Kultur Bernd und Hilla Becher-Preis erstmals vergeben

Düsseldorf · Die Fotokünstlerin Evelyn Richter und der Fotokünstler Theo Simpson werden mit dem international ausgerichteten Fotokunstpreis der Stadt Düsseldorf ausgezeichnet.

Die Fotografin Evelyn Richter im Museum der bildenden Künste in Leipzig hinter ihrer Arbeit „Pförtnerin im Rathaus“ von 1975.

Foto: picture-alliance/ dpa/Hendrik Schmidt

Die Fotokünstlerin Evelyn Richter und der Fotokünstler Theo Simpson werden mit dem Bernd und Hilla Becher-Preis der Landeshauptstadt Düsseldorf ausgezeichnet. Der Preis wird in diesem Jahr zum ersten Mal vergeben. Der international ausgerichtete Fotokunstpreis besteht aus einem Haupt- (2020: Evelyn Richter) und einem Förderpreis (2020: Theo Simpson). Der genaue Termin der Verleihung wird noch bekannt gegeben.

Oberbürgermeister Thomas Geisel: „Es ist mir eine große Freude, den ersten Bernd und Hilla Becher-Preis der Landeshauptstadt Düsseldorf zu verleihen. Als Hauptstadt der Fotokunst in Deutschland ist es nur folgerichtig, dass ein Preis zu Ehren dieser beiden Foto-Pioniere nun regelmäßig verliehen wird. Mit der Auszeichnung von Evelyn Richter und ihrer beeindruckenden Arbeiten zu ostdeutschen Arbeits- und Lebenswelten hat die Jury eine äußerst würdige Preisträgerin gefunden. Der Förderpreis für Theo Simpson zeigt, wie wichtig die künstlerische Tradition der Bechers auch heute noch ist und wie neue Generationen an Fotokünstlern sie weiterführen. Beiden Preisträgern gratuliere ich herzlich.“

In Andenken an das international renommierte Düsseldorfer Fotografen-Ehepaar Bernd und Hilla Becher soll Persönlichkeiten, die sich um die Fotografie verdient gemacht haben, ein Fotokunstpreis der Landeshauptstadt Düsseldorf verliehen werden. Bernd und Hilla Becher (geboren 20. August 1931, verstorben 22. Juni 2007/geboren 2. September 1934, verstorben 10. Oktober 2015) haben die bekannte Düsseldorfer Fotoschule gründete und in mehr als 58 Jahren ein einzigartiges künstlerisch-fotografisches Werk entwickelt. Haupt- und Förderpreis werden alle zwei Jahre von der Landeshauptstadt Düsseldorf auf Vorschlag einer unabhängigen international besetzten Fachjury durch den Oberbürgermeister verliehen.

Der Hauptpreis ist mit 15 000 Euro dotiert und richtet sich an Künstlerinnen bzw. Künstler, Theoretikerinnen bzw. Theoretiker, Kuratorinnen bzw. Kuratoren wie an Persönlichkeiten, die sich um die Fotografie sowie angrenzende Bereiche wie Film, Video und andere bildgenerierende Medien im Bereich der Kunst verdient gemacht haben. Der Förderpreis ist dotiert mit 5.000 Euro und richtet sich an Künstlerinnen und Künstler, die sich in ihrem Schaffen schwerpunktmäßig mit Fotografie, Bildmedien und Medienkunst auseinandersetzen.

Evelyn Richter wurde am 31. Januar 1930 in Bautzen geboren. Die Fotokünstlerin steht richtungsweisend für die Entwicklung der Fotografie und wird mit dem Bernd und Hilla Becher-Preis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Richter ist seit über 60 Jahren Teil der Fotokunstszene: Nach einer Ausbildung zur Fotografin in Dresden studiert Richter von 1953 bis 1955 an der Hochschule für Graphik und Buchkunst in Leipzig und ist danach zuerst als freischaffende Fotografin, später auch selbst als Lehrende der Fotografie tätig. Von 1991 bis 2001 hatte sie eine Ehrenprofessur an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig inne. 1990 bis 1991 nahm sie auch einen Lehrauftrag für Fotografie an der Fachhochschule Bielefeld wahr. Evelyn Richter wurde mit dem Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (1992) und dem Kunstpreis der Landeshauptstadt Dresden (2006) ausgezeichnet. Seit 2009 gibt es im Museum der bildenden Künste Leipzig das Evelyn-Richter-Archiv mit dem Hauptwerk der Fotografin.

In der Jurybegründung heißt es unter anderem: (Auszug) „In ihrem Werk lotet sie das Feld des Dokumentarischen neu aus: Inspiriert von der neuen internationalen Sozialfotografie fokussiert Richter den Menschen und seine Lebenswelten so ungeschönt wie empathisch. Als visuelle Chronistin richtet sie den Blick auf ostdeutsche Arbeits- und Alltagswelten, bewegt sich mit ihrer Kamera durch den öffentlichen Raum und trotzt diesem immer wieder bestechend intime Momente ab. Dabei erliegt die Fotografin, die insbesondere nach 1990 auf vielen Reisen stetig ihren fotografischen Radius erweitert, nie der Versuchung, die Welt auf Eindeutigkeiten herunterzubrechen. Vielmehr legt sie Zugänge zu deren Komplexität und ermöglicht es Betrachterinnen und Betrachtern, den Dingen nahe zu kommen. In ihrer Offenheit und Unvereinnahmbarkeit liegt die große Aktualität von Evelyn Richters fotografischer Haltung.“

Theo Simpson wurde 8. Juni 1986 in Doncaster/Großbritannien geboren. Er studierte am Sheffield Institute of Arts. Simpson ist als Lehrbeauftragter an der Sheffield Hallam University tätig. Er ist Autor mehrerer Bücher und konnte seine Fotokunst in verschiedenen Einzel- und Gruppenausstellungen präsentieren. Zudem sind seine Arbeiten auch in verschiedenen internationalen öffentlichen Sammlungen zu finden. Theo Simpson ist Gewinner des „Outset Unseen Exhibition Fund“ (2017) und erhielt den „Photoworks Award“ (2019, Jerwood).

Der Fotokünstler erhält den Becher-Preis im Hinblick auf sein noch junges Werk und die Tradition, die aus dem Werk von Bernd und Hilla Becher wächst. In der Jurybegründung heißt es unter anderem: (Auszug) „Als ein Vertreter der jüngeren Fotografie greift Theo Simpson in die reiche Industriegeschichte Englands, um sein Bildtableau zu entwickeln. Aus den Hinterlassenschaften des mittelenglischen Industriereviers bezieht er Bildmotive seiner meist farbigen Fotografien. Hier berührt sich das Werk des 1986 geborenen Theo Simpson mit dem von Bernd und Hilla Becher.“