärt den Unterschied zwischen Mann und Frau in der muslimischen Welt: „In der Ehe besitzt der Mann die Frau. Nach islamischem Recht darf er bis zu vier Ehefrauen zugleich besitzen. Das gilt natürlich nicht andersherum.“ Angesichts der hohen Migration von Menschen aus muslimischen Ländern stellt sich für Rousta die Frage, wie wir mit solchen interkulturellen Unterschieden in Zukunft umgehen wollen. Wie steht es um die Toleranz des Westens gegenüber einer völlig anderen Art von Ehe? Und wie wollen wir mit einem Mann umgehen, der mit vier Frauen nach Deutschland kommt?

Am Ende ist es eine Frage der Integration, denn es sei nicht einfach, die europäische Kultur anzunehmen, wenn man in einem muslimischen Land aufgewaschen ist. Doch ein junger Mann, der ebenfalls aus dem Irak stammt, sagt: „Viele Menschen im Iran versuchen, so westlich zu leben wie möglich. Radikales muslimisches Denken findet in Deutschland mehr statt als dort.“ Eine Teilnehmerin fasst die Diskussion so zusammen: „Ich finde, Toleranz ist unglaublich wichtig. Doch für solche Fragen haben wir bereits eine Verfassung und die sieht keine vier Ehefrauen pro Mann vor.“

Von einer sehr modernen Form der Beziehung berichtet Steffen Seth Prohn. Der Designer und Fotograf gründete 2016 den Düsseldorfer Stammtisch für Polyamorie. Polyamore Menschen lieben mehr als nur einen Partner. Wenn man das Bedürfnis ablegt, den Partner zu besitzen, dann bringe das eine völlig neue Art von Freiheit. Und auch Paartherapeutin Stefanie Leers bestätigt: „Besitzansprüche an den Partner können eine Beziehung sehr belasten.“ Anders als bei den muslimischen Männern kann in diesem Modell auch eine Frau vier Männer lieben, jedoch ohne sie zu besitzen.

Mit seiner Sicht auf die Dinge stößt Prohn bei den Teilnehmern des Dinners auf reges Interesse, aber auch auf völlige Verwunderung. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass so eine Liebe Bestand hat“, stellt dazu eine Teilnehmerin fest. „Liebe sollte doch etwas Besonderes zwischen zwei Menschen sein“, sagt eine andere.

Doch Prohn glaubt, dass die Polyamorie und nicht die Monogamie der Naturzustand des Menschen ist: „Die Liebe ist kein Kuchen, der weniger wird, wenn man ihn teilt.“