Düsseldorf Gut Aue: Bauernhof zwischen Tradition und Moderne
Auf Gut Aue hat sich Landwirt Albert Huber auf die Eierproduktion spezialisiert.
Düsseldorf. Als Albert Huber die Gittertür zum Freigehege öffnet, kommen gackernd tausende Hennen über kleine Holzstege aus dem Stall gewuselt. 4000, um genau zu sein. „Ja was denn“, redet der 78-jährige Landwirt ruhig auf die Damen ein, schaut dann auf die Nussbäume hinter dem Gehege. „Wir bekommen einen harten Winter“, meint er. „So viele Nüsse dieses Jahr ...“ Er stampft auf, um die Hacken seiner Stiefel vom Hühnerdreck zu befreien. Wenige Meter Luftlinie entfernt fahren derweil die Eier, welche die Damen am Morgen gelegt haben, auf einem vollautomatischen Fließband zum Wiegen, Bedrucken, Sortieren. Auf Gut Aue herrscht gleichzeitig Tradition und Moderne. Und das ist auch das Geheimrezept der Bauernfamilie Huber.
Ende der 50er hat Albert Huber den Betrieb mit 40 Hühnern, fünf Milchkühen und 20 Schweinen aufgebaut. „Da kam noch jeden Morgen der Milchwagen und man hat die Milchkannen abgegeben“, erinnert er sich. Dann kaufte er in den 60er-Jahren immer mehr Land dazu, spezialisierte sich auf die Eierproduktion. Heute hat Gut Aue 160 Hektar Land und mehr als 30 000 Hennen in Boden- und Freilandhaltung.
Dabei funktioniert der gesamte Betrieb als Kreislauf. Die Hühner legen Eier für den Verkauf. Der Mist geht in ein kleines Biogaskraftwerk, das die Familie angeschafft hat. In der Spitze kann es Strom für 3000 Haushalte produzieren, der ins Netz eingespeist wird und Geld bringt. Das Abfallprodukt der Anlage geht dann aufs Feld als Dünger fürs Getreide — und das wiederum ins Futter für die Hühner.
In der Sortieranlage auf dem Hof herrscht ebenfalls ein ausgewogenes Verhältnis aus Topmodern und Bewährt. Fünf bis sechs Mitarbeiterinnen sind an jedem Tag im Einsatz — fast alle seit über 20 Jahren, eine sogar seit 30. Sie ergänzen die Sensoren und milligrammgenauen Waagen, schauen sich jedes der zigtausend Eier am Tag unter Gegenlicht an, um sein Inneres zu überprüfen.
Insgesamt hat der Hof um die 20 Mitarbeiter. Auch im großen Hofladen, der in der ehemaligen Scheune entstanden ist. „Die Leute kamen früher zum Eierkaufen und fragten: Was habt ihr denn sonst noch da?“, erklärt Albert Hubers Frau Doris. Das Benzingeld bis raus nach Knittkuhl lohnte sich für viele Städter nur dafür nicht. Also nahm die Familie eigene Kartoffeln und Obst mit ins Programm, verkauft zusätzlich aber auch Fleisch und Gemüse benachbarter Landwirte. An der Geistenstraße gibt es an drei halben Tagen die Woche eine kleine Filiale für diejenigen, die trotzdem nicht bis aufs Land fahren wollen. Nicht einmal für die Selbstpflücke auf Hubers großer Apfelplantage, die in jedem Herbst brechend voll ist.
Für Peter Huber (50), der inzwischen auf Gut Aue das Ruder übernommen hat, ist dies der Weg in die Zukunft. Es komme nicht von ungefähr, dass sämtliche Supermärkte derzeit regionale Sortimente anböten: „Weil die Bauern ihnen sonst die Kunden wegnehmen“, lacht er. „Die Leute sind wieder viel eher bereit, Geld für Lebensmittel auszugeben.“ Aber bitte für gute. Die Menschen wollten wissen, woher ihr Essen kommt.
In Peter Hubers Augen hat es immer weniger Sinn, große Mengen zu produzieren und dem Einzelhandel anzubieten. „Die Discounter wollen immer nur billig, billig“, erklärt er. Gleichzeitig seien seine Produktionskosten etwa durch Mindestlöhne gestiegen. Sein Konzept lautet daher: „Die Vermarktung weiter ausbauen.“ Sozusagen von „b2b“ zu „b2c“. Dazu muss er sich anpassen. Denn: „Die Kunden möchten, dass ich alles selber produziere.“ Selbst das Fleisch von nebenan kommt nicht so gut an wie das aus eigener Herstellung. Also will er wieder einen Bestand von zehn bis 15 Rindern aufbauen. Auch Beerenobst soll auf Gut Aue bald wieder wachsen.
Für die Zukunft ist Peter Huber personell und mit Ideen gerüstet: Sohn Hendrik (19) arbeitet jetzt schon im Betrieb mit. Seine Tochter besucht eine Landfrauenschule in Norddeutschland. Mit ihrer Qualifikation dort könnte sie zum Beispiel ein Bauerncafé auf Gut Aue eröffnen, träumt Vater Peter. Noch ist das Zukunftsmusik. Aber genau die spielt eben eine entscheidende Rolle auf dem Bauernhof der Zukunft.