Kultur Die himmlischen Farbbilder des Ulrich Erben
Düsseldorf · Der Mann von der Kaistraße, einer der letzten großen Maler von internationalem Rang in Düsseldorf, feiert am Donnerstag seinen 80. Geburtstag. Eine Hommage.
Ulrich Erben liebt den „Reichtum aus Wenigem“, wie er sagt. Nach dem Tod von Gotthard Graubner ist er einer der letzten großen Maler von internationalem Rang in Düsseldorf. Ein Künstler, der Farbe und Licht in seinen Bildern zum Klingen bringt. Sie strahlen bewegte Ruhe in einer sehr differenzierten Transparenz aus. Und sie sind doch zugleich klar kalkuliert, Schicht auf Schicht sich überlagernd. Heute feiert er an der Kaistraße als Nachbar von Günther Uecker seinen 80. Geburtstag.
Am liebsten würde er seinen Festtag in Bagnoregio verbringen, was wegen des Coronavirus nicht möglich ist. Der Ort bei Rom ist der Geburtsort des heiligen San Bonaventura, eines Zeitgenossen des Franz von Assisi. Erben liebt Italien mit seiner uralten Kultur. Zehn Jahre lebte er mit einigen Unterbrechungen in Rom, Venedig und Urbino. Vollgesogen von klassischer Bildung kehrte er ins Rheinland zurück, lebte von 1967 bis 1971 auf dem Thomashof, einem Gehöft mit klassizistischem Gebäude und Parkanlage unweit von Goch, und genießt seitdem in Düsseldorf das urbane Leben.
Hier wird gemalt, aber die spezifische „Italianità“, dieses untrügliche Gespür für bildliche Proportionen, ist geblieben. Erben ist kein Hymniker, kein Romantiker, kein Fantast, sondern ein genauer Beobachter. Die Landschaft und der städtische Umraum sind wichtig, und die Erinnerung an das Gesehene fließt in die Bilder ein.
Seinen Einstand im Rheinland nahm er 1968 nicht etwa mit Demonstrationen und Protestgeschrei. Er wollte nicht die Welt ändern, sondern die Farben in der einen Farbe Weiß aufheben. Da er die Komposition aus Rechtecken und Quadraten nie abklebte, sondern die Farbe vom Rand her ins Innere der Fläche trieb, berührte der Pinsel immer auch den Untergrund, und es bildete sich ein Rand aus Ölspuren und Farbresten. Fast ein Nichts. Die Meditation, das Minimale und zugleich das Sensible in seiner Kunst sind geblieben.
In seinen „weißen Bildern“ geht es ihm nicht ums Ausstreichen wie bei Arnulf Rainer. Vielmehr schichtet er einen weißlich-transparenten Öllack über den nächsten. Die Ränder bleiben ungrundiert, sind naturbelassen bräunlich, später weißlich, mager präpariert. Eine rechteckige Form in Weiß auf dem bloßen, weißen Leinwandgrund.
Für die Großveranstaltung „Szene Rhein Ruhr“ 1972 in der Gruga-Halle in Essen schuf er eine Raumarbeit mit Licht- und Schattenzonen, Materie und Immaterialität. Mittels zweier Halogenstrahler, der eine vor und der andere hinter einer weißen Gaze, bezog er die Projektion und Reflexion, die Filterung und Undurchlässigkeit des Lichts mit ein. Das war neu für Deutschland. Der Galerist Alfred Schmela war entzückt, und Erben war auf dem Kunstmarkt angekommen. 1973 nahm er an Prospect in Düsseldorf und 1977 an der docuemta 6 in Kassel teil.
Er fand zugleich zu sich selbst, denn er blieb nicht beim Weiß. In den 1980er Jahren liebte er die frei gestalteten Farbelemente, die auf der Fläche zu schweben scheinen. 1988 entstanden jene Gemälde, die er als „Farben der Erinnerung“ zusammenfasst.
Sie erinnern an Purpurrot und warmes Rotbraun, an verblassendes Ocker, ermüdetes Grauviolett. Sie sind in so dünnen Schichten aufgetragen, dass Ober- und Untertöne virtuose Klangvarianten bilden.
Von 1980 bis 2005 lehrte er als Professor an der Kunstakademie Münster eine recht freie, auf keinen Stil und kein Material fixierte Klasse, mit Absolventen, die vielfach inzwischen selbst Professoren sind. Zu seinem Abschied von der Hochschule besorgte sich dieser leise, bescheidene Mensch keine eigene Ausstellung, sondern organisierte Klassenausstellungen an Orten wie Duisburg und Krefeld.
2007, nun befreit vom Lehrbetrieb, reiste er erstmals nach Syrien. In der scheinbar eintönigen Wüste fand er das, was er suchte: Das Zusammenspiel von Farben, Licht, Luft und Stille. Am Vorabend des 80. Geburtstags feierte ihn das Josef Albers Museum in Bottrop. Dort bewies er, wie man eine Farbfläche schafft, die ohne Handschrift des Künstlers auskommt, und dennoch vibriert. Himmlische Farbbilder sind es, leicht dahin segelnde Bewegungen.
Zugleich bedient er das Handy und fotografiert Himmel und Landschaft. Das Kunstmuseum Bochum zeigte diese „Lichtbilder“. Fotografie, mit dem Blick eines Malers, der Farbe und Licht in seinen Bildern zum Raum werden lässt. Intim und sinnlich. Unspektakulär und still. Typische Werke von Ulrich Erben, der eines nie war: ein Selbstdarsteller.