Mein Leben im Lockdown „Meine Arbeiten bilden für mich einen Befreiungsschlag“

Friedrichstadt · Künstlerin Anica Hauswald veränderte in der Pandemie ihren Stil. Ein Protokoll.

Anica Hauswald hat eine Ausstellung realisiert.

Foto: Grzegorz Bieniek

Ich bin Künstlerin und habe an der Kunstakademie studiert. Nun habe ich trotz Corona und Lockdown eine Ausstellung realisiert. Zwar wegen der Bundesnotbremse erstmal nur im digitalen Raum, aber das hält mich nicht auf.

Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Einzelausstellung realisieren konnte. Vorher habe ich den Ausstellungsraum renoviert, Holzverkleidungen gebaut, Wände gestrichen, Boden verlegt und Elektrik erneuern lassen. Der Ausstellungsraum ist nun weitestgehend weiß, so dass nichts ablenkt von meinen Werken. Ich wollte einen würdigen Rahmen schaffen für meine Kunst.

Sie hat sich im Laufe der Pandemie stark verändert. Corona zu einschneidend für mich, um nicht zu reagieren. „Deep Dive into color“ heißt meine Ausstellung mit den neuen Arbeiten. Zuvor waren meine Arbeiten eine Art geknüpfte Malerei, Textilkunst also – wie Malerei, aber halt kombiniert mit handgeknüpften Kunstfell, den ich aufgenäht habe. Diese Textilkunst war abstrakt und minimalistisch, reduziert auf geometrische Formen. Es war immer ein mühsamer und langwieriger Schaffensprozess, der je nach Anzahl der Farbflächen bis zu einem Jahr gedauert hat. Im Laufe der Pandemie wurde mir immer mehr bewusst, dass ich dieses Langsame, dieses Streben nach Perfektion der homogenen Flächen nicht mehr ertrage. Und dann der Frust, wenn Unvorhergesehenes passierte und ich auf einmal um Monate zurückgeworfen war in meiner Arbeit – alles Dinge, die ich nicht mehr wollte. In der Corona-Zeit steckt ohnehin schon so viel Negativität, dass ich es so nicht auch noch im Atelier haben wollte. Ich musste dem etwas entgegen setzen, wollte wieder mehr Lebendigkeit und Spaß erleben.

Und deswegen setze ich mit meinen neuen Werken, meinen vergangenen Werken nun Bewegung, Energie, Leuchtkraft, Freude, Flow, Spaß, Schnelligkeit, Kontrast und Reinheit entgegen. Meine Arbeiten entstehen jetzt schnell, weil sie vorher so langsam entstanden sind. Sie bilden für mich einen Befreiungsschlag und lassen mich wieder Lebendigkeit und Leichtigkeit spüren. Ich arbeite mit ihnen sämtliche Emotionen meines Schaffensprozess ab. Und diese Emotionen möchte ich für den Betrachter sichtbar machen. Die Kraft, die Energie, meine körperliche Auseinandersetzung vor der Leinwand, die Lebendigkeit, die Leichtigkeit und die Freude beim Schaffen – das soll alles spürbar sein. Transportiert von mir zu dem Betrachter über meine Malerei. Lebendigkeit erzeugen – der Pandemie zum Trotz.

Durch finanzielle Förderung durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW ist es mir möglich, die Ausstellung im Showroom des Kunsthaus Popescu an der Adersstraße 45 in Friedrichstadt physisch und gleichzeitig digital zu realisieren. Ich plane für den 16. Mai einen Livestream, dazu einen Katalog zur Ausstellung und einen virtuellen Rundgang. Wenn man nicht öffnen darf, muss man ja einen Plan B haben. Und so bin ich auf beides vorbereitet, auf eien dauerhafte Schließung und schnelle Öffnung der Ausstellung.