Düsseldorf Im Sommer tourt Mussad mit Barenboim
Der erste Trompeter Bassam Mussad glänzt unter den Symphonikern. Jetzt packt er die Koffer für Salzburg und Buenos Aires.
Düsseldorf. Der Jubel in der Tonhalle war groß. Nicht nur für Orchester und Stardirigent Eliahu Inbal, sondern auch für die Blechbläser. Den Löwenanteil und größten persönlichen Applaus nach Mahlers Fünfter Symphonie galt einem neuen, jungen Gesicht — dem ersten Trompeter Bassam Mussad, der vor kurzem erst seine Probezeit bestanden hatte und nun zu den Symphonikern gehört. So sauber, sicher, intensiv und klangschön hört man es nur selten, Mahlers Trompeten-Solo. „Das Schönste und Schwierigste, was je für symphonische Musik komponiert wurde“, sagt Bassam. Eine Bereicherung für die Symphoniker, darüber waren sich die Kritiker und Publikum einig.
30 Jahre jung ist Bassam Mussad - der Sohn ägyptischer Eltern, im Sudan geboren und in den USA aufgewachsen, der im WZ-Gespräch offen und gelassen wirkt. In New York studierte er und gehört seit zehn Jahren zum West-Östlichen Divan-Orchester. 1999 gründete Daniel Barenboim den Klangkörper, in dem Musiker aus Israel und arabischen Staaten musizieren. In den nächsten Wochen heißt es auch für Bassam wieder: Koffer packen. Denn im Sommer tourt Stardirigent Barenboim mit seinen handverlesenen Instrumentalisten vier Wochen — zunächst in Buenos Aires, später im Sommer, wie üblich, auch bei den Salzburger Festspielen.
Er freut sich auf die intensiven Probenphasen mit dem Meister. Ein großes Erlebnis sei das für alle, aber auch ein enormer Leistungsdruck, so Bassam. „Wir müssen extrem sauber und sicher spielen, denn vor und nach uns treten in Salzburg Toporchester wie die Wiener Philharmoniker auf.“ Und in deren Schatten will der „West-Östliche Divan“ auf keinen Fall stehen.
Seit 2005 ist Bassam dabei. Damals, durch den Hinweis einer New Yorker Freundin, war er nach Sevilla geflogen, um Barenboim kennenzulernen und vorzuspielen. Einzigartig seien die spontanen Begegnungen und Diskussionen mit Kollegen aus Syrien, Jordanien, Palästina und Israel, die Gespräche auf Reisen, am Kofferband, beim Frühstück oder Abendessen im Hotel. Manchmal sehen die Musiker gemeinsam Filme, wie über den Krieg im Gaza-Streifen, lesen Bücher und debattieren. Nicht selten fliegen dabei auch die Fetzen, erzählt Bassam.
Zufällig ist er als Junge von neun Jahren zur Trompete gekommen. „Als Junge wollte ich Saxofon spielen. Das war cool.“ Aber er hat das Wort „trumpet“ (Trompete) einfach falsch übersetzt. „Ich klappte den Koffer auf. Und war überrascht, als ich das ganz andere Blasinstrument in den Händen hielt.“ Dann ging es über die Manhattan Music School nach Hamburg in die Klasse von Matthias Höfs. Nirgendwo sonst gäbe es so ein Reichtum an Orchestern wie in Deutschland, begeistert er sich. Er arbeitete als Aushilfe für die Berliner Staatskappelle und ging ab 2009 für fünf Jahre in sein erstes Engagement nach Schwerin. Neugierig auf andere Länder nahm er ein Jahr Urlaub, um im Mailänder Orchester zu arbeiten. Dort wuchs seine Begeisterung für Opern.
„Auch deshalb bin ich glücklich, in Düsseldorf gelandet zu sein.“ Denn im Orchestergraben Wagner und Verdi spielen zu müssen, mache ihm genauso viel Spaß wie Brahms und Bruckner in der Tonhalle. Zumal er hier mit hervorragenden Dirigenten arbeiten darf, gerade mit Inbal, demnächst mit Adam Fischer. Außerdem lobt er seine Kollegen. Besonders den langjährigen Solo-Trompeter Allan Lee Kirkendall, der ebenfalls aus den USA kommt. „Wenn ich mit 60 noch so frisch und inspiriert spielen kann wie er jetzt, kann ich von Glück sprechen.“ Und: „Dass Kirkendall bei Mahlers Fünfter mir den Vortritt gelassen hat, war eine noble Geste. Denn wenn dieses Werk aufgeführt wird, reißt sich jeder Trompeter darum.“ Aber auch bei den anderen Symphoniker fühle er eine große Resonanz.
Eine Solokarriere? Daran hat Bassam nie gedacht. „Ich bin Orchestermusiker.“ Er fühlt sich am Rhein pudelwohl, der fünfsprachige Herr Mussad, der fließend Arabisch, Englisch, Deutsch, Italienisch und Spanisch spricht. Lampenfieber? Klar, kennt er das. Besonders beim Vorspielen, wie die meisten Blechbläser. Betablocker nimmt er aber heute nicht mehr. „Betablocker waren für mich hilfreich beim Probespielen, wo der Druck sehr hoch ist. Zehn Minuten können da entscheidend sein für das ganze Leben. Aber im normalen Dienst brauche ich das nicht, ich spüre die Unterstützung von Kollegen um mich herum. Das macht sehr viel aus.“