Verkehr Führerscheinprüfung in Düsseldorf: Großer Ärger wegen langer Wartezeiten
Düsseldorf · Der Tüv muss Termine für Führerscheinprüfungen teils um Wochen verschieben. Was nicht nur für Prüflinge und Fahrschulen Folgen hat.
Wer zurzeit in Düsseldorf seinen Führerschein machen will, muss sich auf lange Wartezeiten gefasst machen. Der Tüv Rheinland schafft es derzeit nicht, die hohe Nachfrage nach Prüfungen ohne lange Verschiebungen zu bewältigen. Das löst eine Kettenreaktion aus, die nicht nur großen Ärger, sondern auch wirtschaftliche Schäden nach sich zieht.
Über Wartezeiten von zum Teil vier bis fünf Wochen klagt eine große Düsseldorfer Fahrschule auf Nachfrage unserer Redaktion, ohne dass sie ihren Namen in der Zeitung lesen will. Hintergrund: Man wolle es sich nicht mit dem Tüv verscherzen. Auch weil man mittlerweile mit einem Trick arbeite. Heißt: Die Fahrschule beantragt mehr Prüfungen als sie eigentlich für einen bestimmten Zeitpunkt braucht, um Streichungen für die beantragten Termine kompensieren zu können. Denn in einer großen Fahrschule würden grundsätzlich mehr Prüfungstermine anfallen, die im Moment verschoben werden müssten. Die Beschwerden seien groß, vor allem von Eltern der jungen Prüflingen.
Der Vorsitzende des Fahrlehrerverbandes Nordrhein, Kurt Bartels, bestätigt die „angespannte Situation, besonders jetzt vor Weihnachten“. Ärgerlich für Fahranfänger sei etwa , dass sie die Zeit bis zur Prüfung mit zusätzlichen Fahrstunden überbrücken müssten, um das Niveau halten zu können. Und das geht natürlich ins Geld.
Noch ärger getroffen werden laut Bartels Fahrschulen, die auf Großfahrzeuge spezialisiert sind, also auf Lkw- oder Bus-Führerscheine. Beim aktuellen Kraftfahrermangel würden etwa viele von der Agentur für Arbeit geförderte Umschulungen zum Berufskraftfahrer abgewickelt. Die aktuellen Verschiebungen gefährdeten da die oft eng getakteten Ausbildungsabläufe. Diese Probleme kennt Stefan Reinhold, der mit seiner Fahrschule den Schwerpunkt auf Lkw und Busse gelegt hat. Er schildert, welche Folgen diese Terminverschiebungen auch für Speditionen haben. „Freistellungen sind teuer. Und sie werden genau in Dienstpläne eingetaktet. Die können dann nicht plötzlich wieder umgeschrieben werden.“ Reinhold nennt ein aktuelles Beispiel: Für den 20. und 21. Dezember hatte er Prüfungen beantragt. Die wurden jetzt auf den 11. Januar verschoben. Verschiebungen von wenigen Tagen seien ja akzeptabel und normal, aber diese nicht. Reinhold erklärt: Die Spedition hatte den Fahrer zum Jahresanfang eingeplant. Jedes stehende Fahrzeug kostet eine Spedition rund 10 000 Euro im Monat. Und für Reinhold heißt das ebenfalls, dass seine Flotte kurz vor Weihnachten stillsteht. „Durch solche Situationen habe ich in diesem Jahr einen Verlust von rund 50 000 Euro hinnehmen müssen.“ Darüber hinaus drohten ihm sogar Vertragsstrafen, wenn er die mit einem Unternehmen vereinbarten Leistungen nicht fristgerecht erbringe.
Reinhold greift den Tüv scharf an, da es diese Probleme in den vergangenen zwei bis drei Jahren immer wieder gegeben habe. Und zurzeit wieder ganz massiv. „Für mich ist das klares Missmanagement.“ Aus seiner Sicht kann der Tüv seinen Auftrag, den er vom Land NRW bekommen hat, nicht mehr erfüllen. „In der freien Wirtschaft wäre so ein Unternehmen längst bestraft worden, da es seine Kunden verloren hätte. Der Tüv ist aber ein Monopolist.“ Deshalb fordert Reinhold, dass die Dekra mitprüfen solle.
