Christoph Blume: „Das Kofferproblem ist gelöst“
20 Millionen Passagiere erwartet Christoph Blume, Sprecher der Geschäftsführung am Flughafen, in diesem Jahr.
Herr Blume, wie sind Sie bisher mit dem Jahr 2011 zufrieden?
Christoph Blume: Wir haben ein außerordentlich erfolgreiches Jahr hinter uns, verkehrlich das beste in der Geschichte des Flughafens. Wir erwarten erstmals über 20 Millionen Passagiere.
Was sind dafür die Gründe?
Blume: Der Zuwachs hat hauptsächlich mit der Entwicklung des Drehkreuzes zu tun. Die beiden größten Fluggesellschaften in Düsseldorf, Air Berlin und Lufthansa, verzeichnen starkes Wachstum bei den Umsteigepassagieren — bei interkontinentalen Flügen, aber auch innereuropäisch. Insgesamt zählen wir jetzt über zwei Millionen Umsteigepassagiere, das ist ein Anteil von elf Prozent am Gesamtaufkommen. Unser Ziel sind 15 Prozent, das können wir in drei oder vier Jahren erreichen.
Lufthansa will Air Berlin in Düsseldorf überholen.
Blume: Wir haben in den letzten Jahren eine gute Wettbewerbssituation geschaffen. Dieses Jahr legt Lufthansa um zwölf bis 13 Prozent zu, Air Berlin auf etwas höherem Niveau um sechs. Bis heute liegt Air Berlin in diesem Jahr bei mehr als 6,5 Millionen und Lufthansa bei über fünf Millionen Passagieren.
Welche Folgen hat bislang die Luftverkehrsabgabe?
Blume: Am stärksten sind der innerdeutsche sowie der Low-Cost-Verkehr betroffen. Wenn Sie in Deutschland einen Hin- und Rückflug gebucht haben, zahlen Sie knapp 20 Euro für die Luftverkehrsabgabe. Bei den Billigfliegern, die ja am Ticket nur drei oder vier Euro verdienen, sind die Zusatzkosten ein Schlag ins Kontor.
Deswegen hat Ryanair in Weeze, Hahn und an anderen Standorten Kapazitäten herausgenommen. In Düsseldorf hat sich die Zahl der niederländischen Kunden reduziert, in den ersten drei Quartalen um rund 50 000. Die Menschen aus grenznahen Regionen suchen sich halt die günstigeren Angebote in Maastricht, Eindhoven oder Amsterdam. Das war auch der Grund, warum die Niederlande die Luftverkehrsabgabe ausgesetzt haben.
Auf welchen Strecken gibt es aktuell die meisten Zuwächse?
Blume: Moskau ist mit einem Passagierplus von mehr als 30 Prozent sehr beachtlich, Barcelona kommt auf 20, Antalya auf 15 und Istanbul auf zwölf Prozent Zuwachs.
Zuletzt gab es viele Beschwerden über den Flughafen, weil die Menschen abends bis zu zwei Stunden auf ihre Koffer warten mussten. Sie kündigten an, für mehr Personal sorgen zu wollen.
Blume: Wir haben das Problem jetzt im Griff. Eigentlich haben die Airlines Verträge mit privaten Dienstleistern, aber der Flughafen selbst hat nun eine Eingreiftruppe geschaffen, die für Abhilfe sorgt. Im November hat sich die Situation dadurch erheblich verbessert und wir können unseren Passagieren wieder einen guten Service am Gepäckband bieten. Der Flughafen verfügt mit seiner 100-prozentigen Tochter Flughafen Düsseldorf Ground Handling über einen solchen Dienstleister.
Wie geht es mit dieser Tochter weiter, wo klar ist, dass mit Air Berlin 2013 der größte Kunde abspringt?
