Düsseldorfer Schulen Mutter setzt sich für mehr Sprachenvielfalt ein

Düsseldorf · Kinder mit der Muttersprache Französisch können bisher nur an der französischen Schule die Sprache besser lernen. Das könnte sich ändern – dank der Initiative einer Mutter, die sich für den herkunftssprachlichen Unterricht einsetzt.

Die Französin Céline Schindler – hier mit ihrem Sohn Richard (6) – macht sich für die Einführung einer weiteren Sprache stark.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Die ersten Jahre im Französisch-Unterricht behandeln oft Grundlegendes: Wie heißt du, wie alt bist du, wo kommst du her? Für Kinder, deren Muttersprache französisch ist, ist das natürlich zu leicht. So wie Kinder mit deutsch als Muttersprache Deutschunterricht benötigen, brauchen auch Kinder mit Französisch als Muttersprache Unterricht, um vor allem Grammatik und Schreibweisen zu lernen. Dafür gibt es den sogenannten herkunftssprachlichen Unterricht (HSU) in verschiedenen Sprachen. Aufgrund der Initiative von Eltern, soll es den in Düsseldorfer Schulen bald – neben derzeit 19 anderen Sprachen – auch auf französisch geben.

Céline Schindler ist Französin, ihr Mann ist aus Deutschland. Gemeinsam mit ihrem Sohn im Vorschulalter leben sie in Düsseldorf. „Mein Sohn ist mit beiden Sprachen aufgewachsen“, sagt sie. Doch Grammatik und Schriftsprache im Französischen beherrsche er nicht – ganz so, wie deutschsprachig aufgewachsene Kinder im gleichen Alter kein Akkusativobjekt benennen könnten. „Es wäre schön, wenn er seine Sprachkenntnisse ausbauen könnte, sobald er zur Schule geht“, sagt Schindler, „sonst geht vielleicht seine Lust auf die Sprache verloren, das wäre schade.“

Ein herkunftssprachlicher Unterricht wäre das richtige, nicht nur für ihren Sohn, meint sie. Mit diesem Unterricht, den es in Düsseldorf derzeit für 19 Sprachen, darunter Türkisch, Farsi oder Albanisch gibt, soll die natürliche Mehrsprachigkeit von Schülerinnen und Schülern gefördert werden. Im Umfang von circa drei Stunden pro Woche findet dieser Unterricht dann zusätzlich am Nachmittag statt. Der Lernort kann auch an einer anderen Schule sein, es werden Gruppen aus dem Stadtgebiet gebildet, je nach Nachfrage und Gruppengröße.

Schindler und andere Eltern fragten bei der Stadt nach, warum es diesen Unterricht nicht auch für französisch-sprachige Kinder gibt – und erhielten unterschiedliche Antworten. „Mal wurde es damit begründet, dass es dafür keinen Bedarf gebe, mal damit, dass es mit dem Lycée français in Düsseldorf ja bereits eine französische Schule gebe“, sagt Schindler. Doch aus dem privaten Umfeld wisse sie, dass es diesen Bedarf eben doch gebe. „Ich lebe gerne hier in Deutschland und es ist mir auch sehr wichtig, mich nicht nur mit Franzosen in Düsseldorf zu umgeben. Ich würde meinen Sohn gerne auf eine deutsche Schule schicken“, sagt sie.

In der Bereinigten Amtlichen Sammlung der Schulvorschriften NRW (BASS) ist festgelegt, dass „herkunftssprachlicher Unterricht [...] in der Primarstufe angeboten [wird], wenn eine mindestens 15 Schülerinnen und Schüler umfassende Lerngruppe dauerhaft ermöglicht werden kann.“ Deshalb hat Schindler sich umgehört: Schon alleine über einen Facebook-Post habe sie in zwei Wochen rund 30 Kontakte erhalten. „Ich habe mit den Leuten gesprochen und dann eine Liste angelegt, mit Namen der Kinder, auf welche Schule sie gehen und in welcher Jahrgangsstufe sie sind. Dann habe ich das Schulamt kontaktiert“, sagt Schindler. Kurz danach gab es einen ersten Erfolg: Die Stadt Düsseldorf schrieb eine entsprechende Stelle aus.

Saliha Ouammar ist für herkunftssprachlichen Unterricht

Unterstützt wurde Schindler bei ihrem Vorstoß auch von Saliha Ouammar. Die Grünen-Politikerin ist Mitglied in mehreren Ausschüssen der Stadt und Teil des Integrationsrates. Sie sagt, Sprache sei besonders wichtig, um eine kulturelle Identität ausbilden zu können. „Das geht natürlich nicht nur über Grammatik und Vokabeln, auch Märchen, Lieder oder Geschichten sind unglaublich wichtig. Die sind dann ja oft Bestandteil eines herkunftssprachlichen Unterrichts.“ Ouammar ist begeistert von Schindlers Engagement. Andere Mütter hätten ähnliche Anträge auch in anderen Städten wie Essen, Neuss oder Mettmann gestartet. Nun warte man, was daraus werde.

 Die Stadt Düsseldorf teilt dazu mit, dass das Schulamt als örtlich zuständige staatliche Schulaufsichtsbehörde verbindliche Anfragen oder Anmeldungen für eine bestimmte Herkunftssprache nach Eingang prüfe und gegebenenfalls bei der Bezirksregierung Düsseldorf einen Bedarf formuliere. Dies sei zu Beginn des Kalenderjahres für die Sprache Französisch inzwischen geschehen.

Der Bedarf sei auf diese Weise anerkannt worden, eine Stelle wurde ausgeschrieben, auf die es auch schon Bewerbungen gegeben habe. „Im nächsten Schritt werden zeitnah Auswahlgespräche stattfinden. Unter der Voraussetzung, dass eine geeignete Bewerberin oder ein Bewerber gefunden wird, ist es Ziel des Schulamtes und des Amtes für Schule und Bildung, im Verlauf des 1. Halbjahres des Schuljahres 2022/23 den herkunftssprachlichen Unterricht in Französisch anzubieten“, so eine Sprecherin der Stadt.

Für Céline Schindler wäre das ideal, ihr sechsjähriger Sohn wird im August eingeschult. „Das HSU-System ist toll, ich hoffe sehr, dass mein Sohn das auch mitnehmen kann. Und gerade Französisch ist ja nicht für Menschen aus Frankreich spannend, auch in Belgien, der Schweiz, in Kanada und Nordafrika sprechen viele Menschen zu Hause französisch“, meint die Düsseldorfer Französin. Für viele ihrer Kinder sei der herkunftssprachliche Unterricht eine sehr gute Möglichkeit, die Muttersprache zu verbessern, ohne gleich auf eine französische Schule wechseln zu müssen.