Düsseldorf Futternot und Brutplatzsorgen: Immer weniger Spatzen in NRW
Die Population der Spatzen hat sich in den vergangenen Jahren drastisch verringert.
Düsseldorf. Er ist an seinem kastanienbraun eingefassten Scheitel, seinen weißen Wangen und dem schwarzen Latz gut zu erkennen. Sie ist hingegen überwiegend in ein schlichtes Graubraun gehüllt. Beide aber folgen dem Menschen auf Schritt und Tritt: Keine noch so zubetonierte Großstadt scheint für den Spatz zu lebensfeindlich zu sein. Oder etwa doch?
Tatsächlich zieht sich der ansonsten sehr anpassungsfähige Allerweltsvogel unbemerkt aus unseren Städten zurück. War der Haussperling vor 100 Jahren noch der häufigste Vogel in NRW, ist er mittlerweile auf Platz vier abgerutscht und steht sogar auf der Vorwarnliste für bedrohte Arten. „In Düsseldorf hat sich der Bestand gar halbiert“, sagt Jürgen Schumann. Im Auftrag des Naturschutzbundes Nabu und der Biologischen Station in Haus Bürgel erfasst er die Wildvogel-Bestände in der Landeshauptstadt. Rund 8000 Brutpaare hat Schumann im vergangenen Jahr auf einem rund 650 Quadratkilometer großen Gebiet bestimmt. In diesem Gebiet liegt allerdings nicht nur die Stadt Düsseldorf, sondern auch Teile des Kreises Mettmann und Randgebiete von Neuss und Meerbusch. Ein deutlicher Rückgang seit der letzten Kartierung im Jahr 2009: Damals wurden noch 12 000 Paare geschätzt. Rar machen sich die Sperlinge vor allem in der Innenstadt. In Stadtmitte und Altstadt beispielsweise gibt es nur noch rund 400 Brutpaare. Größere Populationen gibt es hingegen an den Stadträndern: Auf einer vergleichbaren Fläche wurden dort um die tausend Paare registriert. Grund für den Rückgang der seit mehr als 10 000 Jahren an den Menschen gewöhnten Art sind unter anderem Veränderungen in der Architektur. „Den Spatzen gehen die Brutplätze aus“, sagt Schumann. Wohl fühlen sie sich zum Beispiel unter Dachpfannen und in Mauerritzen. Die aber werden immer seltener: Wenn Häuser renoviert werden, werden meist alle Ritzen verschlossen. Der Spatz hat keine Chance mehr.
Aber auch die Futterquellen würden rar, sagt Schumann: „In der Stadt werden kaum noch Tiere gehalten, an deren Futter sich die Spatzen bedienen können.“ Noch dazu würden die Insektenbestände immer weiter abnehmen. „Erwachsene Spatzen sind zwar Vegetarier, aber ihren Jungen bringen sie Insekten“, so der Experte. Pestizide, auch in den Gärten, würden die aber immer häufiger abtöten. Es sei jedoch nicht schwer, dem Haussperling zu helfen: „Mit Spatzenhotels und Efeu als natürlicher Fassadenbegrünung kann jeder etwas für die Vögel tun“, sagt Schumann. Und auch die Deutsche Wildtierstiftung hat einige Tipps: Spatzen brauchen eiweißreiche Nahrung für ihre Nachkommen und lieben es, im Dreck zu baden. Dichte Hecken aus einheimischen Sträuchern wie Weißdorn, Hartriegel, Heckenrosen oder Nutzpflanzen wie die Brombeere helfen dem kleinen Vogel. Hecken liefern nicht nur Nahrung, sondern sind auch Verstecke, etwa vor Raubvögeln.
Aufgrund seiner Bedrohung sieht der Mensch den Haussperling heute anders als noch vor 60 Jahren. Bis in die 1950er Jahre hinein wurde der Vogel eher als Plage angesehen, der die Ernte der Bauern mindert. Eine Verordnung gegen die Spatzenplage vom 3. Februar 1745 stellt zum Beispiel fest, „dass durch die des Jahrs hindurch sich in grosser Menge einfindenden Spatzen dem Landmann an denen Früchten und Trauben nach und nach ein ziemlicher Abgang und Schaden zugefügt werde.“ Im Anschluss daran wird allen Bürgern, Untertanen und Beisassen befohlen pro Jahr 20 Spatzenköpfe abzuliefern, die von den Beamten, um Betrug zu verhindern, sofort verbrannt werden mussten.