Komponist Bernd Alois Zimmermann zum 100.
Düsseldorf · Der Geburtstag des Komponisten wird auch in der Tonhalle gefeiert. Wir sprachen mit seiner Tochter.
Gerne wird alles, was im Zeichen der „Neuen Musik“ entstanden ist, in einen Topf geworfen. Bernd Alois Zimmermann, der im rheinischen Bliesheim 1918 geborene Komponist, war indes einer, dessen Musik, dessen musikalisches Wesen sich in keine Schublade hat pressen lassen. Der sich übrigens selbst als „eine sehr rheinische Mischung aus Mönch und Dionysos“ charakterisierte. Diese Extreme lassen sich in seinem Œuvre auch mal auf diese oder jene Weise wiederfinden.
Zimmermanns Hundertster wird auch in Düsseldorf als Anlass für mehrere Konzerte in der Tonhalle genommen. Im Vorfeld dieser Konzerte sprachen wir mit seiner Tochter Bettina Zimmermann. Sie hat eine von vielen Gesprächen und Dokumenten genährte Sicht auf das bewegte Leben ihres Vaters in ihrem in diesem Jahr bei Wolke erschienenen Buch „con tutta forza“ collageartig zusammengefügt. Eine wahre Fundgrube voller wertvoller Materialien. Auch wenn sie, was ihre eigene Erinnerungen angeht, zu Bedenken gibt: „Ich war erst achtzehn, als mein Vater starb. Die meiste Zeit, in der ich ihn erlebte, war ich Kind.“
Zimmermann stand mit seiner Musik immer zwischen den Stühlen. „Es hat ihn geschmerzt, dass ihm zum Teil Komponisten-Kollegen mit Verachtung begegnet sind“, berichtet seine Tochter. Seine voller Assoziationen, Bezüge, Zitate – oft in Simultaneität – gestrickte Musik, seine Verweigerung jeglichen Dogmas passte nicht zu Vorstellungen vieler seiner Kollegen. Er war allerdings auch Kompositionsprofessor an der Musikhochschule Köln. Wahrhafte Muße zum Komponieren fand er oft in den Ferien oder Gastaufenthalten, wie in der Villa Massimo in Rom.
„Mein Vater hat wirklich „con tutta forza“ gelebt und gearbeitet. Kriegsgeneration, harte Lebensbedingungen. Das Leben hat sich ihm auch „con tutta forza“ zugemutet“, sagt uns die in Köln lebende Tochter zu dem Titel ihres Buches. Das aber als ein treffliches Etikett für Zimmermanns Leben gelten könnte. Wenngleich Zimmermann im späteren Verlauf seinen Lebens mit Krankheit und Depression zu kämpfen hatte, was schließlich 1970 zu einem Suizid führte, war er ein von Energie und Neugierde geleiteter Mensch. Bei Zimmermanns wurde viel gedacht, philosophiert, aber auch gelacht, wie Bettina Zimmermann erzählt. „Ich habe mich sehr für die Musik meines Vaters interessiert. Ich habe seine Gedanken schon sehr früh aufgenommen, ohne sie vielleicht zu verstehen. Das Philosophieren, Literatur und die Künste waren sehr präsent bei uns“, berichtet sie. Und dabei ging es auch um Vorstellungen von Zeit: „Die Zeit war ein zentrales Thema für ihn. Es gibt Schlagwörter, die man mit meinem Vater verbindet: Pluralismus, Kugelgestalt der Zeit, Zeitschichtung und so weiter.“
Diese Einflüsse, diese Vielfalt spiegelt sich auf besonders reizvolle Weise in Zimmermanns schaffen. „Er war ein unglaubliches „Aufnahmegerät“ für ganz vieles“, sagt seine Tochter und antwortet auf die Frage, wie man diese besondere Mischung, die sein Schaffen ausmachte, charakterisieren könne: „Ich habe mal für mich ein Wort für seine Kunst gefunden: „Zirkumspektive“ – Rundumblicken.“ Diese Zirkumspektive, die sich in vielen Werken ausdrückt, prominenter Weise gewiss in seiner Oper „Die Soldaten“, war aber immer getragen von „Notwendigkeit“, wie Bettina Zimmermann betont: „Die Notwendigkeit, der er für ein bestimmtes Werk folgen musste.“ Dabei war ihm nicht die Schule, eine bestimmte Stilrichtung wichtig.
Klangliche Eindrücke davon lassen sich bei insgesamt drei Konzerten in der Tonhalle sammeln. Am Samstag und Mittwoch spielt Udo Falkner Zimmermanns – recht überschaubares und in großen Teilen frühes – Gesamtwerk für Klavier-Solo. Am Freitag den 16. November findet im Mendelssohnsahl der Tonhalle ein Konzert mit dem Notabu Ensemble statt, bei dem unter anderem Zimmermanns grandioses Werk für zwei Klaviere „Monologe“ aufgeführt wird.
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