Düsseldorfer Weihnachten Heiligabend in der Klinik: Manche müssen, andere wollen hier sein

Dialyse, Lampen-Reparatur oder Kommunion austeilen: Das steht für Patienten, Pfleger, Handwerker und Ehrenamtler im Marienhospital an.

Dialyse-Patientin Claudja Hubert wird von Schwester Kathrin Hethke und Pfleger Heinz-Jürgen Wolf versorgt.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Wer an Weihnachten nicht im Krankenhaus liegen muss, der wird vorher entlassen. Das ist im Sinne der Patienten und der Kliniken — und war übrigens schon immer so. Auch in den Zeiten vor der Fallpauschale. Aber natürlich können nicht alle an den Festtagen heim. Zum Beispiel Klaus H. (60), der im Marienhospital auf der „4a“ Weihnachten verbringt. „Schön ist das nicht. Wenn ich nach Hause kann, ist der Weihnachtsbaum weg“, sagt er.

Ehrenamtlerin Anne-Marie Klopp wirkt in der Kapelle und nach den Gottesdiensten auf den Krankenstationen im Marienhospital.

Foto: Judith Michaelis

Der Gerresheimer leidet an einer langwierigen Knie-Erkrankung die sich nach der Operation in einem anderen Haus entzündet hat, jetzt wird er im Marienhospital nachbehandelt. „Die Schmerzen sind groß, ich beiße die Zähne zusammen.“ Seine Lebensgefährtin besucht ihn jeden Tag, Samstag möchten sie sich einen besinnlichen Nachmittag machen, mit Geschenken.

Es gibt aber auch Patienten, die an Weihnachten gezielt ins Krankenhaus kommen. Claudja Hubert zum Beispiel. Sie erscheint Samstag am Heiligabend früh um 7 Uhr im Marienhospital zur Dialyse — gut vier Stunden wird dann ihr Blut gewaschen. „Der Termin passt eigentlich sehr gut, dann habe ich ansonsten Weihnachten Ruhe und kann mit der Familie zuhause bleiben.“ Seit sieben Jahren muss die Düsseltalerin drei mal in der Woche an die „künstliche Niere“.

Einfach essen und trinken was sie möchte, kann sie natürlich nicht. „Man muss sehr diszipliniert leben“, sagt Claudja Hubert. Mehr als ein halber Liter Flüssigkeit ist bereits bedenklich, wenn die Nieren nicht arbeiten. Deshalb mag ich den Winter gerne, da habe ich weniger Durst.“

„Wir sind über die Feiertage gut belegt, versorgen auch auswärtige Gäste, die privat in Düsseldorf sind und bei uns ihre Blutwäsche bekommen“, erklärt Kathrin Hethke, die Stationsschwester auf der Dialyse mit ihren zehn Betten und dem Weihnachtsbaum. Für sie und den Kollegen Heinz-Jürgen Wolf ist Weihnachten im Krankenhaus alljährlicher Alltag: „Wir teilen uns immer die Weihnachtstage und Silvester-Neujahr auf — ich habe lieber Weihnachten frei“, sagt Kathrin Hethke, die einen sechsjährigen Sohn hat.

Wahrscheinlich kommt auch Ferdinand Schupp über die Festtage in die Klinik an der Rochusstraße. Der Haustechniker hat Rufbereitschaft, „irgendetwas ist immer zu tun“, sagt er und nennt die häufigsten „Fälle“: „Verstopfte Toiletten, defekte Lampen, Stromausfälle, ein steckengebliebener Aufzug oder eine kaputte Heizung.“ Solche Malheurs nehmen keine Rücksicht auf Feiertage. Der gelernte Tischler arbeitet seit 26 Jahren im Marienhospital und hat sich längst zum Multi-Handwerker entwickelt: „Dennoch kenne ich immer noch nicht alles im Haus.“

Anne-Marie Klopp gehört zu deSamstag nach der Christvesper in der großen Krankenhauskapelle über alle Stationen im Haus gehen und allen Katholiken, die wollen, die Kommunion spenden. „Menschen, die auch über Weihnachten im Hospital bleiben müssen, bettlägerig und malad sind, drohten durch ihre Krankheit von Weihnachten ausgegrenzt zu werden“, sagt die 72-Jährige, die seit zehn Jahren am Marienhospital ehrenamtlich hilft (vorher war sie 20 Jahre in der Gefängnisseelsorger tätig).

Wenn sie die Hostie in den Krankenzimmern austeilt, spricht sie mit den Patienten: „Es ist wichtig herzlich auf sie zuzugehen, sie anzulächeln und ihnen gut zuzuhören.“ Sie komme nicht, um zu missionieren, spüre aber, wer sich über einen weiteren Besuch freuen würde. Und zu denen geht sie dann noch einmal, da wird im Wochenplan der Ehrenamtler dann halt getauscht. Natürlich ist die Nachfrage nach Kirche und ihren Sakramenten in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen: „Da ist das Krankenhaus ein Spiegelbild der Gesellschaft“, sagt Pfarrer Wolfgang Vossen, seit 2014 der katholische Seelsorger am Marienhospital. „Aber immer wieder erlebe ich, dass bei alten Menschen eine frühere kirchliche Bindung in der Klinik wieder an die Oberfläche kommt“, sagt Anne-Marie Klopp.

Ein paar Mal im Monat geht sie auch auf die Palliativstation, wo viele todkranke Menschen liegen. Auch hier schaut die ausgebildete Kriminologin genau hin, wem ein weiterer Besuch, ein ausführlicheres Gespräch guttun würde. „Wenn wir einen Kontaktwunsch bemerken, dann erfüllen wir ihn. Auf die lange Bank schieben kann man das nicht.“