Frank Lorentz: „Auf der Kö fehlt nichts — sie hat von allem mehr als genug“
Die Kö-Kolumne der WZ gibt es jetzt auch als Buch. Ihr Autor Frank Lorentz verrät, was ihn am meisten an der Königsallee fasziniert.
Düsseldorf. Bars, Baustellen, Büros, Geschäfte, geheime Treppenhäuser: Frank Lorentz kennt sie (fast) alle. Der WZ-Autor, „nebenbei“ Chef des Kölner V8-Verlages, ist seit sechs Jahren auf der Königsallee unterwegs. Zu Fuß, mit dem Rad, einmal auch im Rolls Royce. Seine unterhaltsamen Kö-Kolumnen werden an jedem zweiten Samstag auf dieser Seite veröffentlicht — und haben mittlerweile eine große Fangemeinde. Jetzt gibt es die Kolumnen auch als Buch. Am Donnerstag wird es im WZ-Center vorgestellt.
Herr Lorentz, was ist die Kö für Sie?
Frank Lorentz: Ein Mikrokosmos, über den sich alle möglichen Geschichten schreiben lassen. Es gibt, glaube ich, kein Thema, das sich nicht irgendwie auf die Kö beziehen ließe. Die Kö ist ein Spielplatz, ein Eventraum, eine fantastische Projektionsfläche, extrem inspirierend. Und deshalb ein perfekter Ort, um abzuschalten. Für die Kolumnen verwickele ich ja andauernd wildfremde Menschen in Gespräche, mache immer wieder Entdeckungen und werde überrascht — letztlich ist das ungefähr das, was man in Ferien so macht. Insofern sind die Kolumnen die reinsten Entspannungsübungen.
Sie lieben es, gegen unausgesprochene Regeln zu verstoßen, wie man sich auf der noblen Kö zu verhalten hat. So fragen Sie die Menschen oft die abwegigsten Dinge. Mal bitten Sie in den Läden, selbst den teuersten, um Werbegeschenke. Mal fragen Sie, ob Sie den stillen Ort nutzen dürfen. Wie gehen die Menschen damit um?
Lorentz: Sehr locker. Die Kö ist ein unglaublich elastisches Phänomen — sie macht jede Bewegung mit. Das macht sie in meinen Augen so richtig groß. In Köln, glaube ich, wären solche Geschichten nicht möglich. Als Kölner darf ich das sagen.
Haben Sie so etwas wie eine Lieblingsfrage?
Lorentz: Nein, aber je unerwarteter, desto besser. Und meistens sind die Antworten ja noch viel besser als meine Fragen. Als ich bei der Privatbank HSBC fragte, ob ich dort mal auf die Toilette dürfe, bekam ich als Antwort: „Haben Sie ein Konto hier?“ So beginnen Dialoge, die man sich einrahmen kann, finde ich.
Sie spazieren nun seit fünf Jahren alle zwei Wochen über die Kö und haben inzwischen fast 150 Kö-Kolumnen für die WZ geschrieben. Würden Sie sagen, dass Sie die Kö besonders gut kennen?
Lorentz: Eher nicht. Der Witz an der Kö ist ja, dass ein paar Geschäfte, vielleicht fünf Prozent der vermieteten Flächen, den Ruf der Kö in der breiten Öffentlichkeit begründen. An den restlichen 95 Prozent arbeite ich mich ab. Es ist unglaublich, wie groß die Kö wird, wenn man anfängt, sich für die Büros und Wohnungen ab der ersten Etage zu interessieren. Auch architektonisch gesehen — das sind kolossal weitläufige Bauten, die manchmal geradezu labyrinthisch miteinander verbunden sind. Wer da alles arbeitet. Und woran! Wie viele Menschen da täglich einen Haufen Energie in Sachen stecken, von denen praktisch niemals jemand erfährt. Je mehr man in diese verborgene Kö-Sphäre eintaucht, desto tiefer will man tauchen. Und desto unbekannter, unergründlicher kommt die Kö einem vor.
Gibt es etwas, das Ihnen auf der Kö fehlt?
Lorentz: Nein. Die Kö hat von allem mehr als genug. Die Kö ist ein perfekter Beweis für meine Privatthese, dass man keinem Ding auf den Grund gehen kann. Dass sich irgendwo immer eine Geschichte findet, die noch nicht erzählt ist und die einen frischen Blick liefert auf etwas, das man eigentlich gut zu kennen meint.
Fazit: Entspricht die Kö dem Klischee, dass sie etwas für die oberen Zehntausend ist, die die Nase gerne auf der Stirn tragen?
Lorentz: Kann ich nicht bestätigen. Ich habe in den Läden der Kö unheimlich viele freundliche, aufmerksame Mitarbeiter gesprochen. Übrigens arbeiten auf der Kö auffällig viele Kölner. Was das zu bedeuten hat, weiß ich allerdings nicht.