Blume: Die Hälfte des Umsatzvolumens geht verloren, so dass wir Personal reduzieren müssen. Rund die Hälfte der mehr als 800 Mitarbeiter wird abgebaut werden. Dies soll zunächst sozialverträglich erfolgen, wir gehen aber auch von betriebsbedingten Kündigungen aus. Wir können uns vorstellen, Kontakte zu Wettbewerbern herzustellen und Minderverdienste unserer ausscheidenden Mitarbeiter etwa über eine Prämie abzupuffern — in der Hoffnung, dass es möglichst viele Übernahmen gibt. Die Arbeit fällt ja am Flughafen weiterhin an. Wir investieren 50 Millionen Euro in den Umbau der Tochterfirma und müssen allein dieses Jahr zehn Millionen Euro Verlust ausgleichen.
Ihre Ground Handling-Tochter ist bis zu 30 Prozent teurer als die Konkurrenz. Nun stehen Kündigungen an. Ließ sich das nicht vermeiden?
Blume: Nein, denn die Airlines entscheiden sich in der Regel für das günstigste Angebot. Allerdings war nicht die Tarifsituation allein entscheidend, sondern auch die fehlende Flexibilität der Arbeitszeit. Jahresarbeitszeitkonten wären beispielsweise ein gutes Instrument gewesen, um unterschiedlichen Bedarfen des Luftverkehrs zu entsprechen. Da gab es bei den Arbeitnehmern wenig Bereitschaft, die Arbeitszeit an die Bedürfnisse der Airlines anzupassen.
Der Flughafen hat angekündigt, weiter in den Ausbau des Drehkreuzes zu investieren. Was ist genau vorgesehen?
Blume: Wir stecken mitten im Umbau der Gepäckförderanlage, bei der auch eine Verbindung zwischen den Gepäckkellern unter den Flugsteigen B und C entsteht. Das allein ist ein Volumen von 60 Millionen Euro und sichert die kurze Umsteigezeit von maximal 35 Minuten — für die Passagiere ein Vorteil, weil sich ihre Gesamtreisezeit verringert. Und so, wie wir zwischen den Flugsteigen B und C luftseitig für Umsteigepassagiere einen Verbindungsgang geschaffen haben, bauen wir einen solchen zwischen B und A. In den vergangenen Jahren haben wir mehr als 400 Millionen Euro in das Drehkreuz investiert. Hiervon hat die gesamte Wirtschaftsregion Düsseldorf profitiert.
Sie haben bereits viel Geld in den Flugsteig A gesteckt, wo die Lufthansa beheimatet ist.
Blume: Dort investieren wir weiter und erhöhen die Zahl der Bus-Gates. Wir verlegen zudem die Senator-Lounge aufs Dach, um Platz für weitere neue Gates zu erhalten.
Im September haben Sie auf einer Veranstaltung der IHK als grundlegende Voraussetzung für die weitere Entwicklung des Drehkreuzes Düsseldorf die mittelfristige Anpassung der Betriebsgenehmigung genannt. Reicht die Zahl der genehmigten Slots (Starts und Landungen) nicht mehr aus?
Blume: In den vergangenen Jahren ist das Wachstum hauptsächlich über den Einsatz größeren Fluggeräts gelaufen. Die durchschnittliche Zahl von Passagieren pro Flug ist um vier auf 97 gestiegen. Das kann im Prinzip so weitergehen, viele Airlines haben noch kleineres Fluggerät im Einsatz. In den Spitzenzeiten ist die Genehmigungslage allerdings eng.
Abhilfe könnte werktags eine parallele Nutzung der beiden Bahnen mit zusätzlichen Flugbewegungen bringen. Dies widerspricht nicht dem Angerlandvergleich. Fakt ist, dass Nordrhein-Westfalen eine weiter verbesserte internationale Anbindung braucht, um als Wirtschaftsstandort langfristig attraktiv zu bleiben. Diese Funktion kann nur Düsseldorf als größter Flughafen in NRW übernehmen.