Lesung Mareike Awe von Intueat liest aus ihrem Abnehmbuch, das keines sein möchte
Düsseldorf · Die Autorin will statt Diäten das Vertrauen in den eigenen Körper vermitteln. In der Mayerschen Buchhandlung las die junge Ärztin aus ihrem neuen Buch.
Die Ärztin und Ernährungsberaterin Mareike Awe präsentiert ihr Buch sonst auf YouTube oder in ihren Podcasts. In der Mayerschen Buchhandlung an der Königsallee las die Düsseldorferin am Mittwoch zum ersten Mal klassisch vor Publikum. Im bestuhlten vierten Stock des Buchladens blieb kein Platz leer, als sie hinter das Pult stieg. Schließlich ist sie mit ihrem Buch „Wohlfühlgewicht“, welches im Dezember auf den Markt kam und sich seit dem auf Bestsellerlisten befindet, der neue Shooting-Star auf dem Diätmarkt. Dabei betont sie, dass sie eigentlich ein Buch gegen Diäten geschrieben hat. Um das Abnehmen ginge es nur sekundär, sondern darum, nicht immer über seine Ernährung nachdenken zu müssen und den Kopf von diesem Druck freizubekommen.
Das Prinzip dahinter nennt sich Intuitives Essen. Ihre Botschaft ist ganz einfach: Essen wenn man hungrig ist, aufhören wenn man satt ist. Das sei ohnehin der Naturzustand, den man in zunehmendem Alter durch gesellschaftliche Zwänge verlerne. Sie präsentierte ihre Thesen oft mit nahbaren Anekdoten, erzählte hier davon, wie sie als Kind ihre Säuglingsschwester füttern wollte, und diese einfach nichts essen wollte. Durch Sprüche wie „Iss den Teller auf, sonst gibt es schlechtes Wetter“ verlerne man dieses natürliche Verhalten.
Sie wurde auch sonst persönlich und las vor, wie sie sich selbst früher mit Diäten unter Druck setzte. Sie beschrieb, wie sie den ganzen Tag lang nur Salat aß, um dann kurz vor dem Einschlafen eine Fressattacke zu bekommen und eine Tafel Schokolade verdrückte. Bei diesen persönlichen Momenten, in denen auch das Publikum interaktiv eingebunden wurde, hatte die Lesung therapeutischen Charakter. Alle Anwesenden kannten das Gefühl, und sie dachten immer, alleine zu scheitern, obwohl es ja offenbar alle tun.
Awe erklärte, dass dieser Druck kontraproduktiv ist. Wenn man auf seinen Körper höre, langsam und genussvoll esse, merke man schon, wann man satt ist und überfresse sich nicht. Sondern lasse den Rest übrig. Auf der anderen Seite solle man nicht fasten, wenn man Hunger hat. Schließlich bedeute Hunger, dass Nährstoffe fehlen, und wenn der Körper Kohlenhydrate und Fett braucht, sei es ungesund, sie ihm vorzuenthalten. Die Besucher, die das Prinzip schon anwenden, erzählten, wie sie sich beim Weihnachtsessen nicht mehr so überfressen haben, wie ihre Verwandten. Denen, die noch nicht so weit sind, wurde Mut gemacht. Es sei kein Problem, sich noch auf dem Weg zu befinden, mit dem Anspruch auf Perfektion mache man sich wieder Druck.
„Die Diätindustrie hat kein Interesse daran, dass man langfristig schlank bleibt, dann würde sie ja nicht mehr an einem verdienen“, erklärte die Ärztin, die zeigen will, dass der eigene Körper besser weiß, wie man abnehmen muss, als die Ratgeber, die wegen der individuellen körperlichen Unterschiede gar nicht so allgemeingültig funktionieren könnten, wie sie es versprechen.
Auch für „Intueat“ muss natürlich etwas gezahlt werden
Doch auch bei ihr kommt die Ernährungsumstellung nicht ohne kostenpflichtiges Programm aus, sodass man ihren Vorwurf auch gegen sie richten könnte. Schließlich wird das 300-Euro-Programm ihres Unternehmens „Intueat“ im Buch und in der Lesung häufig beworben, was der Idee, dass Abnehmen ohne Einflüsse von außen funktionieren soll, eigentlich widerspricht. Zumindest ist dieses auf 14 Wochen befristet und soll nur eine Starthilfe darstellen, um danach ohne Hilfe am Ball zu bleiben und intuitiv essen zu können. Die täglichen Audio-Anleitungen sollen dem Hörer nicht beibringen, was er essen soll, sondern sind ein Mentaltraining. Mit säkularer Meditation soll man langfristig Selbstzufriedenheit entwickeln. Dazwischen gibt es Übungen; zum Beispiel soll man beim Essen nach 10 Minuten erstmal das Besteck weglegen und überprüfen, ob man überhaupt noch Hunger hat.
Die Ärztin möchte niemanden mit biologischen Zusammenhängen überfordern und spricht den Leser deswegen oft auf dieser mentalen Ebene an. Doch wenn sie im Buch erklärt, welche Hormone wann Hungergefühle erzeugen, macht sie das sehr anschaulich mit einfachen Erklärungen und fast schon niedlichen Zeichnungen der Körperstoffe. Eine 26-jährige Medizinstudentin, die im Publikum saß, findet diesen Spagat besonders gut gelungen: „Sie erklärt sehr komplexe Zusammenhänge so, dass es wirklich jeder versteht, auch wenn er zuletzt in der Schule Biologie hatte.“ Durch ihre nahbare Art und die anschaulichen Erklärungen gibt Mareike Awe den Zuschauern das Gefühl, dass sie von diesem Abend etwas mitnehmen können. Zwar ist den meisten klar, dass es sich bei dem Prinzip eigentlich um eine Binsenweisheit handelt, die man in einem Satz erklären kann. Doch die Umsetzung ist dann doch nicht so leicht und die Lesung bot einigen die Unterstützung, die ihnen vielleicht noch gefehlt hat.