Karneval: Frauen wollen an die Macht

Obwohl Frauen oft ganze Karnevalssitzungen schmeißen, haben sie im Verein nur selten ein Stimmrecht.

Düsseldorf. Im Elferrat und im Vorstand der Karnevalisten spielen die Männer gern die Hauptrolle. Die Frauen bleiben mit Ausnahmen — wie den Damenvereinigungen — oft die Begleitpersonen. Die Spitze des Comitee Düsseldorfer Carneval ist Männersache; nur im erweiterten Vorstand tauchen zwei Frauen auf. Ist die Narretei noch immer Männersache? Dürfen die Närrinnen Brötchen für die Sitzungen schmieren, Büttenreden schmeißen und Kinder für den Tanzauftritt herbeikarren, sonst nichts?

In der Tonnengarde gab es vor einigen Wochen Ärger, als Ex-Venetia und Ex-Tonnenbäuerin Ute Krings um Stimmrecht bat. Sie durfte die Bitte nicht selbst aussprechen, denn im linksrheinischen Winterbrauchtum sind nur Männer Mitglieder. Die Bitte um Gleichberechtigung wurde abgelehnt. Geschäftsführer Dino Conti Mica erklärt: „Bei der Tonnengarde dürfen die Frauen zu den Versammlungen kommen. Sie zahlen keinen Beitrag, und die Kinder haben alles frei. Aber in unserem traditionsreichen Verein haben sie kein Stimmrecht.“

Ute Krings, eine begnadete Büttenrednerin, zog die Konsequenz. Am 22. Januar wird sie mit Angela Erwin, Tochter des verstorbenen Oberbürgermeisters, die Venetiensitzung leiten. Sie sagt: „Conti Mica nimmt das Geld als Ausrede. Die 150 Euro würde ich auch zahlen. Es geht darum, dass wir keine Meinung äußern dürfen, obwohl wir 50 bis 70 Prozent der Arbeit machen.“

Der Allgemeine Verein der Karnevalsfreunde (AVDK) ist eine Männerriege. Präsident Stephan Kleiner verteidigt sich sofort: „Wir sind ein Frackverein, Frack und Schärpe sind nun mal Männerkleidung.“ Da die Karnevalsfreunde ihr Programm einkaufen, seien sie auf Frauen auch nicht so sehr angewiesen.

Die närrische Uniform nehmen auch die Weißfräcke als Argument, die Frauen außen vor zu lassen. Pressesprecher Michael Riemer meint: „Frauen mit weißem Frack gibt es nun mal nicht.“ Sein Trostpflaster: „Die Damen können als Begleitung an den Veranstaltungen teilnehmen, aber ohne Stimmrecht.“ Riemer beschreibt die Prozedur im Rosenmontagszug: „Vor den Weißfräcke-Wagen gehen Damen und Kinder, auf dem Wagen steht der Elferrat der Männer.“ Immerhin: Damen tragen Damenorden.

Stephan Friedel, Präsident der Gerresheimer Bürgerwehr, wundert sich über derlei Vorbehalte: „Die Frauen bringen viel Man-Power ein, dann müssen sie auch die gleichen Rechte haben. Bei uns sitzen Christa Vogelsang und Kerstin Stock im Vorstand. Wir haben 400 Männer und Frauen als Mitglieder. Sie alle zahlen den gleichen Beitrag und geben ihr Stimmrecht ab. Wir haben auch einen Damenelferrat für die Damensitzungen. Wenn es dort keine Präsidentin mehr gibt, so liegt das daran, dass sich keine Frau dafür bereitstellt.“ Der Beitrag ist allerdings bei der Bürgerwehr halb so teuer wie in der Tonnengarde, er kostet nur 75 Euro.

Die Hötter Jonges tragen zwar ihre Männlichkeit im Namen, seit zwei Jahren nehmen sie aber auch „Mädels“ auf. Präsident Wolfgang Pieper erzählt: „Bei uns steht nicht in der Satzung, dass wir nur ,Jonges’ sein müssen. Das ist doch eine Diskriminierung, wenn man keine Frauen aufnimmt.“

Ellen Schlepphorst nahm vor 16 Jahren als erste und immer noch einzige Frau unter lauter Männern ihr Ehrenamt als Vorsitzende der Rather Aape auf. „Das war ein komisches Gefühl. Aber ich habe nie Probleme aufgrund meines Geschlechtes bekommen.“ Bei den Düsseldorfer Originalen, bei der Rheinischen Garde Blau-Weiss, steht die närrische Weiblichkeit mit an erster Stelle. Dennoch meint Angela Erwin vom Venetienclub: „Karneval ist immer noch eine Männerdomäne. Es wäre wünschenswert, wenn mehr Frauen in vorderster Reihe mitmachen könnten.“