Großes Haus: Traurig und exzessiv — das Leben der Piaf
Susanne Tremper beschert dem Publikum im Großen Haus als Edith Piaf einen gelungenen Abend mit rührenden Chansons.
Düsseldorf. Selten wurde einem Publikum so deutlich vor Augen geführt, wie viel Kraft es kostet, eine große Bühne auszuhalten. Susanne Tremper jedoch vermochte bei der Premiere von „Piaf: Das Konzert“ am Mittwochabend das riesige schwarze Loch im Großen Haus mit so viel Präsenz auszufüllen, das sie für zwei reichte — für sie selbst und für ihre Rolle als Edith Piaf.
Sie steht dort in einem schlichten schwarzen Kleid und singt die Chansons der Französin mit eben so viel Herzblut, wie nötig ist, um den Zuschauer auf den exzessiven wie traurigen Lebensweg der Piaf zu schicken.
Und natürlich präsentiert Tremper die Hits, weil es immer sie sind, welche die Menschen hören wollen. Im Fall der Piaf aber hat die Dramaturgie ohnehin keine Wahl, denn das Repertoire der Französin besteht fast ausnahmslos aus großen, weltbekannten Nummern.
Milord, L’accordéoniste, L’ hymne à l’amour, La vie en rose — mit jedem neuen Chanson nimmt Susanne Tremper Kurs auf das unruhige Innerste der Piaf, das diese oft genug bei ihren Konzerten nicht verbergen konnte und auch nicht verbergen wollte. U
m die Liebe geht es dabei fast immer, und das Gemüt wird einem ganz schwer, wenn Tremper erzählt, wie Edith Piaf, die als Kind von der Mutter verstoßen und vom Vater schon früh zur Arbeit gezwungen wird, ihre ganz große Liebe verliert, den Boxer Marcel Cerdan. Im Oktober 1949 will er Edith in New York besuchen und kündigt ihr seine Reise mit dem Schiff an. Sie sagt: „Komm’ rascher, nimm das Flugzeug.“ Er bucht einen Flug, doch die Maschine stürzt ab. Alle Passagiere kommen ums Leben. Für Edith Piaf bricht eine Welt zusammen.
Susanne Tremper schickt jedem Chanson eine kleine Geschichte voraus und zeichnet eindringlich die Lebens- und Leidensabschnitte der Piaf nach. Selbst Kenner erfahren auf diese Weise noch Neues über die Französin, etwa, worüber sie mit ihrer Freundin und Trauzeugin Marlene Dietrich plauschte und welche Verbindung zu Herman van Veen bestand.
Susanne Tremper rückt im Verlauf des Abends immer näher an Edith Piaf heran, sie weitet ihre Rolle aus und nimmt beeindruckend deutlich die Gestalt der Sängerin an, trägt deren markante Gesichtszüge. Auch stimmlich steigert sich Tremper. Während sie die ersten Chansons mit vereinten Kräften aus sich heraustreibt, modelliert sie bald die Töne nuancierter und feiner.
Keine „Tremper-sings-Piaf“-Sache sollte es werden, das hatte sich Susanne Tremper für ihr neues Stück ganz fest vorgenommen. Sie wollte ihr Bestes geben, um die Piaf darzustellen, und das ist ihr in eindrucksvoller Weise gelungen. Das Publikum feierte diesen wunderbar schnörkellosen Abend mit begeistertem Applaus.