Der NS-Geschichte auf der Spur

Mit 300 000 Euro unterstützt der Bundesrechnungshof die Forschung von Prof. Hans-Peter Ullmann vom Historischen Institut.

Foto: Bundesrechnungshof

Köln. „Nach wie vor wissen wir zu wenig darüber, welche Rolle der Reichsrechnungshof im nationalsozialistischen Unrechtsstaat gespielt hat. Ich schätze es sehr, dass die Uni Köln diese Geschichte jetzt neu aufarbeiten und auch der wichtigen Frage nachgehen möchte, ob es in die junge Bundesrepublik hinein personelle Kontinuitäten beim Bundesrechnungshof gegeben hat,“ sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, bei der Übergabe der Finanzierungszusage.

Die Unabhängigkeit von Rechnungshöfen ist Ausgangspunkt und Grundlage ihrer Arbeit, ihrer Glaubwürdigkeit und ihres Erfolgs. Sie ist Voraussetzung für eine effektive externe staatliche Finanzkontrolle. Das galt auch schon in der Weimarer Republik. Der damalige Rechnungshof des Deutschen Reiches war der Reichsregierung gegenüber selbstständig und nur dem Gesetz unterworfen. Dies änderte sich mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten.

Schon im Jahr 1933 verlor der Reichsrechnungshof wichtige Kompetenzen. Wie sich die Institution dann weiterentwickelt und welche Rolle sie im NS-Regime gespielt hat, ist bis heute nur bruchstückhaft überliefert. Denn das Bild des Rechnungshofes bis 1945 wird nach wie vor durch rechts- und verwaltungsgeschichtliche Studien auf einer eher schmalen Materialgrundlage bestimmt.

Prof. Hans-Peter Ullmann vom Historischen Institut der Uni Köln will mit seinem Forschungsvorhaben „Der deutsche Rechnungshof im Wechsel der politischen Systeme des 20. Jahrhunderts“ diese Geschichte neu erarbeiten: auf breiter Quellenbasis und epochenübergreifend — ausgehend von der frühen Weimarer Republik bis in die 1960er-Jahre der Bundesrepublik. Sein Ansatz will über die bisherige klassische Verwaltungsgeschichte hinausführen und die Entwicklung der Institution im jeweiligen historischen Kontext erforschen.

Dabei will Ullmann auch der Frage nachgehen, wie — mit welchen Methoden —, was — welche Institutionen — und mit welchem Ergebnis die externe Finanzkontrolle in den verschiedenen Epochen geprüft hat. Um ein umfassendes Bild des Rechnungshofs in den beschriebenen historischen Epochen zu erhalten, wird Ullmann auch auf Dokumente aus internationalen Archiven wie in Prag, Moskau, London und Washington zurückgreifen.

Das Forschungsprojekt ist auf vier Jahre angelegt und wird über eine Zuwendung des Bundesrechnungshofes in Höhe von 300 000 Euro finanziert. Die Ergebnisse werden in Form einer Monographie veröffentlicht.

Forschungsschwerpunkte Ullmanns sind die Reformzeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts und die Zeit des deutschen Kaiserreichs. Besondere Interessen liegen im Bereich der Interessenverbände und der Geschichte der öffentlichen Finanzen im 19. und 20. Jahrhundert. Ihm wurde 2013 der Universitätspreis der Uni Köln verliehen.