Durchfallende Migranten als Geschäftsmodell?
Der Tüv Rheinland weist den Vorwurf zurück. „Wir erfüllen unseren Auftrag. Es fallen ja keine Prüfungen aus, sie werden nur bis zu zwei Wochen über den Wunschtermin hinaus verschoben“, sagt Arne Böhne, Geschäftsfeldkoordinator Führerschein. Das Beispiel Berlin zeige zudem, dass es lange Wartezeiten gebe, obwohl dort Tüv und Dekra zusammen prüfen.
Aber Böhne sagt auch, dass er den Ärger der Fahrschulen versteht: „Wir haben tatsächlich vor allem im Raum Düsseldorf und Wuppertal mit Problemen zu kämpfen.“ Man sei nicht da, wo man gerne wäre. Das Ziel sei es, wieder zu einem Rhythmus von zwei Wochen zwischen Antrag und Prüfung zurückzufinden, ohne eine Verschiebung. Zurzeit dauere es allerdings dreieinhalb bis vier Wochen, in Einzelfällen auch noch länger, vor allem jetzt vor Weihnachten, wo es Jahr für Jahr ein besonders großes Aufkommen gebe.
Doch warum sind die Auswirkungen mittlerweile so enorm? Der Tüv erklärt, dass die Zahl der Prüfungen insgesamt stark gestiegen sei. Waren es 2015 von Januar bis November noch 27 864 Prüfungen im vom Tüv zusammengefassten Gebiet Düsseldorf/Wuppertal plus Umland, stieg die Zahl 2017 auf 30 229 und 2018 noch einmal auf 30 625. „Allein der Zuwachs in diesem Jahr bedeutet, dass wir eine halbe Stelle mehr bräuchten.“
Die entsprechenden Fachkräfte sind allerdings nicht zu finden. Hinzu kommt, dass der Tüv aufgrund der demografischen Entwicklung bis vor vier Jahren mit sinkenden Prüfungszahlen rechnete und seine Personalplanung anpasste. Tüv und Fahrschulen nennen Gründe, warum es anders kam. Aufgrund des Kraftfahrermangels gibt es mehr Lkw-Prüfungen. Zudem ist die Durchfallquote bei Fahranfängern deutlich gestiegen. Und der wichtigste Faktor: Die Zuwanderung vieler Flüchtlinge ging damit einher, dass Hocharabisch seit 2016 als Prüfungssprache anerkannt ist. Das führte dazu, dass viele Migranten versuchten, ihren Führerschein mit einer Prüfung umschreiben zu lassen. Fahrstunden müssen diese so genannten Umschreiber jedoch nicht nehmen, was zu einer sehr hohen Durchfallquote führt. „Gerade im Verkehr einer Großstadt wie Düsseldorf“, sagt Böhne. Hinzu kommt laut Insidern, dass einige Fahrschulen das sogar als Geschäftsmodell entdeckt hätten, da Prüfungen mehr Geld einbrächten als eine Fahrstunde.
Mehrere Fahrschulen bestätigen unserer Redaktion, dass manche Umschreiber fünf bis sechs Prüfungen machen. Mittlerweile ist laut Tüv jede zehnte Prüfung die eines Umschreibers. Noch vor wenigen Jahren habe diese Quote bei einem Prozent gelegen.
Der Tüv geht allerdings davon aus, dass der Höhepunkt des Prüfungsaufkommens erreicht ist und im nächsten Jahr wieder pünktlicher gearbeitet werden könne.
Für Stefan Reinhold ist das ein schwacher Trost. „Ich habe dafür nach mehreren Jahren kein Verständnis mehr.“ Das Land müsse genau hinsehen, ob der Tüv seinen Auftrag tatsächlich noch zufriedenstellend erfülle.