Das Proberaum-Problem: Zu wenig Platz für zu viele Bands
Wenn der Bunker in Lierenfeld schließt, gibt es noch weniger Proberäume. Dabei herrscht schon Mangel — und viele Räume sind auch in schlechtem Zustand.
Düsseldorf. Es sind steile Treppen, die in die Unterwelt des Flingeraner Proberaumkomplexes führen. Bunte Graffiti leuchten von den Wänden, lange Rohre hängen unter der tiefen Decke. Hinter den Türen sind feuchte Wände, Schimmel und ein fauler Geruch.
Schwer vorstellbar, dass junge Musiker dafür zehn Euro pro Quadratmeter im Monat hinblättern müssen. Heute nimmt sich der Kulturausschuss des Problems an. Denn mit dem Bunker am Gatherweg 98 wird zum 31. März ein großer Komplex geschlossen, der zurzeit Proberäume beherbergt. Die WZ berichtete ausführlich am 20. Dezember.
Die Proberaum-Situation in Düsseldorf ist schon länger ein umstrittenes Thema. Eine Umfrage des Kulturamtes unter lokalen Bands sorgte zuletzt ebenso für Diskussionsstoff wie eine Gesprächsrunde auf der neuen Musikmesse „New Düsseldorf Pop“. Der Andrang dort war riesig.
Hohe Preise für schlechte Immobilien und zu wenig Räume, lautete das Urteil der Musiker. Clara Deilmann, Vorsitzende des Musikbeirats und für die Grünen im Kulturausschuss, gibt den Künstlern Recht: „Die Situation ist nicht einfach. Deshalb arbeiten wir an vielen Ecken und Kanten.“
Eine Ecke, die Verbesserung dringend nötig hat, liegt in Flingern, in einem privaten Komplex mit etwa 50 Proberäumen: Eine Wasserlache zieht sich durch den Gang. Das Urinal geht direkt vom Flur ab, weder Tür noch Vorhang trennen den Raum vom Gang. Die Wände sind verschmiert, das Waschbecken mit Kippen und Papiertüchern verstopft.
„Ich weiß nicht, wann hier zuletzt geputzt wurde“, sagt Carsten Johannisbauer, Musiker und Mitglied der Freiraum-Bewegung, einem Zusammenschluss von Menschen aus der freien Kulturszene. „Teilweise ist es hier so verdreckt, dass wir zur Frauen-Toilette gehen.“ Quadratmeterpreis für diese Immobilie: laut Johannisbauer ca. zehn Euro im Monat.
Unterstützung kommt jetzt vom Musikbeirat. Das Gremium hat 4000 Euro für eine Untersuchung der Düsseldorfer Proberäume bereitgestellt. Das Zakk und der Veranstalter des Open Source Festivals sollen prüfen, in welchen Stadtteilen Bedarf besteht.
„Dabei werden auch städtische Töchter wie die Messe oder der Flughafen befragt, ob Raum zur Verfügung steht“, erklärt Kulturdezernent Hans-Georg Lohe. Denn durch die Situation am Gatherweg habe sich das Problem verschärft. Deshalb wird auch geprüft, ob eine Kooperation mit privaten Investoren möglich ist.
Philipp Maiburg, künstlerischer Leiter des Open Source Festivals, ist an der Proberaum-Recherche beteiligt. Als Mitglied der Phoneheads kennt er die Probleme der Nachwuchsmusiker. Maiburg: „Unser Bandname ist der Proberaum-Situation geschuldet.“ Denn als er Mitte der 90er Jahre zusammen mit Michael Scheibenreiter begann, waren sie Untermieter des „Ata tak“-Labels (Fehlfarben, Pyrolator).
„Dort stand uns nur ein offener Raum zur Verfügung — deshalb mussten wir mit Kopfhörern produzieren. Daher der Name Phoneheads.“ Auch Volker Bertelmann alias Hauschka, heute international erfolgreicher Künstler am präparierten Klavier, hatte früher Probleme, geeignete Probenräume zu finden: „Man will kreativ sein, aber hat nicht viel Geld und sucht einen guten, trockenen und sicheren Raum, der günstig ist und genügend Platz bietet. Es ist immer ein langes Suchen — und vielleicht ein glückliches Finden.“
Nadja Creutz von den Kitsch Cats ist in Unterbilk fündig geworden. Vor gut zwei Jahren ist sie mit ihrer Band aus dem Komplex in Flingern Richtung Unterbilk „geflohen“.
In die neue musikalische Heimat — die ebenfalls privat vermietet wird, hat die Band viel Arbeit gesteckt. Rote Teppiche an den Wänden, eine Lichterkette um das dicke Rohr unter der Decke und zwei schwere Sofas an den Seiten: „Ein Schmuckstück im Vergleich zum alten Raum — aber eben immer noch feucht.“
Joahnnisbauer: „Durch die Feuchtigkeit geht ein Kanal des Mischpults pro Woche kaputt.“ Er weiß, dass solche Zustände nicht von jetzt auf gleich verändert werden können. Sein Vorschlag: ein runder Tisch mit Musikern, Vermietern und Verantwortlichen der Stadt. „Schließlich muss endlich etwas geschehen.“