Die Unfall-Ermittler sichern Spuren wie nach einem Mord
Eine Spezialistentruppe der Polizei enträtselt seit drei Jahren Unfälle mit moderner Technik.
Düsseldorf. An der Wand über dem Besprechungstisch hängt ein Brief. Ein Vater bedankt sich für die akribische Aufklärungsarbeit des Unfallaufnahmeteams der Düsseldorfer Polizei. Sein Sohn war bei einem schweren Unfall ums Leben gekommen. Jetzt, da er genau wisse, was sich in jener Nacht zugetragen hat, könne er zumindest wieder Schlaf finden. „Das ist mir ganz, ganz wichtig“, erklärt Gundolf de Riese-Meyer, der das Team leitet. „Den Angehörigen zu erklären, was passiert ist. Denn das wollen ausnahmslos alle wissen.“
Seit drei Jahren hat die Düsseldorfer Polizei die spezialisierte Truppe für die Unfallaufnahme. „Wir decken 365 Tage, 24 Stunden ab“, sagt de Riese-Meyer. Das Ziel: „Wir versuchen, den Unfall mit unserer Technik einzufrieren.“ Und das in einem Raum, der anders als der Tatort eines Verbrechens nicht versiegelt werden kann, sondern schnellstmöglich wieder frei sein muss.
Dass nicht jede Streifenwagenbesatzung das leisten kann, was das Spezialteam vor Ort an Repertoire abruft, macht die Ausrüstung seiner beiden Fahrzeuge rasch deutlich. Auf dem Dach ist eine ausfahrbare Plattform angebracht, um die Spurenlage aus der Vogelperspektive abzufotografieren. Spurentafeln markieren dabei entdeckte Spuren am Unfallort, ein ausfahrbarer LED-Scheinwerfer ermöglicht diese Arbeit auch bei Nacht. Mit Hilfe von Spurensicherungsfolien und einem kleinen digitalen Mikroskop können die Beamten vor Ort zudem rasch feststellen, ob eine Beule am geparkten Auto tatsächlich von einem anderen Wagen verursacht wurde — oder ob der vermeintlich Geschädigte nicht doch vorher mal einen Poller geschrammt hat. Laut de Riese-Meyer gibt es in Düsseldorf immerhin 180 bis 300 vorgetäuschte Unfallfluchten im Jahr.
Aber auch DNA-Proben nimmt das Unfallteam. Und neuerdings verfügt es sogar über ein Luxmeter, um zeitnah am Unfallort die Lichtverhältnisse zu messen. Es gehe darum, die Sachbeweise zu sichern wie nach einem Kapitalverbrechen, sagt de Riese-Meyer. „So erfolgt jetzt die zivilrechtliche Regelung in weniger als einem Jahr. Das ist schon ein Erfolg.“ Denn es bedeutet: Wer Opfer eines Verkehrsunfalles wurde, erhält dafür dann auch seine Entschädigung. De Riese-Meyer: „Das ist praktizierter Opferschutz.“