Stadtteile Kreative und kulinarische Karrieren in der Kinderzeltstadt

Düsseldorf · Arbeitsamt klingt in den Ferien vielleicht erstmal nach wenig Spaß. Dabei hilft es den etwa 300 Kindern der Zeltstadt in Flingern nur, die richtige Beschäftigung für drei Ferienwochen zu finden.

Johannes und Noor sind die Bürgermeister im Kinderdorf Flingern.

Foto: ja/Scholz

Das „Stadt“ in Kinderzeltstadt wird in Flingern wieder ernst genommen. Nicht nur tragen die Zelte Namen von Düsseldorfer Straßen – nein, auch Arbeitsamt, Bank und Büdchen gibt es hier. Und auch wie in einer richtigen Stadt stehen der Kinderzeltstadt Stadtrat und Bürgermeister vor. Zwei sind das hier. Demokratisch gewählt – nach Wahlkampf mit Wahlprogramm. Und trotzdem geht es hier vor allem darum, tolle Ferien zu verbringen.

Die Kinderzeltstadt „Flingerntal“ gibt es schon seit 15 Jahren und wird von der Stadtteilinitiative „Flingern mobil“ organisiert. Für drei Wochen treffen sich etwa 300 Kinder zwischen sechs und 14 Jahren für ein vielseitiges Programm. Vormittags geht es in Workshops – es wird gebastelt, gesportelt und kreativ gearbeitet, nachmittags stehen immer wieder Ausflüge an. Nachdem die Kinderzeltstadt ihre Zelte bis 2017 noch weiter vorn am Flinger Broich auf einem der Trainingsplätze von Fortuna aufgeschlagen hat, sind Betreuer und Ferienkinder im vergangenen Jahr an die Nummer 192, auf das Gelände des ESV Blau-Weiß gezogen.

Und da ging es dann auch in diesem Jahr für die Kinder erst einmal zum Arbeitsamt, um den richtigen Job zu finden und Taler für Ausflüge und Eis am Büdchen zu verdienen. Wer arbeitet gerne mit Stoff? Wer kocht gerne und wer möchte aus Altem Neues herstellen? Gibt es Film-Begeisterte und wer fühlt sich als nächster Star-Reporter? Zum Glück muss sich hier keiner bis zur Rente binden, die Berufe werden jede Woche neu gewählt.

Destiny zum Beispiel hat in der ersten Woche gekocht. Da gab es Marmelade, Dips und Smoothies. In der zweiten ist sie im Textil-Zelt beschäftigt. Sie hat schon Pompoms gebastelt und einen Stoffbeutel verziert. „Ich wollte gerne ausprobieren, mal mit Textilien zu arbeiten“, sagt die 12-Jährige. Jeden Tag gebe es etwas Neues. Das gefällt ihr. Am nächsten Tag steht zum Beispiel Batiken auf dem Plan.

Ein Zelt weiter haben sich Teilnehmer und Betreuer einen Zettel bereit gelegt. Spontan wollen sie einen Rap schreiben. Irgendwas mit heißem Wetter und Abkühlung im Wasser soll es werden. Regenmacher und Trommeln haben sie diese Woche schon gebastelt.

Es weht ein leichter Geruch nach Farbe herüber. Im Deko-Zelt werden Gläser besprüht. Ein Mädchen ruft: „Ich will gelb!“ Hier werden gerade Windlichter aus alten Marmeladengläsern gebastelt.

Von hinten wird laut ein Elfmeter gefordert. Eine Gruppe Fußballspieler sammelt sich. Der Fußballplatz liegt in der Mitte – umfasst von den Zelten. Ein Spieler läuft an, der Torwart konzentriert sich. Schuss, Tor, Jubel.

Auch die Schönheit darf natürlich nicht zu kurz kommen. In einem Zelt in der Mitte der Zeltstadt gießen Jungen und Mädchen gerade bunte Seife in Eiswürfelformen. Ob die wohl fest werden, vielleicht ist es noch zu warm? Auch Peelings und Badekugeln stehen noch auf dem Programm. Ein Stück weiter dagegen geht es um Leder und Schmuck. Schlüsselanhänger werden hier gebastelt. Während nebenan das nächste Supertalent der Zeltstadt gesucht wird.

Noor und Johannes sind schon alte Zeltstadt-Hasen. Die 14- und der 12-Jährige sind schon seit vielen Jahren dabei – in diesem Jahr wurden die beiden zu den Stadtoberhäuptern gewählt. Das Regieren sei einfach, findet Johannes. „Es macht Spaß, selbst Dinge entscheiden zu können.“ Hart sei vor allem der Wahlkampf gewesen. „Du musst natürlich Ideen haben – und auch Leute, die dich unterstützen“, sagt Johannes. Wie im echten Leben auch.

Johannes will hier irgendwann der Chef sein

Und ihr Wahlprogramm war klar. Mehr Eis, bessere Musik, fairere Verteilung von Spielgeräten. Nach ihrer Wahl halten sie auch Wort. Noor geht herum und schreibt die Lieblingslieder der anderen auf. Am Spielmobil wurde eine Liste aufgehängt, in die sich jeder für das gewünschte Spielgerät eintragen kann. Und doch, alles können sie nicht durchbringen. Denn immer müssen sie sich auch mit den Betreuern und Leitern des Camps absprechen. Und Kompromisse eingehen. Ist der Text von so manchem Lied vielleicht nicht für die Jüngeren geeignet? Noor und Johannes verhandeln und versuchen das Beste für ihre Wähler herauszuholen.

Doch eine politische Karriere planen beide für die Zukunft nicht, zumindest noch nicht. „Ich bin das letzte Jahr hier als Teilnehmerin dabei“, sagt Noor. Danach könnte sie sich vorstellen, als Betreuerin weiterzumachen. Johannes hat noch zwei Jahre vor sich, in denen er dabei sein will. Und danach? „Will ich hier irgendwann der Chef sein“, sagt er.