Ela-Toter: Familie will Schadenersatz
Ein Baum vom Nachbargrundstück war auf den Computerexperten gestürzt. Er starb zwei Monate später im Krankenhaus. Die Versicherung sagt: Es war höhere Gewalt.
Düsseldorf. Es war der 9. Juni vergangenen Jahres, der Tag, an dem Sturmtief Ela die Stadt verwüstete - und das Leben der Familie Vogel für immer verändern sollte. Gemeinsam hatte man im Garten des Hauses an der Kriegerstraße gegrillt und war dann wegen der Sturmwarnung nach drinnen gegangen.
Doch dann wollte Alkar Vogel zusammen mit seinem Sohn noch einmal in den Garten, um einen Stehtisch abzusichern. Es war das Todesurteil für den 57-jährigen Computerexperten. Zusammen mit seinem Sohn wurde er unter einer umstürzenden Zeder begraben, die auf dem Nachbargrundstück stand. Schwer verletzt wurde Vogel ins Krankenhaus gebracht, wo er zwei Monate später an den Folgen des Unglücks verstarb.
Nun droht vor dem Landgericht ein Zivilprozess, denn die Versicherung der Nachbarn verweigert jede Zahlung, weil es sich um höhere Gewalt gehandelt habe. Alkar Vogel, der den gleichen Vornamen wie sein Vater trägt, erinnert sich noch an den Moment: „Man hat nichts gehört, es gab keine Vorwarnung. Dann fühlte man sich wie im Krieg.“
Der 30-Jährige konnte sich selbst aus den Ästen befreien, seinen Vater fand er erst wenig später mitten unter dem Baum. „Mama, hol eine Säge“, waren seine ersten Worte. Doch ohne Hilfe der Rettungskräfte konnte der 57-Jährige nicht geborgen werden.
Sylvia Vogel war damals völlig verzweifelt: „Wir hatten einen Stromausfall, die Feuerwehr war nicht zu erreichen.“ Sie schätzt, dass es mehr als eine Stunde gedauert hat, bis endlich ein Notarzt kam. Nachbarn waren bis zur nächsten Polizeistation gelaufen, weil der Notruf nicht funktionierte. Alkar Vogel konnte schließlich geborgen und stabilisiert werden.
„Zunächst hieß es, er habe ein Blutgerinsel im Gehirn und alles sei nicht so dramatisch“, schildert seine Witwe. Doch in der Duisburger Unfall-Klinik stellte sich schließlich heraus, dass die Verletzungen erheblich schlimmer waren als angenommen. Unter anderem hatte der Familienvater eine Fraktur des sechsten und siebten Halswirbels erlitten.
Das bedeutete, er wäre sein ganzes Leben querschnittsgelähmt gewesen. Darauf hatte sich die Familie schon eingerichtet. „Wir wollten das Haus behindertengerecht umbauen“, sagt Sylvia Vogel. Doch am 6. August verschlechterte sich der Zustand ihres Mannes plötzlich, zwei Tage später starb er an multiplem Organversagen.
Schon vorher hatte die Familie Rechtsanwalt Thomas Stephan eingeschaltet. Denn die elf Meter lange Baumkrone, die auf Vater und Sohn gestürzt war, stand auf dem Nachbargrundstück. Doch die Versicherung lehnte sofort jede Haftung ab und berief sich auf „höhere Gewalt“ durch den Sturm Ela.
Der Jurist sieht allerdings eine erhebliche Mitschuld der Nachbarn, denn die haben sich angeblich jahrelang um ihren Garten nicht gekümmert. Als die Familie Vogel - mit Genehmigung der Stadt Düsseldorf - auf ihrem Grundstück eine fast gleichgroße Zeder fällen ließ, hätte man auch den „Partnerbaum“ gegenüber stutzen müssen.
Das bestätigt auch ein Gutachter, dessen Untersuchung jetzt dem Landgericht vorliegt. Und darin heißt es wörtlich: „Mit der Beseitihung der Zeder ‘Z1’ auf dem Grundstück des Antragstellers hätte der Unfallbaum aus sachverständiger Sicht an die neuen Standortverhältnisse hinsichtlich seiner Kronenausdehnung angepasst werden müssen.“ Rechtsanwalt Thomas Stephan hat beim Landgericht bereits eine Untersuchung eingeleitet.
Sollte es nicht doch noch zu einer gütlichen Einigung kommen, soll spätestens im März die Klageschrift eingereicht werden.