Junge Jecken bereiten Ärzten und OSD die größten Sorgen

Viel Betrieb in der Notaufnahme des Marien-Hospitals. Das Glasverbot hat sich bewährt.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Bereits zwei Stunden nach dem Rathaussturm werden in der Notfall-Ambulanz des Marien-Hospitals die ersten Infusionen gelegt. „Die Kochsalzlösung dient dazu, den Alkoholgehalt im Blut zu verdünnen“, erklärt Dr. Georg Welty trocken. Der Leiter der Interdisziplinären Notaufnahme behandelt in der Hochzeit des Straßenkarnevals pro Tag 30 bis 40 Patienten mit akuten Alkoholvergiftungen.

Foto: Judith Michaelis

„Eine Flasche Wodka am Morgen, das kann nicht gutgehen“, sagt er lakonisch. Da niemand wissen kann, zu welchem Zeitpunkt wie viele Patienten eingeliefert werden, sind Welty und sein Team, das an Altweiber aus drei Assistenzärzten und sechs Ehrenamtlichen des Deutschen Roten Kreuzes besteht, auf Stoßzeiten mit mehr als zehn Fällen gleichzeitig vorbereitet.

Je früher der Tag, desto jünger die Patienten — so lautet die Faustregel. Dem weiblichen Geschlecht wird das größte von drei mit Feldbetten ausgestatteten Zimmern zugewiesen, da die Frauen den größten Anteil ausmachen. Ein Mädchen macht Donnerstag den Anfang. Sie ist ein leichter Fall, denn nach einer guten Stunde darf sie auf wackeligen Beinen und in Begleitung ihrer Mutter das Krankenhaus verlassen. Ein Zimmer weiter hat es einen jungen Mann schlimmer erwischt.

Erst blickt er sich noch kurz verwirrt um, dann ist er gar nicht mehr ansprechbar. Er wird ins dritte Zimmer verlegt, wo die Patienten über mehrere Stunden intensiv beobachtet und versorgt werden. Diese Aufgabe übernehmen die Ehrenamtler vom DRK. „Das ist für uns auch eine wichtige praktische Übung“, erklärt Einsatzleiter Massimo Simon.

„Eine Alkoholvergiftung mit starken Bewusstseinsstörungen ist nicht damit vergleichbar, wenn sich jemand heftig erbricht“, erklärt Georg Welty, der von Patienten mit bis zu drei Promille Alkohol im Blut berichtet, die als Intensivpatienten zu sehen sind. Für alle Helfer gelte trotzdem die Regel: Man darf nichts gegen den Willen des Patienten machen, wenn der sich nicht behandeln lassen will. Im Glasverbot sieht der Arzt einen großen Fortschritt: „Es hat zu einem deutlichen Rückgang an Schnittverletzungen geführt.“

Damit es dabei bleibt, nimmt die Stadt Kontrollen vor. Jaqueline ist am Rande eines Nervenzusammenbruchs: „Ich gehe auch auf die Knie, wenn Sie das möchten. Meine Mutter macht doch einen Riesenärger.“ Doch Mohamed Mchiouer, Mitarbeiter des Ordnungsamtes, bleibt hart: „Tut mir leid, der Schnaps kommt weg und Deinen Eltern schreiben wir einen Brief.“

Altweiber, Sonntag und Rosenmontag stehen etwa 220 Mitarbeiter des Ordnungsamtes an den 16 Zugängen zur Altstadt, um das Glasflaschenverbot und den Jugendschutz zu überwachen. Doch schon um 11.30 Uhr wird der erste 15-Jährige volltrunken aufgegriffen. Ein kleines Vermögen liegt in den Mülltonnen und überall laufen Flaschensammler herum.

„Das ist fast ein Urlaub, den man ersammeln kann“, sagt OSD-Abschnittsleiter Wolfgang Lukoschat. „Im ersten Jahr wurden wir noch zur Seite gedrängt, wenn wir kontrolliert haben“, erinnert sich sein Kollege Harald Blach, „und am Bolker Stern ist es noch dreimal schlimmer als auf der Ratinger Straße. Hier kippt gegen 16 Uhr die Stimmung, wenn die Leute zu viel getrunken haben. Dort bleibt es meistens ruhig.“

Das Ordnungsamt verteilt große Plastikbecher zum Umfüllen, etwa 20 000 Stück bis Rosenmontag. Magda, Ariane und Michaela aus Solingen sind sich einig: „Das mit den Bechern ist gut. So müssen wir nicht alles runterkippen.“ Die meisten Männer haben Dosenbier gekauft, wie der 24-jährige Julian Jochum: „Das Glasverbot ist auf jeden Fall sinnvoll, schon weil so viele Mädchen in Ballerinas rumlaufen.“