Düsseldorf Toter Säugling: Ärztin verteidigt Stammzellen-Therapie
Ricardo war nach dem Eingriff verstorben. Die Neurochirurgin erklärte, sie habe damit „unglaubliche Erfolge“ erzielt.
Düsseldorf. Als Uta H. am Montag den Saal des Düsseldorfer Landgerichts betrat, standen ihr die Tränen in den Augen. Die 59-jährige Neurochirurgin muss sich dort für den Tod des kleinen Ricardo verantworten. Der 18 Monate alte Säugling war vor fünf Jahren gestorben, nachdem er in einer Düsseldorfer Privatklinik mit der umstrittenen Stammzellen-Therapie behandelt wurde. Zum Auftakt des Prozesses wegen fahrlässiger Tötung verteidigte die Ärztin ihre Behandlungsmethode. Sie habe damit „unglaubliche Erfolge“ erzielt.
Die Privatklinik, die in einer Etage des Düsseldorfer Dominikus-Krankenhaus als Mieter untergebracht war, hatte eine befristete Genehmigung, die Stammzellen-Therapie zwei Jahre lang anzuwenden. Dabei werden den Patienten Stammzellen aus dem Knochenmark entnommen. Nach der Aufbereitung in einem Labor werden sie durch die Schädeldecke ins Gehirn gespritzt.
Wissenschaftlich ist nicht bewiesen, dass die Stammzellen-Therapie irgendeine positive Wirkung hat. Trotzdem wurde das Verfahren unter anderem bei Hirnschädigungen durch Sauerstoffmangel, Autismus oder Trauma-Anfällen angewandt — obwohl es mit vielen Risiken verbunden ist.
Aus Italien reiste die Familie von Ricardo an, der mit einem schweren Hirnschaden geboren worden war. Bei ihm sei es nur darum gegangen, die Lebensqualität des Jungen zu verbessern. Er wurde am 12. August 2010 mit Stammzellen behandelt. Nachmittags kam es zu einer akuten Hirnblutung, die in der Klinik nicht behandelt werden konnte. Ricardo wurde in die Krefelder Helios-Klinik gebracht, wo er in der gleichen Nacht verstarb.
Die Staatsanwaltschaft wirft Uta H. vor, die Eltern nicht ausreichend über die Gefahren der Therapie informiert zu haben. Das wies die Ärztin entschieden zurück. Es habe rund 500 weitere Behandlungen gegeben, die oft „sehr positiv und erfolgversprechend“ gewesen seien.
Allerdings räumte die Angeklagte auch ein, dass in der Klinik wirtschaftliche Interessen eine große Rolle gespielt haben: „Patienten wurden unter großem Zeitdruck rekrutiert.“ Finanziert worden sei die Klinik von einem indischen Milliardär, der ähnliche Häuser in der ganzen Welt betreibt.
„Ich habe mich dafür eingesetzt, die Behandlungen billiger zu machen“, erklärte die Neurochirurgin, die inzwischen nur noch als Krankenschwester arbeitet. Bei drei Kindern sei ihr das auch gelungen. Der Prozess ist zunächst auf drei Verhandlungstage angesetzt.