Düsseldorf Die Düsseldorfer Grünen sind hochprofessionell, aber leise
Auf Landesebene und in der Ampelkooperation spielen die Grünen eine wichtige Rolle. Das kommt bei den Wählern aber nur bedingt an.
Düsseldorf. Der Besuch eines Grünen-Parteitags in Düsseldorf ist nicht leicht, aber lehrreich. Er vermittelt einen vollständigen Eindruck von der Lage in Partei und Fraktion, Land und Stadt: Da werden gleich zu Beginn Angebote vorgestellt für Mitglieder, die gerne ihren Auftritt professionalisieren wollen. In den Bewerbungen für Parteiämter gibt es dann Kandidatinnen, die sagen, sie hätten es innerhalb eines Jahres leider nicht geschafft, alle Stadtbezirksverbände zu besuchen, und sie würden dies gerne in einer zweiten Amtszeit versuchen - und die tatsächlich gewählt werden. Und da sind die Menschen an den hinteren Tischen, die murmeln „Wäre ja schön, wenn wir mal wieder diskutieren würden“ und die Menschen an den vorderen Tischen, die darauf angesprochen sagen „Ich hab’ nichts gehört.“
Die Grünen haben ein abwechslungsreiches Jahr 2017 hinter sich. Bei der Landtagswahl im Mai wurden sie heftig bestraft, zunächst flogen zwei der bis dahin drei Abgeordneten aus dem Parlament (Stefan Engstfeld kehrte im Mai 2018 als Nachrücker zurück). Bei der Bundestagswahl im September erreichten sie auch gemessen an der NRW-Pleite ein sehr anständiges Ergebnis und verloren damit den Anlass, Lehren aus dem Mai zu ziehen.
Bei den Düsseldorfer Grünen ist das Bild umgekehrt zu den beiden Wahlausgängen. In Berlin sind keine Politiker auf der NRW-Landeshauptstadt vertreten, das höchste der Gefühle auf dieser Ebene ist ein Selfie mit dem neuen Parteivorsitzenden Robert Habeck. Im Land sind die Düsseldorfer dagegen sehr stark. Sie stellen die Partei- und die Fraktionsvorsitzende (Mona Neubaur, Monika Düker), Rückkehrer Engstfeld hat dank seiner sieben Jahre im Parlament einen fliegenden Start hingelegt und spielte sofort wieder eine wichtige Rolle. Alle drei haben reichlich Erfahrung im Umgang mit all den Gremien, Runden, Leuten und agieren dort geschickt. Ein für die Bürger greifbares Ergebnis ist dabei schwer zu erkennen.
Ganz so kompliziert ist die Lage für die Fraktion im Stadtrat nicht, deshalb wirken die Grünen dort auch nicht so leise. Die Ratsfraktion ist gut organisiert und hat auch in der zweiten Reihe gute Leute. In der Arbeit der Ampel-Kooperation konnte sie ihre Positionen zunächst nicht deutlich machen, ähnlich wie bei der FDP hat mehr Intensität in den Debatten für mehr Wahrnehmung gesorgt. Die Grünen haben wesentlich den Protest gegen das Ed-Sheeran-Konzert geführt, sie sind auch jetzt in der Debatte um den Namen „Merkur-Spielarena“ deutlich zu hören. Die größte Schwierigkeit für die Fraktion könnte Oberbürgermeister Thomas Geisel darstellen: Die Fortschritte für Rad, Bahn und Bus könnten bei der Kommunalwahl 2020 ihm zugerechnet werden. Die Öffentlichkeit sieht vor allem ihn bei den Terminen zu den Fortschritten.
Ein großer Trumpf der hiesigen Grünen leitet eine der wichtigsten Behörden der Stadt: Miriam Koch. Auch wenn sie die Arbeit für Migration und Integration politisch neutral leistet, gibt es keine andere Amtsleitung, die so eindeutig mit einer Partei verbunden wird. Koch war bei der Kommunalwahl 2014 die OB-Kandidatin der Grünen, das heißt, alles, was in der Düsseldorfer Flüchtlingspolitik gut läuft, wird über sie der Partei zugutegehalten. Mindestens von der eigenen Kernwählerschaft.
Die Grünen als Ganzes haben lange mit dem Phänomen des Ergrauens zu tun gehabt. Auf allen Ebenen saßen trotz aller Vorkehrungen in den Parteistatuten noch lange die Vertreter der ersten Generation. Inzwischen ist der Wechsel auf allen Ebenen weitgehend vollzogen. In Düsseldorf hat Günter Karen-Jungen sein Amt als Bürgermeister abgegeben, Nachfolger Wolfgang Scheffler wird es nach jetzigem Stand nur bis zur Kommunalwahl 2020 bekleiden. Dann sollen die Jüngeren machen. Die sind allerdings schon so lange dabei, dass sie bisweilen nicht mehr so gut hören.