Neu in den Programmkinos Wie Udo Lindenberg sein Ding machte
Düsseldorf · Unser Kolumnist Philipp Koep beleuchtet aktuelle Filme in Düsseldorfer Programmkinos – unter anderem geht es um Udo Lindenberg und den Ersten Weltkrieg.
1917
Hundert Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs hat die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts nichts an ihrem cineastischen Reiz verloren. Nun hat sich Sam Mendes zu einem dramaturgisch-logistischen Experiment inspirieren lassen: Sein spektakuläres Kriegsepos erzählt seine Handlung in Echtzeit ohne sichtbare Schnitte. Knapp zwei Stunden verfolgen Kamera und Zuschauer die heikle Mission von zwei jungen Soldaten. Schofield und Blake sollen eine dringende Botschaft durch die feindlichen Linien zu einer anderen britischen Einheit bringen. Rund 1500 Männer stehen vor einem Sturmangriff, der ihren sicheren Tod bedeutet, weil die Deutschen einen Hinterhalt vorbereitet haben. Für Blake ist der Auftrag eine besondere Verpflichtung: Zu den Männern, die er retten soll, gehört auch sein älterer Bruder Leslie.
Atelier, tgl. 16.30 u. (außer Mo.) 19 Uhr, jeweils (außer Mo.) 21.30 Uhr im engl. OmU
Lindenberg! Mach dein Ding!
Nach Freddy Mercury und Elton John – Leinwand auf für: Udo Lindenberg! Nun gut, vielleicht ist das nicht die gleiche Spielklasse, aber für deutsche Verhältnisse ist Udo eben Weltklasse. Immerhin, die Geschichte des Klempnersohns aus Gronau, der keinen Bock hatte auf ein Loserleben in der Provinz, umfasst mit Höhen und Tiefen das pralle Repertoire für eine Rockmusikerbiografie. Als er Anfang der 70er Jahre in Hamburg auf Rockmusik in deutscher Sprache setzte, wurde er verlacht. Spätestens mit „Sonderzug nach Pankow“ hatte „Panik“-Udo der deutschen Frage zum Durchbruch verholfen: Zwei Jahre nach seinem Treffen mit Erich Honecker war die DDR ruiniert.
Das Biopic von Hermine Huntgeburth konzentriert sich auf die frühen Jahre des Stars, als er sich als Jazz-Trommler sogar durch die lybische Wüste schlug bis hin zu seinem Durchbruch mit dem Panik-Orchester.
Cinema, tgl. 21.15 Uhr
Bambi, tgl. 16.15 u. 19 Uhr
Jojo Rabbit
Das skurrile Gegenstück zu „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“. Eine neuseeländisch-belgische Romanautorin und ein neuseeländischer Regisseur haben natürlich eine ganz andere Sicht auf Nazi-Deutschland als eine deutsch-jüdische Autorin wie Judith Kerr und eine deutsche Regisseurin wie Caroline Link. Die Geschichte vom kleinen Hitlerjungen Jojo Betzler, der entdecken muss, dass seine eigenen Eltern ein jüdisches Mädchen auf dem Dachboden verstecken, nimmt zwar ebenso die kindliche Perspektive auf den Rassenwahnsinn ein, verschiebt die naive Perspektive jedoch gleich ins Absurde.
Wien im Weltkrieg, Jojo ist begeisterter Pimpf, doch mit seinem Heldentum und Waffengeschick ist es nicht weit her, nicht einmal sein eingebildeter Freund Hitler – eine schrille Führerphantasie – kann da helfen. Als er auch noch ein „Hasenherz“ beweist und Freundschaft mit dem versteckten Mädchen schließt, ist es Zeit die Freundschaft mit „Hitler“ zu beenden.
Vorpremiere, Mo. um 19 Uhr im Atelier (engl. OmU)
Vom Gießen des Zitronenbaums
Seinen lakonisch-absurden Humor hat der palästinensische Filmemacher Elia Suleiman trotz oder gerade wegen der bisweilen absurden Situation in seiner Heimat nicht verloren. Mit staunender Reglosigkeit verfolgt er das Treiben in der Welt und erinnert mit seinen Szenen sowohl an den stets stummen US-Komiker Buster Keaton und an den ebenso wortkargen Franzosen Jacques Tati. Weil sein Zitronenbaumgarten wieder einmal von den Nachbarn geplündert wurde, beschließt der Künstler Elia, seine Heimatstadt Nazareth zu verlassen und eine bessere Welt zu suchen. Doch auch New York und Paris bieten nur auf den ersten Blick andere Perspektiven, analog zu Palästina wiederholen sich die Szenen: die Welt ist eben nur mit ironischer Distanz zu ertragen.
Ähnlich wie der Schwede Roy Andersson („Eine Taube sitzt auf einem Zweig...“) kompiliert Suleiman tableauhafte Szenen, deren tiefsinnige Bedeutsamkeit manchmal etwas aufdringlich wirkt.
Bambi, tgl. 21.45 h (am Di. im mehrsprachigen OmU)
Crescendo –#makemusicnotwar
Das Projekt ist heikel: Für einen israelisch-palästinensischen Friedensgipfel in Südtirol soll ein jüdisch-arabisches Jugendorchester den versöhnlich-kooperativen Rahmen geben. Während die jungen Musiker über die Kunst schnell zueinander finden, tut sich die Erwachsenenwelt damit schwerer. Darunter ist auch der Dirigent Eduard Sporck (Peter Simonischek), der weltbekannte Musiker ist allerdings biographisch vorbelastet: Seine Eltern waren NS-Ärzte. Mit diesem Ballast reist er nach Tel Aviv, um sein Orchester zusammenzustellen.
Metropol, Sa. - Mi. um 19 Uhr (teilw. OmU)