Tour de France 2017 Französische Tour de Niederrhein & Neandertal

Nach dem „Grand Départ“ geht es mit einem kleinen Umweg durch das Neandertal Richtung Mönchengladbach, Aachen und Liége. Einige Städte freuen sich über die garantierte Aufmerksamkeit, alle anderen deutschen Bewerber gehen leer aus.

Die Strecke von Düsseldorf nach Lüttich geht über Erkrath, Neandertal, Mettmann, Ratingen, Neuss, Kaarst, Mönchengladbach, Jülich und Aachen.

Paris. Die kleine Mönchengladbacher Delegation verlässt unauffällig und höchst zufrieden den Arena-artigen Saal im Pariser Palais des Congrès. Jetzt ist es offiziell: Die Tour de France, das berühmteste Radrennen der Welt, fährt durch Mönchengladbach. Und nicht nur das: „Wir haben die erste Sprintwertung bekommen. Darüber werden alle berichten, damit haben wir als große Stadt am Niederhein ein Alleinstellungsmerkmal“, freut sich Peter Schlipköter, Geschäftsführer der Marketing Gesellschaft Mönchengladbach. Für nur 100.000 Euro, die die Stadt dafür aufbringen muss, ist das wahrscheinlich ein sehr gutes Geschäft.

Andere in der Region, die vielleicht auf eine Zufallspassage gehofft haben, gehen leer aus, haben sich allerdings auch nicht sonderlich bemüht. An Krefeld und dem Kreis Viersen rollt die Tour berührungslos vorbei. Schadenfroh ist Peter Schlipköter natürlich nicht. Aber so wirkt das Alleinstellungsmerkmal „Tour“ eben noch ein bisschen alleinstellungsmerkmaliger. Nach dem Auftakt in Düsseldorf geht es zunächst einmal durch das Neandertal, also Mettmann und Erkrath sowie durch Ratingen zurück nach Düsseldorf. Auf der anderen Rheinseite berührt die Tour Meerbusch und Neuss, von dort geht es weiter nach Aachen und schließlich nach Lüttich. Das alles am zweiten Tag, der aber eben immerhin mit der ersten Sprintwertung.

Düsseldorf, dass für den „Grand Départ“ natürlich deutlich mehr aufwenden muss (und derzeit noch eine Finanzierungslücke von immerhin vier Millionen Euro hat), bekommt als Start-Stadt ein besonders großes Stück vom Aufmerksamkeits-Kuchen. Die Tour geht schon Tage vor der Tour los: Am Mittwoch (28. Juni) schlägt der Rad-Zirkus sein Hauptquartier samt internationalem Pressezentrum bei der Messe auf. Am Donnerstag (29. Juni) präsentieren sich dann die Teams auf dem Burgplatz am Rathaus. Am Freitag nimmt die Tour Anlauf für ihren Start, der am Samstag dann mit einem Einzelzeitfahren in Düsseldorf beginnt. Zehn der 13 Kilometer führen am Rheinufer und über die Brücken. Am Sonntag geht es dann weiter ins Neandertal und über den Niederrhein.

Anderen Regionen in Deutschland, die sich ebenfalls um ein Stück der Tour beworben hatten, haben die Organisatoren bereits am Montag abgesagt, darunter zum Beispiel Trier. Der erst vierte „Grand Depart“ in einer deutschen Stadt nach Köln, Frankfurt und Berlin mit dem Abstand von 30 Jahren kommt bei den rund 4000 Team- und Tour-Offiziellen sowie internationalen Medienvertretern gut an. Schon im Vorfeld hat Tour-Direktor Christian Prudhomme den Deutschen bescheinigt, ihre Doping-Probleme nach der Ära Jan Ullrich gut in den Griff bekommen zu haben. Auch bei der Vorstellung der Etappen spricht Pudhomme das Thema vergleichsweise offen an.

Das wirkt ehrlich, ist aber auch Teil eines Pokerspiels um Medien-Geld: Noch äußert sich die ARD nicht zu einer Übertragung der Tour 2017 — jede Äußerung steigert den Preis. Oberbürgermeister Thomas Geisel hat eine freundliche Präsentation im Gepäck, spricht in der französischen Hauptstadt selbstverständlich Französisch und vermeidet in seiner Rede die Bezeichnung „Klein-Paris“ für Düsseldorf. Er präsentiert die NRW-Landeshauptstadt als die Heimat Heinrich Heines, der hier auf dem Montmartre-Friedhof beerdigt liegt, und der Toten Hosen, er erinnert an Napoleons Besuch. Dass Düsseldorf der Tour einen begeisternden Start bescheren wird, bezweifelt hier niemand.

Der Auftritt der Landeshauptstadt ist professionell und herzlich, auch wenn viele Fragen noch ungeklärt sind. Bei gutem Wetter bräuchte Düsseldorf ein Sicherheitskonzept für rund zwei Millionen Menschen. Das sprengt die Dimensionen von Rosenmontags-Zug oder NRW-Tag und ist kaum weniger herausfordernd als die Finanzierung, auf die Thomas Geisel immer wieder angesprochen wird. Es gebe da ein paar Ideen, sagt der Oberbürgermeister, und einige werde man schon in den nächsten Tagen präsentieren.

Das gilt auch für das Programm rund um die Tour. Von einem Konzert mit der legendären Düsseldorfer Band „Kraftwerk“ ist die Rede und der Einbindung von Foto-Künstler Thomas Gurski. Dagegen wissen die Umland-Städte zum Teil noch nicht einmal, wo genau die Tour in ihren Städten lang gehen soll, wo sie hinein und wo wieder heraus fährt. Aber darauf kommt es ein dreiviertel Jahr vor dem Start ja auch nicht an.

Den Fahrern bereitet an der Tour ohnehin ganz anderes Kopfschmerzen: Die 104. Tour vom 1. bis 23. Juli führt mit einer Gesamtstrecke von 3516 Kilometern erstmals seit einem Vierteljahrhundert wieder durch Vogesen, Jura, Pyrenäen, Zentralmassiv und Alpen — alle fünf französischen Gebirge. Titelverteidiger Christopher Froome gegenüber Journalisten: „Das wird ein Rennen für Kletterer.“ Innerhalb Frankreichs wird die ganze Tour zweimal aufwändig per Flugzeug durchs Land bewegt. Lediglich das Ende ist wie immer: Die Schlussetappe führt auf die Pariser Champs-Élysées.