SPD hat im Rathaus das Sagen — aber nur auf dem Papier
In der Ratsfraktion mangelt es an starken Persönlichkeiten, im Ampel-Bündnis wird die SPD als größter Partner oft überspielt. Und in Land und Bund haben Genossen aus Düsseldorf auch nicht mehr viel zu melden.
Düsseldorf. Kommunalpolitisch steht die Düsseldorfer SPD ganz gut da. Auf dem Papier. Denn da führt sie das regierende Ampel-Bündnis im Stadtrat (mit Grünen und FDP) an und stellt mit Thomas Geisel den Oberbürgermeister. Und die 29,3 Prozent, die die Genossen bei der Kommunalwahl 2014 einfuhren, wirken in Zeiten, in denen die SPD im Bund unter die 20- Prozent-Marke gestürzt ist, beachtlich. Doch die politische Realität ist eine andere.
Wirklich viel zu melden hat die SPD im Rathaus nicht. Gewiss, Geisel ist der Chef von Rat und Verwaltung. Und mit Stadtdirektor und Multi-Dezernent Burkhard Hintzsche stellt die SPD zudem einen sehr starken zweiten Mann im Rathaus; auch die neue Kämmerin Dorothée Schneider hat sich gut etabliert. Doch Geisel bekommt sowohl von der Opposition (CDU, Linke) als auch von den Ampel-Partnern FDP und Grüne regelmäßig starken Gegenwind zu spüren. Während die SPD ihrem OB recht loyal, aber ohne allzugroße Zuneigung begegnet. „Napoleon IV.“ wird Geisel da schon mal genannt, was sich unter anderem auf den Hang des OBs zu Alleingängen bezieht. Umgekehrt erledigt Geisel zwar tapfer seine Parteiverpflichtungen, begeistert indes ist er nicht gerade von den Genossen in Fraktion und Partei — auch nicht von denen in Führungspositionen.
Tatsächlich agiert die Ratsfraktion insgesamt unauffällig und unambitioniert. Das fängt bei Fraktionschef Markus Raub an, einem intelligenten, sympathischen Mann; er hält die Fraktion und das Ampelbündnis gut zusammen, aber einen Führungsanspruch hat er noch nie ausgestrahlt. Auch in der Sache fällt einem kaum etwas ein, was originär auf sein Bestreben zurückgeht.
Und dieser Befund gilt mehr oder weniger für die ganze Ratsfraktion. Selbst professionelle Beobachter der lokalen Politik müssen ihr Hirn martern, wenn sie sagen sollten, wofür die SPD im Rathaus genau steht, was sie an größeren Projekten in der Ampel angestrebt und durchgesetzt hat.
Wenn man sich die Reihen der 24 Fraktionsmitglieder anschaut und sie mit früheren Ratsmannschaften der SPD vergleicht, fällt einem der Qualitätsverlust auf. Es mangelt an intellektuell starken, erfahrenen und zugleich kommunalpolitisch ehrgeizigen Köpfen. In kaum einem Fachausschuss stellt die SPD den Vordenker oder Taktgeber, meistens verfügen die CDU (bisweilen aber auch Grüne und FDP) über die stärkeren Persönlichkeiten. Ein paar Ausnahmen gibt es natürlich, Frank Ulrich Wessel ist ein — auch strategisch — sehr guter Geschäftsführer; Martin Volkenrath bei Verkehr und Ordnung vorne dabei; Bürgermeisterin Klaudia Zepunkte im Sozial-, Ursula Holtmann-Schnieder im Jugendbereich, Matthias Herz beim Thema Wohnen. Hoffnung macht mit Oliver Schreiber auch ein Newcomer im Schulausschuss. Man könnte noch Philipp Tacer in der Umweltpolitik nennen, aber gerade der steht eher für ein personelles Grundproblem der Partei: Wer etwas auf sich hält, strebt in der SPD in die „höhere“ Politik, der will am liebsten in den Bundes-, notfalls auch in den Landtag. Oder zunächst als Referent auf diesen Ebenen einsteigen. Die Kommunalpolitik gilt da wenig und wird eher als Durchgangsstation angesehen.
Und die Partei insgesamt? Da sieht es nicht viel besser aus. Landtags- und Bundestagswahl 2017 endeten desaströs, kein einziges der sechs Direktmandat (vier für den Land- zwei für den Bundestag) konnten Sozialdemokraten gewinnen, unterm Strich stand ein 0:6 gegen die CDU. Nur mit viel Glück rutschten Parteichef Andreas Rimkus (Bundestag) und Markus Weske (Landtag) über die Reservelisten noch in die Parlamente. Natürlich hatten die schlechten Ergebnisse viel mit der Krise der Bundes-SPD zu tun; allerdings lag das Düsseldorfer Ergebnis bei der Landtagswahl sogar 4,6 Prozentpunkte unter dem NRW-Resultat; bei der Bundestagswahl holte die SPD in der Stadt minimal mehr als in Deutschland (0,7 Prozentpunkte). Rimkus ist dennoch ziemlich unumstritten, nicht zuletzt deshalb, weil er die — zuvor lange zerstrittenen — Partei geeint hat.
Die weggefallenen Mandatsträger tun der Partei vor Ort weh, nicht zuletzt finanziell, denn jeder Abgeordnete zahlt etwas von seinen Diäten in die Parteikasse daheim. Immerhin verzeichnete die SPD beim Mitgliedervotum zur Großen Koalition (nicht nur deshalb) einige Neueintritte. Und: Die Jusos sind viel aktiver als vor ein paar Jahren, was durchaus frischen Wind produzierte, wie sich bei den letzten beiden Parteitagen zeigten.