Düsseldorfs Vogelwelt wird artenreicher
Der Klimawandel lässt einige Arten nach Norden wandern. Uhu und Kolkrabe sind zurückgekehrt.
Diese Bilanz ist überraschend und erfreulich zugleich: Sechs neue Vogelarten sind in den vergangenen Jahren in und rund um Düsseldorf heimisch geworden. Neuankömmlinge sind unter anderem der seltene Bienenfresser mit fünf Brutpaaren und der Rotmilan mit bis zu sieben Paaren; außerdem die Heidelerche, die Krickente, die Mittelmeermöwe und die Silbermöwe. Drei Arten sind dagegen nicht mehr in der Region anzutreffen - konkret sind das der Birkenzeisig, die Tafelente und die Turteltaube. Insgesamt wird Düsseldorfs Vogelwelt aber artenreicher.
Die Zahlen und Daten stammen aus dem druckfrisch erschienenen Buch „Die Vogelwelt von Düsseldorf und Umgebung“, das jüngst von dessen Autoren - Geograph Tobias Krause und Vogelkundler Jürgen Schumann - präsentiert wurde (siehe zweiter Text). „Der Zuzug neuer Arten hat vor allem mit dem Klimawandel zu tun“, sagt Krause. „Und unsere heimische Vogelwelt wird sich bis zum Ende des Jahrhunderts auch noch weiter entscheidend verändern.“
So ist weltweit eine Verschiebung der Lebensräume vieler Vögel in Richtung Norden zu beobachten. Etwa der des Gelbspötters: Profitierte der zierliche Vogel (2016: 70 Brutpaare in Düsseldorf und Umgebung; 2000: 27 bis 41) mit seinem gelben Federkleid noch von Sturm Ela im Jahr 2014, weil er in den entstandenen Windwurfflächen reichlich Brutmöglichkeiten fand, wird ihn die Klimaveränderung bis zum Ende des Jahrhunderts wohl aus dem Düsseldorfer Umland vertreiben. Die Art wird sich nach Norden flüchten und wohl verstärkt skandinavische Gebiete besiedeln - so die Prognose.
Andersherum werden sich Arten wie der Alpensegler, der heute von Südeuropa aus schon bis Offenburg vorgedrungen ist, hier aber bisher nur gelegentlich in Schwärmen zusammen mit Mauerseglern beobachtet wurde, neu bei uns einrichten. Laut Klimaprognose könnte er schon ab 2050 links- wie rechtsrheinisch brüten. Die Arten, die neu zu uns kommen, sind hier übrigens erwünscht: „Zumindest besteht nicht die Gefahr, dass sie heimische Arten verdrängen“, sagt Krause.
Besonders freut sich Tobias Krause über zwei Rückkehrer. Jahrzehntelang wurden etwa der Uhu und der Kolkrabe nicht mehr in Düsseldorf und Umland gesichtet. Letzterer wurde nach genau 100 Jahren wieder entdeckt, aktuell brüten zwei Paare in der Umgebung — eins rund um Knittkuhl, ein weiteres im Raum Monheim. Bis zu diesen beiden Sichtungen war der Rabe hier ausgerottet — „der letzte Vogel wurde seinerzeit 1915 abgeschossen“, sagt Geograph Krause. Ebenfalls zurück ist der Uhu mit derzeit drei brütenden Pärchen, eins davon im Stadtgebiet rund um Gerresheim. „Die genauen Brutplätze verraten wir nicht, einfach um die Tiere vor Störenfrieden zu schützen.“
Insgesamt sind die Autoren überrascht, wie hoch die Artenzahl der Brutvögel in und rund um Düsseldorf ist. „Vorher hatten wir mit unter 100 Arten gerechnet, im Endeffekt kommen wir aber auf aktuell 125“, so Krause, der hauptberuflich im Gartenamt der Stadt arbeitet. Erwartungsgemäß die wenigsten Arten brüten im Innenstadtbereich, „aber auch da sind es immerhin 63 Arten.“ Die meisten Vogelarten sind dagegen im Bereich der renaturierten Urdenbacher Kämpe zu entdecken; nämlich 102 Stück, darunter auch seltene Spezies wie Schwarzmilan, Neuntöter, Schwarzkehlchen und Krickente.
Nur weil die Zahl der Arten steigt, heißt das aber nicht, dass auch die Biomasse (sprich die Anzahl) der Vögel insgesamt steigt. „Darüber lässt sich keine eindeutige Aussage treffen“, sagt Krause. So sei zu beobachten, dass zwar die Zahl der Vögel mit Lebensraum im Wald steigt. Dafür nimmt die Zahl der Vögel, die landwirtschaftlich genutzte Räume besiedeln, teils drastisch ab. „Der Grund dafür liegt auf der Hand, die aggressive Landwirtschaft macht diesen Arten das Leben schwer und nimmt ihnen die Nahrungsgrundlage.“
Eine Art, die darunter leidet, ist das Rebhuhn; die Bestände nehmen stetig ab, derzeit gibt es nur noch rund 50 Brutpaare rund um Düsseldorf. Genau so geht es auch dem Haussperling: Gab es 2009 noch rund 12300 Brutpaare in Düsseldorf und Umgebung, ist die Population der Spatzen mittlerweile auf 8000 Paare geschrumpft. Grund dafür ist der Verlust von Nahrungsquellen und Brutplätzen sowie auch hier der steigende Pestizid-Einsatz in der Landwirtschaft. Im Endeffekt könnte der Sperling schon in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts aus unserer Region verschwunden sein.