Kultur Wenn die Sonne den Schatten der Blumen malt
Düsseldorf · Die Galerie Konrad Fischer in Flingern ist geöffnet. Dort zeigt Juergen Staack seine kameralosen Bilder.
Der Düsseldorfer Juergen Staack (42) ist Minimal- und Konzeptkünstler. Seine Zeichnungen, Soundinstallationen, sprechenden Bilder und poetischen Performances demonstrieren die Grenze bildhafter Repräsentation. Ziel ist es, die Fotografie aus ihren engen Grenzen zu befreien. Auf seinen zahlreichen Reisen spürt er die ungewöhnlichsten Phänomene auf. Dazu gehört das sibirische „Eisflüstern“ wie derzeit der Versuch, die „singenden Dünen“ in der Wüste Gobi kennenzulernen. 2017 stieß er dort auf eine begrünte Steppe mit zarten Blumen.
Normalerweise würde ein Tourist beim Anblick seltener Pflanzen in der Wüste nicht lange zögern und so eine Wüstenpflanze herausreißen, um sie mitzunehmen. Nicht so Juergen Staack. Er erinnerte sich an den Besuch an einem Krankenbett, wo er einen bunten Strauß von Sumpfdotterblumen auf die Bettdecke legte und bemerkte, wie der Strauß auf dem Laken einen Schatten warf. Blitzschnell hatte er den Gedanken an Licht und Schatten, Leben und Tod. So fotografierte er auch in der Wüste Gobi nicht die Blumen und riss sie auch nicht aus. Schattenbilder sollten es sein, mehr nicht.
Kunststück: Papier statt Film in der Kassette
Nun nimmt niemand, der durch die Wüste Gobi wandert, viel Gepäck mit. Auch Juergen Staack tat das nicht. Er trug leichtes Transferpapier, sogenannte Cyanotypien mit sich herum. Diese Eisenblaudrucke funktionieren mit UV-Licht bei langen Belichtungszeiten. Das Papier legte er anstelle eines Films in die Kassette und schob sie unter die Pflanze. Bei einem Fotogramm hätte er die Pflanze ausreißen und auflegen müssen. Nun blieb sie intakt.
Bei der starken Sonneneinstrahlung in der Wüste hatte er einen starken Schatten für die Belichtung auf dem Papier. Dabei bildete sich der Farbstoff Berliner Blau. Die unbelichteten Teile sind wasserlöslich. Dafür hatte er eine Flasche Wasser parat, um alles auszuwaschen. Eine sonst übliche Entwicklung des Papiers fand also nicht statt. Diese kameralose Urmethode stammt von Anna Atkins, einer der ersten Fotografinnen der Welt, die Mitte des 19. Jahrhunderts ihre ersten Cyanotypien machte. Erst in der Neuzeit wurden sie als alternative, lichtbildnerische Gestaltungsmethode wiederentdeckt.
In der Galerie Konrad Fischer, die nach telefonischer Anmeldung auch weiterhin ihre Tore öffnet, gibt es von Juergen Staack zugleich aktuelle Inszenierungen.
Hierzu sollte man sich mittags, möglichst um 13.30 Uhr einfinden, denn dann strahlt die Sonne am stärksten in den Ausstellungsraum. Bereit stehen auf weißen Podesten ausgefallene Vasen mit je einer Blume. Davor liegt jeweils ein Heft mit weißem Papier.
Betritt man zum angegebenen Zeitpunkt den Raum, wirft die Sonne genau den gewünschten Schatten der Blume auf das Blatt. Fotos an der Wand belegen das Licht- und Schattenspiel. Staack erklärt seine Idee, die dahinter steht: „Im Grunde geht es um das Gedankenkonstrukt, dass man eine Arbeit hat, die nur bei Licht existiert.“
Wer die Arbeit kauft, bekommt das Konzept als Text mit konkreten Anweisungen mitgeliefert. Staack erklärt: „Bestimme einen Ort für die Arbeit. Schlage das Skizzenheft auf. Richte die Unterkante des Heftes zu einer (natürlichen oder künstlichen) Lichtquelle aus. Fülle die Vase mit Wasser und stelle eine Leucospermum cordifolium (Protea) hinein. (Schneide sie gegebenenfalls auf Länge.) Stelle die Vase vor die Unterkante des offenen Skizzenheftes. Der Schatten der Blume fällt jetzt auf eine der beiden Seiten.“ Alle 24 Stunden erscheint diese „Lichtzeichnung“ oder „Light sketch“, wie er die Serie nennt.
Es geht Staack um die Vergänglichkeit im Bild
Das Vergehen der Bilder hatte er in seinen Anfängen als Student in der Ruff-Klasse reflektiert. Auch der Schatten lässt sich nicht halten. Er vergeht genauso wie die Blume in der Vase. Mit der aktuellen Bilderflut hat diese Arbeit nichts zu tun. Ihm geht es um die Vergänglichkeit im Bild.
Er wird erneut in die Wüste Gobi fahren, denn sein eigentlicher Anlass waren die „singenden Dünen“. Davon gibt es nur drei auf der ganzen Welt. Das Geräusch kommt nicht vom Wind, sondern von den leichten, innen hohlen Sandkörnern. Daraus soll eine Sound-Arbeit entstehen.
Info: Die Konrad-Fischer-Galerie liegt an der Platanenstraße 7. Sie verlängert die Ausstellung bis August.