Sportgeschichte Das erste „Geisterspiel“ im Düsseldorfer Rheinstadion
Düsseldorf · Vor 60 Jahren kam es in Düsseldorf unter Ausschluss der Zuschauer zu einer Partie zwischen den Fußball-Olympiateams der Bundesrepublik und der DDR.
Es waren gespenstische Szenen, die sich heute vor genau 60 Jahren, am 23. September 1959 vor dem Düsseldorfer Rheinstadion abspielten. Hundestaffeln der Polizei bewachten das Stadion vor möglichen Störern, die es nicht geben durfte. Denn auf dem grünen Rasen fand ein politisch hochbrisantes Fußballspiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit zwischen der BRD und der DDR satt. Wahrscheinlich das erste Geisterspiel in der Fußball-Geschichte. Lediglich ein paar Funktionäre, Kameraleute und Journalisten waren Zeitzeugen dieser historischen Begegnung und genossen die besten Plätze.
Es ging darum, welches Team an der Qualifikation für die Olympischen Spiele 1960 in Rom teilnehmen durfte. Weil sich der DFB und der DFV nicht auf eine gemeinsame Mannschaft einigen konnten, sollten zwei Qualifikationsspiele für eine Entscheidung sorgen. Das erste am 16. September im Walter-Ulbricht-Stadion in Ost-Berlin und das zweite im Düsseldorfer Rheinstadion. Der Spielort wurde so lange wie möglich geheim gehalten. Selbst Journalisten wussten im Vorfeld nicht Bescheid. Sie wurden alle nach Duisburg einbestellt und dort wurde ihnen erst der Spielort mitgeteilt. Anschließend wurden sie in Bussen nach Düsseldorf gebracht.
Sportlich setzte sich das DFB-Team mit zwei Siegen durch
Sportlich war die Sache eine klare Angelegenheit. Das Hinspiel in Ost-Berlin gewann die DFB-Elf nach einem Eigentor von Fischer und einem Treffer von Gert „Charly“ Dörfel mit 2:0. Dörfel feierte übrigens am vergangen Mittwoch auf Mallorca seinen 80. Geburtstag.
Das Spiel in Düsseldorf endete 2:1 für die DFB-Auswahl. Nach einem 0:1-Rückstand durch einen Handelfmeter, verwandelt von Schröter ja, das gab es damals auch schon, gelang Thimm in der 33. Minute der Ausgleich und Wilkening in der 65. Minute der Siegtreffer. Durch diese beiden Siege wurde eine dritte Partie hinfällig. Ein Segen für die Sportpolitiker. Und das, obwohl in der DFB-Auswahl reine Amateure standen und auf Seiten des DFV die sogenannten Staatsamateure. Daher war die DFV-Auswahl im Vorfeld auch Favorit gewesen.
In beiden Partien stand mit Matthias „Matthes“ Mauritz auch eine Fortuna-Legende auf dem Platz. Von 1945 bis 1960 absolvierte er insgesamt 760 Spiele für die Rot-Weißen. Dabei traf er 108 Mal das Tor, darunter 297 Spiele in der Fußball-Oberliga West mit 44 Treffern.
Die Stimmung auf dem Spielfeld war ziemlich frostig. „Es habe keinerlei Kontakt zu den Spielern aus der westdeutschen Auswahl gegeben“, sagte DDR-Spieler Bringfield Müller viele Jahre später zu einer Zeitung. Mannschaftsfotos wurden nicht gemacht und die Hymnen der beiden Länder wurden auch nicht gespielt
Ursprünglich war einmal angedacht, in zwei Sichtungsspielen die besten Spieler für eine Mannschaft auszusuchen. Doch in einer gemeinsamen Sitzung am 17. April 1959 in München lehnte der DFB ein solches Ansinnen ab. In einem gemeinsam verabschiedeten Kommunique heißt es: „Die Vertreter des DFB vertreten den Standpunkt, dass öffentliche Sichtungsspiele als Beginn des Aufbaus einer Olympiamannschaft nicht zweckmäßig sind und das Ergebnis solcher Spiele nicht die Grundlage für die Auswahl eines Olympiateams bilden kann.“ Es wurde vereinbart, weitere Beratungen zur Klärung der Standpunkte zu führen. Die Standpunkte wurden aber nie geklärt.
Robert Becker vom Kicker schrieb damals: „Es ist eine Frage, ob die Wünsche, die beim Sieger auf spielerischen Gebiet offen geblieben sind, von den Besten des Verlierers erfüllt würden. Fußball-Mannschaften stellen sich nicht nach Ranglisten auf, sondern wachsen zusammen. Und zumindest dieser Forderung wurde unsere DFB-Elf gerecht. Was Betreuer Schorch Gawliczek hier im Eiltempo schuf, ermuntert uns, auch an die Zukunft dieser Mannschaft zu glauben.“ Damit hatte er allerdings unrecht, denn in den Qualifikationsspielen gegen Polen und Finnland schied die DFB-Elf aus und es fuhr keine deutsche Mannschaft zu Olympia.