Humanitäres Engagement Wie zwei Düsseldorfer Ärzte in Afrika helfen

Düsseldorf · Chirurg Mehmet Atila operiert Brandopfer in Ghana, Augenärztin Katja Severing behandelt Sehbehinderte in Tansania.

Katja Severing behandelt sehbehinderte Menschen in der Region Puma in Tansania. Augenärzte gibt es dort nur sehr wenige.

Foto: vkkd

Der Gegensatz könnte kaum größer sein: Einmal im Jahr tauscht Dr. Mehmet Atila seine Praxis für ästhetische und plastische Chirurgie in Golzheim mit einem Provinzkrankenhaus in Ghana. Statt Busen zu vergrößern, Nasen zu korrigieren, Haut zu straffen, operiert er dort Kinder mit schweren Verbrennungen oder angeborenen Gaumenspalten. Auch andere Düsseldorfer Mediziner sind regelmäßig in humanitärer Mission unterwegs, wie die Augenärztin Dr. Katja Severing vom Marien Hospital. Sie war gerade wieder in Tansania – mit 200 gespendeten Brillen im Gepäck.

Fast 90 Prozent aller Menschen mit einer Sehbehinderung leben in den ärmsten Ländern der Welt, dazu zählt Tansania. „Eine Brille kostet dort teilweise so viel wie ein halbes Jahresgehalt, und eine gesetzliche Krankenversicherung existiert nur begrenzt“, erläutert die Medizinerin. Deshalb können sich nur wenige Menschen eine Brille leisten. Zudem sind Spezialisten rar, „auf 100 000 Einwohner kommt gerade mal ein Augenarzt“, so Katja Severing.

Während in Deutschland ein Grauer Star standardmäßig innerhalb von Minuten operiert wird, führt die Eintrübung der Augenlinse in Tansania oft zur Erblindung. Deshalb war die Düsseldorfer Augenärztin nun zum dritten Mal in Puma, einem Städtchen mit 3000 Einwohnern mitten im Land.

Mehmet Atila bleibt in Kontakt mit seinen Patienten in Ghana.

Foto: Borgmeier

Dabei ist nicht nur ihr Fachwissen gefragt, sondern auch immer Improvisationstalent. Man kann auch sagen: Das Abenteuer reist mit. Eine Auswahl der Stolpersteine, die diesmal den Einsatz in Puma erschwerten: „Wie immer gab es Probleme mit dem Zoll.“ Denn wer (Katja Severing war mit einer Kollegin, einer OP-Schwester und einem Optiker unterwegs) reist schon mit neun Koffern? Dann ließ die Genehmigung des Gesundheitsministeriums in Tansania zur Einfuhr von Medikamenten auf sich warten – und kam am Abreisetag. Als das Team endlich in Puma eingetroffen war, funktionierte ein Ultraschallgerät plötzlich nicht mehr, ein Schlauchsystem war nicht einsatzfähig, ein Mikroskop unauffindbar. Und manche Patienten erschienen trotz eines früheren Termins erst am Abreisetag und mussten auf das nächste Mal vertröstet werden.

Dr. Atila ist bereits zum
elften Mal in der Volta-Region

Aber vielen Menschen konnten Katja Severing und ihr Team helfen. Ihre Bilanz: 417 Untersuchungen und 30 Operationen, „außerdem haben wir 134 Brillen angepasst.“ Die waren zuvor gespendet und im Marien Hospital aufbereitet worden. Ihre persönliche Bilanz: „Diese zwei Wochen in Tansania sind anstrengend, aber wir kommen auch immer sehr zufrieden zurück.

Außerdem wird man daran erinnert, was für uns alles so selbstverständlich ist.“ Ein Besuch beim Facharzt zum Beispiel, auch wenn man mal auf einen Termin warten müsste. „Und niemand muss hierzulande ohne Brille leben.“ Was sie noch mitnahm bei ihrer Rückkehr sind unvergessliche Erinnerungen, zum Beispiel an die älteren Patientinnen, die blind in das Hospital kamen, geführt von ihren Angehörigen. Und die nach einem Tag wieder nach Hause konnten – „sehend und mit einem Lächeln“.

Ortswechsel an die Westküste des afrikanischen Kontinents: nach Ghana. Schon zum elften Mal war Mehmet Atila im November mit seinem Team im Hospital einer Kleinstadt in der Volta-Region im Einsatz – nach langer Anreise, „die letzte Etappe haben wir dann mit dem Bus zurückgelegt“. Dort warteten seine Patienten schon, Menschen mit schweren Verbrennungen und anderen Verletzungen, mit Gewebeveränderungen durch Tumore und mit angeborenen Fehlbildungen.

Dass der Junge, der da auf dem Arm des Düsseldorfer Mediziners in die Kamera strahlt, mit einer Gaumenspalte auf die Welt gekommen war, davon ist nun nichts mehr zu sehen. Mehmet Atila hatte das Kind bereits bei seinem Aufenthalt im letzten Jahr operiert. „Aber die Gaumenplatte hat sich von innen nicht ganz verschlossen, das haben wir jetzt noch mal korrigiert.“

Aber vor allem hat der Facharzt für plastische Chirurgie Menschen behandelt, die schwere Verbrennungen erlitten hatten. „Viele Familien kochen ihr Wasser in großen Töpfen an offenen Feuerstellen, dabei kommt es nicht selten zu Unfällen“, so Atila.

Wie bei einem neunjährigen Mädchen, das gestürzt und von kochendem Wasser verbrüht worden war. Durch die Verletzungen waren Gefäße und Gewebe eingeschrumpft, sie konnte ihr rechtes Bein nicht mehr strecken und nur noch auf dem anderen Bein hüpfen. Mit weitreichenden Folgen: Sie ist auf die Hilfe ihrer Familie angewiesen und ihre Heiratschancen sind gering – ein Problem in einer traditionellen Gesellschaft.

Der Düsseldorfer Chirurg hat das Bein begradigt, das verbrannte Gewebe entfernt und durch unversehrte Haut ersetzt. „Eine solche Operation ohne Mikroskop, das ist schon mit Herzrasen verbunden“, erinnert er sich. „Doch die Dankbarkeit der Patienten gibt einem Kraft.“