Klaviersaiten im Bällebad

Pianist Hauschka und Elektronik-Musiker Stefan Schneider gaben in der Johanneskirche ein Benefizkonzert zugunsten wohnungsloser Frauen.

Foto: Gerald Biebersdorf/Diakonie

Hauschka alias Volker Bertelmann und Stefan Schneider passen zusammen. Beide Musiker, der Pianist und der Elektronik-Tonkünstler, experimentieren leidenschaftlich mit Klängen und gehen ungewohnte, spannungsvolle, mitunter kurios anmutende Wege. Sie treten sonst nicht als Duo auf, aber im Rahmen des Benefizkonzerts in der Johanneskirche zugunsten der Diakonie und ihres Hilfsprojekts für wohnungslose Frauen mit Kindern tun sie es doch. Ihre jeweiligen Hauptprogramme sind aber solistisch.

Nun bietet die Johanneskirche einen akustisch reizvollen Ort: Sie besitzt einen schönen, aber nicht übermäßigen Nachhall. Stefan Schneiders Sounds, denen viele Düsseldorfer zwangsläufig in U-Bahnhöfen mit ihren Klang-Installationen begegnen, entfalten sich im Kirchenschiff prächtig. Am Anfang und am Schluss korrespondieren seine aus Lautsprechern tönende Klangwelten auch mit ein paar Tonfolgen der großen Beckerath-Orgel, eines der besten Instrumente der Stadt.

Schneiders Kompositionen entwickeln sich langsam. Hier ist ein langer Atem nötig — auch für den Zuhörer. Die einzelnen Episoden, die nahtlos ineinander übergehen, besitzen eine gewisse Dauer, obwohl sie selber kaum Abwechslung bieten. Ab und an kommt es zu verblüffenden Geräuschen. Ein mehrfaches Knacken etwa in der Mitte der Komposition besitzt eine uneindeutige Intensität. So erinnert es entweder an hart aufprallende Tropfen oder ein Knistern im Kamin, an Wasser oder Feuer.

Wie Schneiders Kompositionen besitzen auch einige von Hauschkas Klavierstücken die Dauer einer romantischen Symphonie. 50 Minuten veranschlagt Hauschka (in diesem Jahr für die Filmmusik von Lion für den Oscar nominiert) für seine Komposition. Er sitzt, wie fast immer, an einem präparierten Flügel. Hauschkas Stück besitzt viele Facetten. Melodisch und harmonisch gibt es zwar nur wenig Abwechslung, dafür tut sich rhythmisch allerhand.

Das Stück beinhaltet auch eine dramaturgisch-szenische Seite. Das Entfernen der Klebestreifen von den Saiten gehört zur Musik, bringt einen Gestus mit ein und besitzt natürlich auch einen eigenen Sound - Hauschka macht das schon mit einer gewissen Grandezza. Schön, den Flügel auch einmal unpräpariert zu hören. Hier entwickelt der Pianist Episoden, die sich nahe am Jazz bewegen.

Wie sein Kollege Schneider experimentiert auch Hauschka mit Elektronik. Er mischt die Klänge des akustischen Instruments mit synthetischen aus den Boxen. Zuletzt öffnet Hauschka einen großen Sack mit Tischtennisbällen und flutet den Korpus des Flügels, dessen Saiten nun näseln und zischen. Durch bestimmte Bewegungen der Hammerköpfe springen die Bällchen lustig umher. Starker Beifall in der vollen Kirche.